Etat für Ernährung und Landwirtschaft : Minister Özdemir will das Tierwohl nicht aufschieben
In der Debatte um den Agrar-Haushalt muss der Minister Kritik der Opposition einstecken. Die FDP macht den Partnern ein Angebot beim Stallumbau für mehr Tierwohl.
Von einem "Totalausfall" und einem "Trauerspiel" hat die Opposition bei der Vorlage des Etatentwurfs 2023 durch Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) gesprochen. Der Minister hatte zuvor noch einmal für seine Absicht geworben, einen Haushalt vorzulegen, der den "notwendigen Wandel" zu einer Landwirtschaft berücksichtige, "die resilienter gegenüber Krisen wird, die Klima und Artenvielfalt schützt und die unsere Lebensgrundlagen bewahrt".
Von den insgesamt 7,18 Milliarden Euro sind die größten Einzelposten die Zuschüsse zur Alterssicherung der Landwirte mit 2,48 Milliarden Euro (2022: 2,37 Milliarden Euro) sowie die Zuschüsse zur Krankenversicherung der Landwirte über 1,48 Milliarden Euro (2022: 1,44 Milliarden Euro). "Die agrarsoziale Sicherung ist wieder ein stabiler Posten", sagte Özdemir. Jedoch gelte es trotz der Krisen auch die Ziele nicht aus den Augen zu verlieren.
Özdemir: Ökologischer Landbau wird gestärkt
"Wir stärken den ökologischen Landbau, um neue Impulse für eine nachhaltige Landwirtschaft zu setzen", erklärte er. Mit 150 Millionen Euro solle in diesem Haushalt der Weg in eine zukunftsfeste Tierhaltung starten. Insgesamt solle bis ins Jahr 2026 dafür insgesamt eine Milliarde Euro zur Verfügung stehen. Gerade was die Tierhaltung angehe, sei die Geduld der Landwirtinnen und Landwirte schon seit vielen Jahren strapaziert worden.
Und offenbar nicht nur die. Von Seiten der CDU/CSU-Fraktion kam heftige Kritik. Steffen Bilger (CDU) ist der Ansicht: "Die Zukunft der Landwirtschaft in Deutschland ist bei diesem Minister nicht in guten Händen". Die Politik Özdemirs habe weder in der Koalition noch im Bundestag eine Mehrheit. In der Krise sei dieser Minister "insgesamt leider ein Totalausfall". Unterstützt wurde Bilger von seinem Fraktionskollegen Josef Rief (CDU). Die Ampel agiere immer noch viel zu defensiv.
Der Finanzplan sehe für die nächsten Jahre ein Absenken des Agrarhaushalts vor. Bei der Alterssicherung für die Landwirte habe aufgestockt werden müssen, doch auch weiterhin weigere sich die Regierung, die Mittel für die landwirtschaftliche Unfallversicherung wieder auf den bisherigen Wert von 177 Millionen Euro anzuheben. Das bedeute für die Betriebe eine Beitragserhöhung um 18 Prozent. Das sei alles andere als eine "Wertschätzung für die Bauern".
AfD kritisiert weiter steigende Preise und immer neue Vorschriften
Die AfD-Fraktion schloss sich der harschen Kritik der Union an. Peter Felser nannte die Arbeit des Ministers einen "Schlingerkurs ins Nichts". Dabei wären "Stabilität und Planbarkeit" das richtige Signal für die Landwirte. Weiter steigende Preise und immer neue Vorschriften ließen "mehr und mehr Landwirte aufgeben".
Ina Latendorf (Die Linke) fand ebenfalls heftige Worte für den vorgelegten Einzelplan 10 und für die Arbeit der Bundesregierung. "Dieser Einzelplan ist ein Trauerspiel für alle Menschen, die in der Landwirtschaft arbeiten", sagte sie. Lediglich 0,7 Prozent des Gesamthaushalts machten die Ausgaben - nach Abzug der Sozialleistungen - für die Landwirtschaft aus. "Dabei hat die Ampel die Agrarwende versprochen", sagte Latendorf.
Inmitten der Debatte gab Vize-Bundestagspräsidentin Yvonne Magwas (CDU) den Tod der britischen Königin Elizabeth II. bekannt, die im Alter von 96 Jahren verstorben war. Das Plenum erhob sich zu einer Schweigeminute und setzte die Debatte, wie von Magwas gefordert, "angemessen" fort.
Esther Dilcher (SPD) machte darauf aufmerksam, dass der vorliegende Haushaltsplan Punkte wie die stärkere Unterstützung von Staatswäldern nicht in dem Maße berücksichtige, wie das nötig sei. Der nun zu Ende gehende Sommer habe gezeigt, wie sehr die Wälder unter dem Klimawandel litten. "Unsere Wälder brennen!" Zwar stünden im Transformationsfonds 200 Millionen Euro zur Verfügung, doch der Waldumbau sei "eine zusätzliche Herausforderung,".
Ampel wirft Vorgängerregierung beim Tierhaltungskennzeichen Versagen vor
Anne-Monika Spallek (Grüne) rechnete der Unions-Fraktion vor, was in den vergangenen 16 Jahren in deren Verantwortung für das BMEL nicht erreicht wurde. "Ein verpflichtendes Tierhaltungskennzeichen könnte es längst geben". Seit 2014 hätten zwei Agrarminister der Union dafür gesorgt, dass dieses Thema nicht abschließend geklärt wurde. Die Ampel-Koalition werde nun dafür sorgen, dass diese Kennzeichnung komme und zwar so, wie es im Koalitionsvertrag vorgesehen sei.
Minister Cem Özdemir stellt den Gesetzentwurf für ein staatliches Tierhaltungskennzeichen vor.
Der Agrarausschuss stimmt für die Einführung des verpflichtenden Tierwohllabels, doch die geplante Agrarreform der Bundesregierung steht vor weiteren Änderungen.
Das Landwirtschaftsministerium will die Zahl der Nutztiere reduzieren. Die Unionsfraktionen sieht darin eine Gefahr für die Ernährungssicherheit.
Gero Hocker (FDP) forderte ein Umdenken bei der Behandlung von Landwirten. "Das Landwirte-Bashing muss aufhören", sagte er. Anstatt Absichtserklärungen abzugeben, müssten Taten folgen. Immer mehr Menschen erklärten, sie seien bereit, höhere Lebensmittelpreise zu bezahlen. "Das passiert aber nicht!" Seine Fraktion sei deshalb bereit, die von der Borchert-Kommission geforderte Mehrbelastung von 40 Cent pro Kilogramm Fleisch mitzutragen, damit der Stallumbau für mehr Tierwohl begonnen werden könne. Allerdings solle damit ein Moratorium verbunden sein, dass bis zu 20 Jahre lang keine weiteren Auflagen folgten. "Wir wollen, dass die ländlichen Regionen eine Perspektive haben", sagte er .