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Landwirtschaft : Rundumschlag gegen Agrarpolitik

Die AfD attackiert die Landwirtschaftspolitik der vergangenen Jahre. Die Anträge der Fraktion stoßen aber auf Ablehnung im übrigen Haus.

21.03.2022
True 2024-07-29T15:45:24.7200Z
2 Min

Die Ukraine und Russland gelten als wichtige Produzenten von Getreide und Ölsaaten wie Weizen, Sonnenblumen und Raps. Wegen des russischen Angriffskriegs schießen die Preise für viele Agrarprodukte in die Höhe, in der Ukraine droht die nächste Ernte teilweise auszufallen. Die AfD-Fraktion hatte in der vergangenen Woche drei Anträge zur Versorgung mit Lebensmitteln eingebracht, die der Bundestag erstmalig beriet und in Anschluss zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft überwies.

AfD warnt vor Nahrungsmittelimporten

Stephan Protschka von der AfD-Fraktion startete angesichts der steigenden Preise für Nahrungsmittel einen Rundumschlag gegen die Agrarpolitik der vergangenen Jahre. "Deutschland ist viel zu abhängig von Nahrungsmittelimporten, die Ökologisierung der Landwirtschaft ist ein Fehler und das gleiche gilt für das meiste der Vorhaben in der GAP 2023", kritisierte Protschka. Sollten die Vorhaben wie geplant umgesetzt werden, würden in den nächsten Jahren 100 Millionen Menschen weltweit von Hunger bedroht.


„Sie wollen alles abschaffen, was in Zukunft Lebensmittelsicherheit sichern soll.“
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen)

Heftiger Widerspruch kam von den Regierungsfraktionen. Renate Künast (Bündnis 90 / Die Grünen) kritisierte die drei Anträge inhaltlich. "Sie wollen alles abschaffen, was in Zukunft Lebensmittelsicherheit sichern soll", sagte sie. Es werde keine weltweite Lebensmittelsicherheit geben, wenn nicht auf das veränderte Klima mit seiner Zunahme an Trockenheit reagiert werde. Die Reduzierung der Tierbestände und eine veränderte Nutzung der Böden gelte nicht nur für Europa, sondern müsse ein weltweiter Trend werden, so Künast.

Rita Hagl-Kehl (SPD) wies auf "die vielen Widersprüche" in den AfD-Anträgen hin. Auf der einen Seite kritisiere die AfD die zunehmende Lebensmittelverschwendung, auf der anderen Seite trete sie gegen die Stilllegung von Ackerflächen ein. Die Lebensmittelverschwendung sei auch Ausdruck einer Massenproduktion, und da gelte es umzusteuern.

Union: Stilllegung von Ackerflächen passt "nicht in die Zeit"

Gero Hocker (FDP) ist nicht nur in diesem Punkt anderer Ansicht. "Weltweiter Hunger und immer höhere Lebensmittelpreise lassen sich nur mit einer optimalen Nutzung von Böden und modernen Produktionsweisen gewährleisten", mahnte er. Flächen aus der Produktion zu nehmen oder neue Technologien abzulehnen, seien "Denkverbote, die niemandem helfen".

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Das sah Max Straubinger (CDU/CSU) genauso. "Bereits vor dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine gab es eine Nahrungsmittelkrise, und zwar auch im Osten der Ukraine", führte er weiter aus. Sollte im Zuge der Kampfhandlungen die nächste Ernte komplett oder teilweise ausfallen, wäre das für Staaten in Nordafrika und im Nahen Osten "eine Katastrophe": 50 Prozent des Getreides, das die WHO an bedürftige Länder verteilt, stammten aus Russland und der Ukraine. Straubinger mahnt, dass Deutschland autarker in der Lebensmittelversorgung werden müsse, eine Stilllegung von Ackerflächen passe "nicht in die Zeit".

Linke verweist auf lange Versorgungslisten der "Tafel"

Ina Latendorf (Die Linke) betonte ihrerseits, dass es bereits vor dem Überfall Russlands auf die Ukraine "Hunger in der Welt und auch in unserem Land" gegeben habe. Demnach standen im Januar 2022 rund 1,6 Millionen Menschen in Deutschland auf den Versorgungslisten der Hilfsorganisation "Die Tafel".