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Wasserverbrauch in der Landwirtschaft : Weniger Dünger für sauberes Grundwasser

Seit 1991 gilt die EU-Nitratverordnung, die weniger Dünger vorschreibt. In Deutschland ist es bislang nicht gelungen, sie umzusetzen.

06.08.2024
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4 Min

Trotz einer über 30 Jahre alten EU-Richtlinie und eines mehrfach überarbeiteten nationalen Düngegesetzes sind die Nitratwerte im Grundwasser in Deutschland weiterhin zu hoch. Diese Meldung machte Anfang Juli Schlagzeilen, nachdem die Bundesregierung den Nitratbericht 2024 veröffentlicht hatte. Demnach lag die Konzentration bei gut einem Viertel (25,6 Prozent) der Messstellen in Deutschland über der von der EU vorgegebenen Grenze von 50 Milligramm pro Liter. Als Hauptursache dafür gilt das Düngen. Einen Tag nach Vorstellung des Nitratberichts sollte der Bundesrat grünes Licht für eine erneute Überarbeitung des Düngegesetzes geben, was jedoch - trotz monatelanger Vorbereitung - scheiterte. Diese beiden Begebenheiten machen deutlich, wie kompliziert und zeitaufwändig die Versuche sind, gesetzliche Standards für die Qualitätssicherung von Böden und Wasser festzulegen.

Wegen zu hoher Nitratwerte drohte EU-Kommission Deutschland mit Strafzahlungen

Der Bundestag hatte Anfang Juni Änderungen am Düngegesetz beschlossen. Die Gesetzesänderung soll die Grundlage dafür schaffen, dass die Düngedaten von landwirtschaftlichen Betrieben zu Monitoringzwecken erhoben werden können. Landwirte, die nachweislich keine Gewässer verschmutzen, sollen profitieren, indem sie von bestimmten Auflagen beim Düngen befreit werden.

Hintergrund der Reform sind Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission, die Deutschland wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser mit Strafzahlungen droht. Im Jahr 2013 leitete Brüssel ein Vertragsverletzungsverfahren ein. Der Bundesregierung drohten Strafzahlungen in Höhe von 1,1 Millionen Euro pro Tag. Erst im vergangenen Jahr wurde das Verfahren eingestellt, nachdem die Bundesregierung die Düngeverordnung 2020 verschärft hatte.

Foto: picture alliance / ROBIN UTRECHT

Trotz einer über 30 Jahre alten EU-Richtlinie und mehrfach überarbeiteter nationaler Düngegesetze bleibt das Nitratproblem in Deutschlands Grundwasser ungelöst.

Kritik an Bürokratie für Landwirte und Nutzen für die Umwelt

Kaum war der Gesetzentwurf im Frühjahr 2023 vom Bundeskabinett verabschiedet, meldeten sich die Kritiker zu Wort. So warnte in einer Öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag der Großteil der Experten vor unnötiger Bürokratie für Landwirte und wenig Nutzen für die Umwelt. "Die Stoffstrombilanz ist ein rein nationaler Alleingang, welche die EU-Kommission nicht verlangt", sagte Steffen Pingen, Leiter des Fachbereichs Umwelt und Nachhaltigkeit beim Deutschen Bauernverband.

Mit der Stoffstrombilanz soll die Gegenüberstellung von Zufuhr und Abfuhr von Nährstoffen dokumentiert werden. Die Betriebe sollen demnach Aufzeichnungen darüber führen, wie viele Nährstoffe über Dünge- und Futtermittel in den Betrieb gelangen und über Erzeugnisse wie Getreide, Fleisch oder Milch verlassen. "Die Stoffstrombilanz für sich bringt wenig Einblick, woher ein eventueller betrieblicher Nährstoffüberschuss kommt", betont Robert Knöferl, Experte für Düngung, Nährstoffflüsse und Gewässerschutz bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Dazu seien gezieltere einzelbetriebliche Auswertungen wie Stall- oder Feldbilanzen notwendig. Er spricht sich für die Abschaffung der Stoffstrombilanz im Düngegesetz aus, weil die Bilanz angesichts der neuen Monitoringverordnung, mit der die Wirkung der Düngeregeln überprüft werden soll, für den Grundwasserschutz keinen Zusatznutzen bringe.

Landwirtschaft verbraucht mehr Wasser

Knöferl wünscht sich eine Beruhigung der Debatte. Es brauche Zeit, damit die 2020 begonnenen Änderungen der Düngeverordnung wirken. Die Einschränkungen bei der Herbstdüngung werden seiner Meinung nach "definitiv" zur Verbesserung der Wasserqualität führen. Allerdings werde es dauern, bis es messbare Ergebnisse gebe, weil sich die Änderungen der Grundwasserqualität erst später an den Messtellen nachweisen ließen.


„Die Stoffstrombilanz ist ein rein nationaler Alleingang, welche die EU-Kommission nicht verlangt.“
Steffen Pingen, Deutscher Bauernverband

Neben der Fürsorge für sauberes Wasser sind die Landwirte auch für die Entnahme von Wasser zur Bewässerung der Äcker verantwortlich. Und die Wasserentnahme durch die Landwirtschaft sei gestiegen, schreibt die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Ob konventionell oder ökologisch betrieben: Alle Landwirtschaftsbetriebe sehen sich durch den Klimawandel mit Phänomenen wie Dürre- und Hitzeperioden als auch Dauer- und Starkregen-Phasen konfrontiert. Vor allem die Jahre 2003 und 2006 sowie 2018 und 2019 waren durch langanhaltende Trockenheit und Hitze gekennzeichnet. Laut aktuellen Daten des Statistischen Bundesamts ist zwischen 2012 und 2022 die bewässerte Landwirtschaftsfläche um etwa die Hälfte - von 370.000 auf 554.000 Hektar - gestiegen.

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Trotz der Zunahme sind es bislang nur gut drei Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche Deutschlands, die bewässert werden. Laut BLE beanspruchen die deutschen Landwirtschaftsbetriebe für diese Flächen gerade einmal zwei Prozent des landesweit aus dem natürlichen Wasserkreislauf entnommenen Wassers - also aus Flüssen, Seen oder dem Grundwasser.

Das Wasser entnimmt die Landwirtschaft vor allem aus dem Oberflächen- oder Grundwasser, aus Seen, Flüssen oder Brunnen. Diese Wasserentnahme ist gesetzlich geregelt. Landwirte müssen dies bei der zuständigen Wasserbehörde melden und einen Antrag stellen.

Künftig braucht es Alternativen zum Grundwasser

Auch wenn die Bewässerung in der deutschen Landwirtschaft zurzeit noch eine untergeordnete Rolle spielt, werde der Wasserbedarf im Zuge der klimatischen Veränderungen weiter steigen, heißt es bei der BLE. Das hat wiederum Auswirkungen auf den regionalen Wasserhaushalt. Schon jetzt beobachten die Behörden, dass in sehr trockenen Gebieten bei intensiver Bewässerung der Grundwasserspiegel sinkt. Aus diesem Grund wird laut BLE erwartet, dass die Betriebe ihre Beregnung zukünftig effizienter als bisher gestalten müssten. Außerdem werde es notwendig sein, genauer zu kalkulieren, für welche Kulturen sich eine Bewässerung lohnt. Und Betriebe würden verstärkt auf Alternativen zu Grundwasser zurückgreifen müssen, zum Beispiel auf Prozesswasser aus der Industrie oder auf Klarwasser aus Kläranlagen, schreibt die BLE.