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Etat für Verkehr und Digitales : Die Straße hat noch immer Vorrang vor der Schiene

Die Opposition kritisiert den Verkehrsetat und fordert mehr Mittel für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur auf Straße, Schiene und im Bereich Digitales.

07.06.2022
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3 Min

Mit einem Umfang von 36,1 Milliarden Euro hat der Bundestag den Etat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr gegenüber dem Regierungsentwurf mit nur einem kleinen Zuwachs gebilligt. 111 Millionen Euro packten die Haushälter während der Verhandlungen aber noch einmal drauf. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktion gegen das Votum der Opposition genehmigte das Parlament den Einzelplan 12 in der vom Haushaltsausschuss beschlossenen Fassung.

Neun-Euro-Ticket reicht nicht aus

Das Urteil der Opposition fiel nicht gut aus: Es sei zu wenig Geld für den Ausbau der Verkehrsinfrastruktur eingeplant. Der CSU-Abgeordnete Florian Oßner monierte, die Regierungskoalition verbrenne statt dessen "wertvolle Steuergelder in zweifelhaften Experimenten" wie dem Neun-Euro-Ticket. Von den 2,5 Milliarden Euro für das Neun-Euro-Ticket werde "kein neues Gleis verlegt, kein Stellwerk modernisiert, keine Schleuse repariert, keine Umgehungsstraße gebaut und kein Funkloch geschlossen" und der Öffentliche Personennahverkehr sei anschließend "genauso unattraktiv wie zuvor". Als weiteres Beispiel nannte Oßner die Förderung des Fußverkehrs, für die eine Million Euro bewilligt wird. Hierfür habe der Bund keine Zuständigkeit. Die Vermischung der Zuständigkeiten von Bund, Länder und Kommunen müsse ein Ende haben.


„Das ist die Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger über dieses Erfolgsmodell.“
Verkehrsminister Volker Wissing (FDP)

Auch der AfD-Parlamentarier Marcus Bühl kritisierte das Neun-Euro-Ticket und die begleitende Absenkung des Benzin- und des Dieselpreises um 30 beziehungsweise 14 Cent pro Liter im Rahmen des Entlastungspaketes. Statt dieses "Sommerstrohfeuers" bräuchte es eine dauerhafte Absenkung der Energiesteuern zur Entlastung von Wirtschaft und Bürgern. Bühl sprach sich zudem dezidiert gegen eine Erhöhung der Mittel für den Schienenverkehr zu Lasten des Straßenverkehrs aus. Über die Straßen würden fast 80 Prozent des Verkehrs abgewickelt. Dies müsse sich auch im Haushalt spiegeln, forderte er.

Linke fehlt Fokus auf Schienenausbau

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) wies die Kritik am Neun-Euro-Ticket zurück. Mehr als sieben Millionen Menschen hätten bereits ein Ticket erworben: "Das ist die Abstimmung der Bürgerinnen und Bürger über dieses Erfolgmodell." Zudem würde das Neun-Euro-Ticket nicht aus dem Verkehrsetat finanziert, sondern aus den Regionalisierungsmitteln, die der Bund den Ländern aus dem Einzelplan 60 jährlich zur Finanzierung des ÖPNV zur Verfügung stelle, führte Wissing an. In diesem Jahr beliefen sich die Regionalisierungsmittel wegen des Neun-Euro-Tickets und pandemiebedingter Einnahmeausfälle auf insgesamt 13 Milliarden Euro.

Victor Perli (Linke) warf der Ampelkoalition vor, dass sie ihr Versprechen, den Verkehr von der Straße verstärkt auf die Schiene zu verlagern, nicht einhalte: "Im Vergleich zur großen Koalition ist es sogar so, dass die Ampel die Mittel für die Straße deutlicher erhöht als die Mittel für die Schiene." Zudem seien die Förderprogramme für den Güterverkehr, für Gleisanschlüsse und für den Deutschlandtakt gekürzt worden. "Was SPD, Grüne und FDP hier vorgelegt haben, ist eine einzige Enttäuschung. Es ist zu nichts zu gebrauchen", befand Perli.

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Paula Piochetta (Grüne) räumte denn auch ein, dass man mit dem vorgelegten Haushalt nicht alle Probleme im Verkehrssektor gelöst habe. "Ein halbes Jahr Ampelregierung macht nicht alle Nachlässigkeiten und Fehler der Verkehrspolitik der letzten Jahrzehnte rückgängig." Gleichzeitig betonte Piochetta, dass die Ampel neue Realitäten schaffe. So seien die Mittel für das Attraktivitätsprogramm für Bahnhöfe und für die Digitalisierung des Schienenverkehrs erhöht sowie erstmals Haushaltstitel für Nachtzüge und ein Fahrradparkhausprogramm aufgelegt worden.

In diesem Sinne argumentierte auch der SPD-Abgeordnete Metin Hakverdi. Mit dem Haushalt würden die ersten Veränderungen vorgenommen, um den Wandel im Verkehrssektor zu beschleunigen. Dazu gehörten auch die Zuschüsse für Privatunternehmen, die Güter von der Straße auf die Schiene und aufs Wasser bringen, und die Erhöhung der Mittel für den Unterhalt der Wasserstraßen.