
Sicherheit und Stabilität im Fokus : Das sind die Leitlinien der deutschen Arktispolitik
Statt Klimaschutz stehen aktuell Sicherheit und Stabilität in der deutschen Arktispolitik im Fokus – auch weil Russland in der Region militärisch stark aufrüstet.
Die Bundesregierung hat ihre Arktispolitik im vergangenen Jahr neu aufgestellt. Standen in den ersten beiden Fassungen der "Leitlinien deutscher Arktispolitik" Themen wie Umwelt, Rohstoffe und Nachhaltigkeit im Vordergrund, rücken jetzt Sicherheit und Stabilität immer stärker in den Fokus.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte bei der Verabschiedung der aktualisierten Leitlinien im September 2024 deutlich, dass die Bundesregierung damit auf die gestiegenen sicherheitspolitischen Herausforderungen in der Region reagiert und sie die internationale regelbasierte Ordnung auch in der Arktis verteidigen will. Sie setze dabei “auf enge Zusammenarbeit mit unseren Nato- und Wertepartnern in der Region”, betonte die Grünenpolitikerin.
Baerbock verwies aber auch auf den Klimaschutz. Die Arktis sei der natürliche Gradmesser für das weltweite Klimageschehen. "Wenn in der Arktis das Eis schmilzt, steigt in Eckernförde, St. Peter-Ording oder Warnemünde der Meeresspiegel." Das habe potenziell dramatische Folgen. Womit Baerbock auch einen Bogen zu den erstmals im Jahr 2013 veröffentlichten Leitlinien schlug.
Hoffnung auf arktische Rohstoffe und Energie für Deutschland
Damals hieß das Leitmotiv "Verantwortung übernehmen, Chancen nutzen". Die Bundesregierung wolle die Arktisregion "stärker als bisher zu einem zentralen Gegenstand deutscher Politik machen und dabei die Besonderheiten der Region, wie deren ökologische Sensibilität und die Belange der indigenen Bevölkerung, berücksichtigen", hieß es darin. Gleichzeitig verwies die Regierung darauf, dass die Erschließung arktischer Rohstoffquellen auch in Deutschland und der EU zur Energie- und Rohstoffsicherheit beitragen könne - und sich damit für deutsche Unternehmen neue Möglichkeiten eröffnen könnten.
In der ersten Überarbeitung von 2019 konstatierte die Regierung, dass der arktische Raum ökologisch, wirtschaftlich und geopolitisch zunehmend an Bedeutung gewinne. Allerdings würden die Mechanismen zur Konfliktlösung immer öfter in Frage gestellt. "Priorität im Handeln der Bundesregierung haben frühzeitiges Erkennen, Vorbeugen und Eindämmen von Krisenpotenzialen und Konflikten in der Arktisregion", betonte sie daher.
Sicherheitspolitische Aspekte rückten also schon damals in den Vordergrund. Deutschland, heißt es in den Leitlinien von 2019 weiter, bekenne sich zu seiner Bündnisverpflichtung und unterstütze "den gegenseitigen Erfahrungsaustausch und gemeinsame Übungen der Bundeswehr mit Partnern und Verbündeten".
Regierung pocht bei Aktivitäten in der Arktis auf Einhaltung des Völkerrechts
Die nun erfolgte Aktualisierung steht unter dem Eindruck des russischen Expansionismus. Nach Auffassung der Bundesregierung hat der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine das sicherheitspolitische Umfeld für das deutsche Engagement in der Arktis nachhaltig verändert. "Die Arktis kann geopolitisch nicht mehr als geschlossene Region betrachtet werden", lautet ihr Befund. Als weiterer Beleg wird angeführt, dass China seine strategische Präsenz in der Arktis verstärkt und dort wirtschaftliche und wissenschaftliche Ressourcen sowie militärische Fähigkeiten entwickelt.
Deutschland wolle Sicherheit und Stabilität in der Region wahren, macht die Bundesregierung deutlich. Jegliche Aktivität in der Arktis muss aus ihrer Sicht auf Grundlage des Völkerrechts erfolgen. Als "Ziel deutscher Arktispolitik" definiert sie, "die Region möglichst konfliktarm zu gestalten".
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