Proteste im Iran : "Deutschland kann mehr tun"
Die Union fordert mehr Unterstützung für die Protestbewegung. Die Lage im Iran sei ein Testfall für die feministische Außenpolitik der Ampel.
Seit dem Tod der 22-jährigen Jina Mahsa Amini am 16. September in Polizeigewahrsam kommt es im Iran immer wieder zu Protesten, wie hier in Teheran.
Schläge, Schüsse, immer mehr Festnahmen und Tote: Angesichts der andauernden Proteste im Iran, die sich in der vergangenen Woche fast auf das ganze Land ausgeweitet haben, erhöht die Opposition in der Iranpolitik den Druck auf die Bundesregierung: Mit einem Antrag, den der Bundestag am vergangenen Mittwoch erstmalig beriet und in die Ausschüsse überwies, fordert die Union, die Protestbewegung entschlossen zu unterstützen.
Zwar habe Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) weitere EU-Sanktionen in Aussicht gestellt, doch eigentümlich spät und zaghaft, so die Kritik, der sich auch die Linksfraktion in der Debatte anschloss.
EU verhängt Sanktionen
Tatsächlich hat sich die Europäische Union inzwischen auf Sanktionen gegen mindestens 15 Einzelpersonen und Organisationen verständigt, die die Außenministerinnen und Außenminister der 27 EU-Mitgliedsstaaten am Montag in Luxemburg offiziell beschließen wollen.
Doch die CDU/CSU fordert mehr: einen EU-Sonderrat zur Lage im Iran, Zugang für die Prostierenden zu verschlüsselter Telefonie, Internet und Satellitenkommunikation, Unterstützung für Exil-Iraner. Die komplette deutsche und europäische Iranpolitik inklusive der Verhandlungen über das Atomabkommen mit dem Iran gehöre zudem auf den Prüfstand. "Deutschland kann mehr tun", drängte Katja Leikert (CDU).
Union: Regierung meidet Konfrontation
Bislang hätten Kanzler und Außenministerin den Eindruck erweckt, eine "zu starke Konfrontation" mit dem Mullah-Regime vermeiden zu wollen, um das Abkommen nicht zu gefährden. Die aktuelle Lage sei aber ein "Testfall": Die Ampel solle zeigen, wo ihre "feministische Außenpolitik" einen Unterschied mache.
Auch Gökay Akbulut (Linke) mahnte, die Bundesregierung müsse ihrem Anspruch gerecht werden und endlich handeln: Es brauche eine UN-Untersuchungskommission und Sanktionen in "nicht nur in symbolischer Größenordnung".
Der Scheinheiligkeit bezichtigte Stefan Keuter (AfD) die Ampel: Gegen den Iran, der in der Krise Öl liefern könnte, dränge sie auf weitere Sanktionen, aber Saudi-Arabien, einem Scharia-Staat, verkaufe sie Waffen. "Realpolitik triumphiert über angebliche Wertepolitik", so Keuters Fazit.
Stopp von Abschiebungen in den Iran
Rednerinnen und Redner der Koalitionsfraktionen verteidigten die Regierungspolitik: Sie sei froh, dass Außenministerin Baerbock auf EU-Ebene an einem Sanktionspaket mit Einreiseverboten und dem Einfrieren von Konten und Finanzströmen arbeite, sagte Lamya Kaddor (Grüne).
Die Ampel setze sich zudem für einen "umgehenden Stopp" von Abschiebungen in den Iran ein. Dass sich die Union in den von ihr geführten Landesregierungen dagegen stemme, fand sie "weder menschlich noch politisch" nachvollziehbar. Auch Gabriela Heinrich (SPD) betonte die Notwendigkeit eines Abschiebestopps: Es sei gut, dass Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die Länder aufgefordert habe, darüber zu entscheiden.
Rainer Semet (FDP) schließlich äußerte Bedauern darüber, dass die Union den Antrag zur eigenen Profilierung nutze: Eine fraktionsübergreifende Initiative "als Zeichen der Geschlossenheit" habe das Thema verdient.