Nationale Sicherheitsstrategie : Kritik an "Ressort-Egoismus"
Die Union drängt die Ampel zur Vorlage der Nationalen Sicherheitsstrategie. Diese hatten SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag angekündigt.
Dass die Opposition die Regierung drängt, den Koalitionsvertrag umzusetzen, ist nicht alltäglich. Mit ihrem Antrag für eine Nationale Sicherheitsstrategie, den der Bundestag vergangene Woche erstmals beraten hat, tut die Union genau das: In ihrer Koalitionsvereinbarung habe die Ampel Ende 2021 angekündigt, noch im ersten Regierungsjahr eine "umfassende Nationale Sicherheitsstrategie" vorzulegen, doch das sei nicht erfolgt, so die Kritik.
Das Verfahren zu deren Erarbeitung sei "völlig verkorkst" und von "Ressort-Egoismus" bestimmt, monierte Johann Wadephul (CDU) in der Debatte. Damit spielte er darauf an, dass sich die Koalition nach Differenzen, ob ein neu zu schaffender Nationaler Sicherheitsrat beim Kanzleramt oder beim Auswärtigen Amt angesiedelt werden sollte, gegen ein solches Gremium entschieden hat. Vor dem Hintergrund der aktuellen Lage sei es "sicherheits- und außenpolitisch verheerend für dieses Land", dass es noch immer keine Nationale Sicherheitsstrategie gebe.
Rebecca Schamber (SPD) begründete die Verzögerung damit, dass durch den Überfall Putins auf die Ukraine "in vielen Bereichen neue Realitäten entstanden" seien. Auf diese hätten Regierung und Parlament aber schnell reagiert. Fraktionskollege Nils Schmid betonte, dass sich die Nationale Sicherheitsstrategie in der Ressortabstimmung befinde und "in wenigen Wochen" vorgelegt werde. Dann könne sie umgehend im Bundestag beraten werden. Die Kritik der Union parierte Jürgen Trittin (Grüne) mit Verweis auf die unter unionsgeführten Regierungen gewachsene Abhängigkeit von russischem Gas. "Das war sicherheitspolitisch verheerend, und das ist Ihre Verantwortung." Trittin bekannte sich zu einer Stärkung der Bundeswehr. Deutschland müsse sich zudem "resilient gegen wirtschaftliche Machtprojektionen machen". Auch die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sei eine Frage der Sicherheit.
Strittiger Umgang mit China
Als "Kern des Streits" in der Regierung um die Nationale Sicherheitsstrategie bezeichnete Gregor Gysi (Linke), dass Außenministerin Annalena Baerbock eine scharfe Verurteilung Chinas wolle, Bundeskanzler Olaf Scholz aber eine "nicht ganz so harte".
Nach Ansicht von Joachim Wundrak (AfD) war es ein "großer Fehler", die Federführung zur Erarbeitung der Sicherheitsstrategie ins Auswärtige Amt und nicht ins Kanzleramt zu geben. Wundrak verwies auf mehrfache Anträge seiner Fraktion, einen Nationalen Sicherheitsrat mit einem Nationalen Sicherheitsberater an der Spitze einzurichten. Ohne ein solches Gremium werde die Strategie "lediglich ein weiteres Stück Papier bleiben".
Verzicht auf Sicherheitsrat kontrovers diskutiert
Deutlich unzufrieden mit der Weigerung der Koalitionspartner, einen Nationalen Sicherheitsrat einzurichten, zeigte sich auch Ann-Veruschka Jurisch (FDP): "Eine Nationale Sicherheitsstrategie ohne einen Nationalen Sicherheitsrat wäre eine vertane Chance". Alexander Graf Lambsdorff (FDP) bedauerte zudem, dass der Prozess zur Erarbeitung "etwas zu lange dauert". Das aber, so betonte er, hindere die Regierung nicht, eine "stringente Außenpolitik zu verfolgen".
Das Fehlen eines Nationalen Sicherheitsrats als "das institutionelle Herzstück dieser Strategie", kritisierte auch Andrea Lindholz (CSU) und bemängelte, dass die für die Gefahrenabwehr im Inland zuständigen Länder nicht in die Erarbeitung der Strategie einbezogen würden. Der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU), der als Vertreter des Bundesrates das Wort ergriff, verwies auf eine einstimmig beschlossene Forderung der Innenministerkonferenz, die Länder zu beteiligen.