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Wiederaufbaukonferenz und Friedensgipfel : Eine Woche der Entscheidungen für die Ukraine

Der ukrainische Präsident Selenskyj beschwört im Bundestag die Einheit im Abwehrkampf gegen Russlands Krieg. AfD und BSW bleiben seiner Rede fern und ernten Kritik.

14.06.2024
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4 Min

Eine Wiederaufbaukonferenz in Berlin, das G7-Treffen in Italien und der Friedensgipfel in der Schweiz: Für die Ukraine ist es eine weitere Woche der Entscheidungen. Immer noch wehrt sich das Land gegen den Großangriff, den Russlands Präsident Wladimir Putin am 24. Februar 2022 ins Rollen gebracht hat.

Foto: picture alliance/dts-Agentur

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundestagspräsidentin Bärbel Bas im Bundestag.

Beim Auftakt in Berlin rief der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj die Verbündeten seines Landes dazu auf, den russischen Angriffskrieg gemeinsam erfolgreich zu beenden. Man dürfe Russland nicht einen weiteren Marsch durch Europa erlauben, sagte er am Dienstag während einer Sondersitzung des Bundestages. "Es ist unser gemeinsames Interesse, dass Putin persönlich verliert." Der ukrainische Präsident wurde im Plenum mit langanhaltendem Beifall begrüßt. An der Sondersitzung nahmen auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit seinem Kabinett und Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) teil.

Selenskyj will keine Teilung des Landes als Preis für den Frieden

Selenskyj gab ein Versprechen ab. "Wir werden diesen Krieg nicht vererben." Er müsse aber so beendet werden, dass kein Zweifel bestehe, wer gesiegt habe. Kein Land solle dazu verurteilt werden, durch Stacheldraht geteilt zu sein. Selenskyj formulierte damit die Botschaft, dass die Ukrainerinnen und Ukrainer den Verlust der von Russland besetzten Gebiete und eine Teilung des Landes als Preis für einen Frieden nicht hinnehmen wollen. Er setzte ein weiteres Zeichen, eines der Zuversicht: Der russische Präsident Putin werde nicht ewig bleiben. Auch an die Überwindung der Mauer in Berlin habe kurz vor ihrem Fall niemand geglaubt. "Es gibt keine Mauern, die nicht fallen", sagte Selenskyj.


„Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben.“
Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident

Der ukrainische Präsident bedankte sich bei Deutschland für die Unterstützung seines Landes. Er nannte vor allem die Lieferung von "Patriot"-Flugabwehrsystemen. Diese hätten Tausende Menschenleben gerettet. Er ging auch auf die Ukraine-Friedenskonferenz am Wochenende in der Schweiz ein. "Wir wollen der Diplomatie eine Chance geben", sagte er. Die Ukraine habe niemals nur auf die Stärke der Waffen gesetzt. Russland aber müsse für die Entfesselung des Krieges die volle Verantwortung übernehmen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte zu Beginn der Sondersitzung der Ukraine die Solidarität des deutschen Parlaments versichert "in Kriegszeiten und beim Wiederaufbau", wie sie betonte. "Ich bin sicher, die russischen Kriegsverbrechen werden geahndet", sagt die SPD-Politikerin.

Union kritisiert AfD und BSW als "Kollaborateure"

Selenskyjs Rede fern blieben der größte Teil der AfD-Abgeordneten und alle Vertreter des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Dafür gab es am Folgetag in einer Aktuellen Stunde zu den Ergebnissen der Wiederaufbaukonferenz harsche Kritik. "Sie beschmutzen das Ansehen Deutschlands", sagte Knut Abraham (CDU). Nie sei klarer geworden, wer die "Kollaborateure des Kriegsherrn in Moskau sind". Die AfD-Spitze hatte Selenskyj als "Kriegs- und Bettelpräsident" bezeichnet, das Bündnis Sahra Wagenknecht hatte ihm eine "offene Eskalation des Krieges" vorgeworfen. Abraham ging auch mit der Bundesregierung ins Gericht. Die Wiederaufbaukonferenz sei das richtige Signal. Allerdings hinke das Ansehen Deutschlands in der Ukraine und in Osteuropa dem tatsächlichen deutschen Engagement hinterher und das habe mit der Bundesregierung zu tun: "Es ist immer ein Zögern, ein Wackeln, ein Dann-letztlich-in-die-richtige-Richtung-Kippen, irgendwie kraft- und führungslos."

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Entwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) machte deutlich, dass die Ukraine neben Waffen auch eine starke Gesellschaft und Wirtschaft brauche, "um diesen Krieg zu bestehen und das Land wieder aufzubauen". Schulze hob die Unterstützung kleinerer und mittlerer Unternehmen und Hilfe bei der Fachkräfteausbildung hervor. Man konzentriere sich verstärkt auf die Frauen. "Sie sind im Moment diejenigen, die den Alltag mit ihren Familien, in den Betrieben, in den Krankenhäusern am Laufen halten, weil so viele Männer gezwungen sind, an der Front zu kämpfen."

Deborah Düring (Grüne) ging auf verbreitete Sorge vor einer Eskalation des Krieges und den Wunsch nach Frieden ein. Dennoch sei es richtig, die Ukraine auch militärisch zu unterstützen, "damit sie sich selbst verteidigen kann". Einem Aggressor, der mit massiver Gewalt versuche, Grenzen zu verschieben, könne man leider nur militärisch begegnen. "Der Kriegstreiber ist Putin. Er kann diesen Krieg sofort beenden. Er tut es aber nicht."

AfD fürchtet Beteiligung von Nato-Soldaten am Krieg in der Ukraine

Matthias Moosdorf (AfD) warnte vor einer Beteiligung von Nato-Soldaten in der Ukraine. "Das ist der Weg in den Krieg." Milliarden von Euro, Hundertausende Tote, Leid und Zerstörung hätten nur dazu geführt, dass die Verhandlungsposition der Ukraine heute schlechter sei als jemals zuvor. Hätte man bei den Verhandlungen im Frühjahr 2022 in Istanbul "die Gemeinsamkeit betont und nicht die Unterschiede, bräuchten wir keine Wiederaufbaukonferenz." Dann hätte sich etablieren lassen, was in diesem Konflikt verfehlt worden sei: "Gegenseitige Sicherheitsgarantien und Koexistenz."

Christoph Hoffmann (FDP) lobte unter anderem unbürokratische Hilfen deutscher Kommunen für das überfallene Land und betonte die Bedeutung staatlicher Garantien zur Mobilisierung von privatem Kapital für den Wiederaufbau. "Wir müssen viel, viel schneller werden in allen Entscheidungen, in allen Hilfen", sagte Hoffmann. Dieser Krieg sei zu einem Systemwettbewerb geworden. "Zeigen wir doch Putin, dass der Westen weit mehr erfinden kann, schneller sein kann als ein korrumpiertes, mafiöses System."