Staatstrojaner im Visier : Europäisches Parlament fordert Antworten auf Pegasus-Bericht
Die Berichterstatterin des Pegasus-Untersuchungsausschusses kritisiert das Schweigen von EU-Kommission und Mitgliedsstaaten in dem Überwachungsskandal.
Die einzige Antwort, die das Europäische Parlament von der Kommission und den Mitgliedstaaten auf den Bericht des Pegasus-Untersuchungsausschusses erhält, ist Schweigen. So beschrieb die Berichterstatterin des Ausschusses, die Niederländerin Sophie In 't Veld, am Mittwoch dem Digitalausschuss den Status quo. Knapp vier Monate ist es her, dass das Parlament den Abschlussbericht zum Einsatz von Pegasus und ähnlicher Überwachungs- und Spähsoftware mit seinen Empfehlungen mit breiter Mehrheit angenommen hat.
Die russische Exil-Journalistin Galina Timtschenko ist mit Spähsoftware ausgeforscht worden.
EU-weite Standards gefordert
Es sei "unfassbar", dass seitdem nichts passiere und die Ausspähungen weitergingen, es immer wieder neue Enthüllungen gebe, kritisierte die Berichterstatterin auch mit Blick auf das mit dem Staatstrojaner NSO Pegasus gehackte Smartphone der russischen Exil-Journalistin Galina Timtschenko. Timtschenko sei ausgespäht worden, als sie sich im Februar 2023 für Gespräche in Berlin aufhielt, berichtete In 't Veld. Wer hinter der Manipulation stecke, sei unklar.
Ein Jahr lang hatte der Ausschuss untersucht, wie Regierungen in der Europäischen Union Politiker, Anwälte, Oppositionelle, Journalisten und andere Personen überwachten. Der Abschlussbericht enthalte eine Reihe von Vorschlägen, um Abhilfe zu schaffen, etwa durch faire Untersuchungen mutmaßlicher Missstände, EU-weite Standards für Strafverfolgungsbehörden zum legalen Einsatz solcher Software oder Rechtsbehelf für Opfer von Spähsoftware, berichtete In 't Veld. Auch ein Technologielabor für Forschung und technische Untersuchungen von möglicherweise infizierten Geräten sei Teil der Vorschläge.
In den USA auf der Blacklist
Von den Mitgliedsstaaten habe der Untersuchungsausschuss keine konkreten Antworten über die Nutzung der Spyware erhalten. Dass Regierungen ungestraft Kritiker oder Gegner ausspähen könnten, sei "eine große Bedrohung für die Demokratie", so In 't Veld weiter. Dass EU-Bürger zwar vor Gericht gehen könnten, aber keinerlei Auskünfte erhielten, nannte sie "einen besorgniserregenden Zustand." Sie verwies auch darauf, dass große Anbieter von Spionagesoftware in Staaten wie den USA als "Bedrohung der nationalen Sicherheit" auf der Blacklist stünden. In Europa erwarteten sie hingegen keinerlei Konsequenzen bei Missbrauch.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Johann Saathoff (SPD), betonte auf Fragen der Abgeordneten, dass Deutschland bereits jetzt die rechtlichen Empfehlungen des Untersuchungsausschussberichts erfülle. Auf die Frage einer Abgeordneten dazu, ob und in welcher Form deutsche Behörden solche Produkte einsetzen oder eingesetzt haben, antwortete er, das Ministerium werde prüfen, ob den Abgeordneten Informationen hierzu eingestuft zur Verfügung gestellt werden könnten.