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Bundestagswahl 2021 : Koalition will gut 500.000 Berliner an die Urnen rufen

In Berlin soll nach dem Willen des Bundestages die Abstimmung in 431 Wahllokalen wiederholt werden.

14.11.2022
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3 Min

Mehr als ein Jahr nach der Bundestagswahl vom 26. September 2021 hat das Parlament in der vergangenen Woche eine Wiederholung des Wählervotums in 431 Berliner Wahlbezirken beschlossen. Für eine entsprechende Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses zu 1.713 Wahleinsprüchen votierten in namentlicher Abstimmung 374 Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP. Dagegen votierten 249 Parlamentarier von CDU/CSU und AfD sowie drei fraktionslose Abgeordnete, während Die Linke sich enthielt.

Das letzte Wort über den Umfang der Wahlwiederholung in der Hauptstadt dürfte aber das Bundesverfassungsgericht haben, bei dem gegen die Parlamentsentscheidung Beschwerde eingelegt werden kann und, wie allgemein erwartet, wohl auch wird.

Foto: picture alliance / AA / Abdulhamid Hosbas

Lange Schlangen vor einem Berliner Wahllokal am 26. September 2021: Das Wahlgeschehen in Berlin war von zahlreichen Pannen geprägt.

Das Wahlgeschehen in Berlin, wo vergangenes Jahr neben dem Bundestag zugleich das Landesparlament sowie die Bezirksvertretungen gewählt und zudem über einen Volksentscheid abgestimmt wurde, war von zahlreichen Pannen geprägt. In manchen Wahllokalen fehlten Stimmzettel, in anderen gab es die falschen. Wahllokale wurden zeitweise geschlossen; teils standen Wähler in langen Schlangen an und mussten warten, bis sie ihre Stimme abgeben konnten - mancherorts bis weit nach 18.00 Uhr.

Rekordzahl an Einsprüchen gegen die Bundestagswahl in Berlin

Die Folge waren eine Rekordzahl an Einsprüchen gegen die Bundestagswahl in Berlin; darunter auch von Bundeswahlleiter Georg Thiel, der für eine Wiederholung in jedem zweiten Berliner Wahlkreis plädierte - das wären mithin etwa 1.200 Wahllokale. Dagegen beschloss die Koalitionsmehrheit im Wahlprüfungsausschuss, die Wahl mit Erst- und Zweitstimme in 431 Wahllokalen zu wiederholen, während sich Union und AfD für eine umfangreichere Wahlwiederholung aussprachen.

In der Debatte verteidigte der SPD-Abgeordnete Johannes Fechner den Beschluss ebenso wie Awet Tesfaiesus (Grüne) und Philipp Hartewig (FDP). Die Mängel in der Organisation der Wahl in Berlin schadeten der Demokratie und dürften sich nicht wiederholen, sagte Tesfaiesus. Zur Wahrheit gehöre aber auch, dass mehr als 75 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt hätten, deren Stimmen nicht "leichtfertig annulliert" werden dürften.

Die sogenannte Mandatsrelevanz muss gegeben sein 

Auch sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit wichtig. Notwendig sei ein Beschluss, der den Betroffenen ermögliche, ihre Stimme abzugeben, zugleich aber "den Eingriff auf das Nötigste beschränkt". Bei 327 Wahllokalen sei es zu Fehlern von relevantem Ausmaß gekommen. Mit diesen seien mehr als 100 Wahllokale als Briefwahllokale verknüpft, sodass die Wahl in 431 Wahlbezirken zu wiederholen sei. Damit würden mehr als eine halbe Million Berliner "genau an den Stellen, wo die Fehler passiert sind, zur Wahl aufgerufen".

Hartewig betonte, bei der Entscheidung, ob ein festgestellter Wahlfehler auch zu einer Wahlwiederholung führe, sei "stets zu berücksichtigen, ob dieser Fehler überhaupt einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestages haben konnte". Nur wenn diese sogenannte Mandatsrelevanz gegeben und eine Wahlwiederholung verhältnismäßig ist, dürfe diese stattfinden, da einer einmal gewählten Volksvertretung auch Bestandsschutz zukomme. In den Bestand eines gewählten Bundestages dürfe daher nur soweit eingegriffen werden, wie es nötig und verhältnismäßig ist, um mandatsrelevante Wahlfehler zu heilen.

Union, AfD und Linke kritisieren Entscheidung der Koalitionsfraktionen

Neben dem CDU-Parlamentarier Patrick Schnieder äußerte dagegen auch Thomas Seitz (AfD) deutliche Kritik an der Koalitionsposition. Die festgestellten Wahlfehler seien mandatsrelevant, weshalb eine Wiederholung der Wahl zumindest in sechs Wahlkreisen zwingend sei, sagte Seitz. Da "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" davon auszugehen sei, dass sich die Organisationsmängel auch in den sechs anderen Berliner Wahlkreisen gezeigt hätten, sei es vertretbar, auch dort von relevanten Wahlfehlern auszugehen. Die einzige mit dem Demokratieprinzip vereinbare Rechtsfolge sei eine "Wahlwiederholung für ganz Berlin".

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Auch Alexander Ulrich (Linke) zeigte sich mit der Beschlussempfehlung unzufrieden. Die Linke sei "nicht einverstanden damit, dass man bei der Erststimme viele Wahllokale mit hinzugenommen hat, wo die Ergebnisse nicht mehr veränderbar sind", betonte Ulrich.