Editorial : Spiel um Kontrolle
Die China-Strategie der Bundesregierung ist die Antwort auf Chinas globales Weiqi-Spiel um Einfluss und Kontrolle.
Das Titelbild der ersten deutschen China-Strategie zeigt das chinesische Brettspiel Weiqi. Ähnlich wie Schach wird Weiqi auf einem quadratischen Gitterfeld gespielt, auf das zwei Personen abwechselnd schwarze oder weiße Steine setzen. Am Ende gewinnt, wer den größeren Teil des Spielbretts kontrolliert. Man darf vermuten, dass sich die Bundesregierung bei diesem Titelbild etwas gedacht hat. Die China-Strategie als Antwort auf Chinas globales Weiqi-Spiel um vorteilhafte Positionen und Kontrolle.
Das Problem: Weiqi gilt als eines der komplexesten Strategiespiele und in China spielte man das bereits vor der echten Zeitenwende, also vor Christus Geburt. Vielleicht war es für eine China-Strategie der Bundesregierung also höchste Zeit. In der Strategie wird deutlich beschrieben, wie kompliziert der Umgang mit China geworden ist und die strategische Analyse wird im Bundestag breit geteilt. Streit gibt es darum, welche Konsequenzen zu ziehen sind, um sich gegenüber dem Riesenreich - etwa ein Fünftel der Weltbevölkerung lebt dort - zu behaupten. CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen beklagt im Interview die fehlenden Antworten in der Analyse.
Versuch der Umgestaltung der bestehenden regelbasierten internationalen Ordnung?
China wird absehbar ein unverzichtbarer Partner sein, sowohl für die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands als auch für die Bewältigung globaler Herausforderungen. Die Strategie legt aber auch dar, dass China immer offensiver auftrete und versuche, die bestehende regelbasierte internationale Ordnung umzugestalten. Wirtschaftlich sei die chinesische Politik darauf ausgerichtet, die eigene Abhängigkeit vom Ausland zu verringern und gleichzeitig die Abhängigkeit anderer von China zu verstärken.
Ein Kalkül, das für Peking immer öfter aufgeht, wie Johann Wadephul (CDU) in der Debatte zur China-Strategie im Bundestag am Beispiel einer UN-Resolution zur Misshandlung und Internierung der muslimischen Minderheit der Uiguren in China aufzeigte. Die Resolution sei von keinem afrikanischen Staat unterstützt worden, aus Sorge vor einer Belastung der Beziehungen zum Reich der Mitte. Im Bundestag duckt man sich davor nicht weg, zur Unterstützung der Uiguren hat sich erst kürzlich ein überparteilicher Parlamentskreis neu gegründet. Im Parlamentarischen Profil stellen wir in dieser Ausgabe Derya Türk-Nachbaur (SPD) vor, eine Mitgründerin des Parlamentskreises.