Editorial : Zeit, Geld und Nerven
Kinder sind anstrengend und sie dürfen es sein, es sind Kinder. Sie kosten Zeit, Geld und Nerven, die Eltern ebenso wie die Gesellschaft.
Manchmal lohnt ein Blick zurück, zum Beispiel auf den Anfang dieses Jahrtausends. Es gab keinen Anspruch auf Kinderbetreuung, kein Elterngeld, kein Recht auf Teilzeit, heute sind das alles Selbstverständlichkeiten. Immer weniger junge Menschen gaben bei Bundestagswahlen ihre Stimme ab, der Tiefpunkt war 2009 erreicht, als nicht einmal 60 Prozent wählen gingen. Bei der jüngsten Bundestagswahl waren es über 71 Prozent. Mit der sogenannten "Generation Greta" ist eine Jugend herangewachsen, die nach dem Vorbild der schwedischen Klimaaktivistin Greta Thunberg ihre Interessen selbstbewusst vertritt, manchem Erwachsenen sogar zu vehement.
Obwohl sich für Kinder, Jugendliche und ihre Familien viel in die richtige Richtung bewegt hat, müssen sie ihren Raum immer wieder erkämpfen. Im Großen, wenn der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz schlicht an einem freien Platz scheitert, und im Kleinen, wenn sich Nachbarn beschweren, weil Kinder die Straße mit Kreide bemalen oder die Sandkiste im Innenhof auf Widerstand im Haus trifft. 75 Prozent der Eltern halten Deutschland nicht für kinderfreundlich, so das ernüchternde Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die vor einigen Monaten im Bundestag von der CDU/CSU-Fraktion in Auftrag gegeben wurde.
"Familien ziehen sich zum Teil aus dem öffentlichen Raum zurück, empfinden sich als störend."
Manchmal scheint die Gesellschaft zu vergessen, was kindliches Verhalten ausmacht. Das Lachen einer feucht-fröhlichen Gruppe Erwachsener im Restaurant oder Zug wird toleriert, der Wutanfall des Kindes erzeugt Kopfschütteln, obwohl er doch schlicht altersentsprechend ist. Die Konsequenz: Familien ziehen sich zum Teil aus dem öffentlichen Raum zurück, empfinden sich als störend.
Kinder sind anstrengend und sie dürfen es sein, es sind Kinder. Sie kosten Zeit, Geld und Nerven, die Eltern ebenso wie die Gesellschaft. So schwer es hin und wieder ist: Beide müssen dies akzeptieren. In dieser Themenausgabe zur Ferienzeit will "Das Parlament" die Situation von Kindern und Jugendlichen beleuchten und dies nicht nur in deren Interesse. Arche-Gründer Bernd Siggelkow bringt es in seinem ebenso persönlichen wie eindrücklichen Beitrag so auf den Punkt: In einem Land, das kaum Bodenschätze hat, sind Kinder die wichtigste und größte Ressource.