Piwik Webtracking Image

Editorial : Keine Kleinigkeit

Die Legalisierung von Cannabis ist keine Kleinigkeit. Umso überraschender, dass die Debatte hierzu auf der Tagesordnung nicht sehr prominent platziert wurde.

20.10.2023
True 2024-01-30T13:35:59.3600Z
2 Min

Bei einem flüchtigen Blick auf die Tagesordnung hätte man in dieser Woche übersehen können, dass da ein Vorzeigeprojekt der Koalition auf den parlamentarischen Weg gebracht wurde. Etwas verschämt auf einem der kleinsten Debattenplätze am Mittwochabend untergebracht, stand der Gesetzentwurf zur Cannabis-Legalisierung. Auch der Titel kommt etwas verdruckst daher, von Legalisierung ist dort nichts zu lesen, "kontrollierter Umgang mit Cannabis", darum soll es im Gesetz gehen, das der Bundestag in den kommenden Monaten in den Ausschüssen beraten wird.

Cannabis gilt bald nicht mehr als Betäubungsmittel

Es ist keine Kleinigkeit, die dort debattiert wurde. Der Gesetzentwurf ist viel größer, als seine Ansetzung vermuten ließ. Das merkte man auch der Debatte an, die strittig und hochemotional geführt wurde. Es war angemessen so, denn selbst in Fachkreisen wird über das Für und Wider eines legalen Konsums von Haschisch und Marihuana emotional und kontrovers gestritten. Der Gesetzgeber, das scheint bei aller ausstehenden Beratung sicher, wird mit der Ampelmehrheit diese Kontroverse durch einen Paradigmenwechsel entscheiden. Cannabis gilt bald nicht mehr als Betäubungsmittel und der Konsum wird legal, jedenfalls in den Grenzen des neuen Cannabisgesetzes.

Mehr zum Thema

Mehr zum Thema Gibt es ein Recht auf Rausch?
Legalisierung von Cannabis: Gibt es ein Recht auf Rausch?

Viereinhalb Millionen Menschen konsumieren in Deutschland diese Droge und bekommen damit die Aussicht, in ihrem Cannabisrausch straffrei zu bleiben. Dafür müssen sie allerdings die Vielzahl der im Gesetzentwurf vorgesehenen Schranken für Anbau, Besitz und Konsum einhalten. Der Joint in der Öffentlichkeit erfordert beispielsweise genaueste Ortskenntnisse, um keine Mindestabstände zu Spielplätzen, Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder den neuen Anbauvereinigungen zu unterschreiten. Der Sucht- und Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), hofft daher im Interview, dass der Bundestag einen praktikablen Ansatz findet, wie die Ordnungsbehörden mit diesen Kontrollzonen umgehen können.

Reform mit Baustellen für die Abgeordneten

Der Titel des Gesetzentwurfs ist also treffend, denn längst nicht jeder Joint wird durch diese Novelle legal. Es wird eine Reform, bei der noch einige Baustellen auf die Abgeordneten warten. Eine davon wird auch sein, den Widerspruch aufzulösen, den der Gesetzentwurf in sich trägt: Einerseits vor Cannabis warnen zu wollen und auf der anderen Seite der Legalisierung das Wort zu reden.