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Islamismus-Debatten : Kein Kalifat in Deutschland

CDU/CSU und AfD dringen auf ein Verbot islamistischer Vereine und Organisationen, die in der Bundesrepublik ein islamistisches System errichten möchten.

17.05.2024
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4 Min

Wenn der Bundesvorsitzende der Grünen, Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister und die vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestufte AfD eine gleichlautende Forderung erheben, ist das durchaus bemerkenswert. Omid Nouripour, Herbert Reul und die AfD sprechen sich für ein Verbot des islamistischen Vereins "Muslim interaktiv" aus. Bei Demonstrationen sowie in sozialen Medien fordern die Lifestyle-Islamisten um ihren immer in betont lässiger Sportkleidung auftretenden Prediger Raheem Boateng die Schaffung eines Kalifats auf deutschem Boden.

Foto: picture-alliance/ABB

Bei einer Demonstration der islamistischen Gruppe "Muslim Interaktiv" wurde in Hamburg die Schaffung eines Kalifats in Deutschland gefordert.

Eine Forderung, die von allen Fraktionen des Bundestages ganz klar abgelehnt wird. Damit endet aber auch schon die Übereinstimmung bei dem Thema, wie sich bei zwei Debatten in dieser Woche zeigte. Am Mittwoch wurden erstmals zwei Anträge der AfD zu einem "Verbot des Vereins Muslim Interaktiv"  und zum "Kampf in Deutschland gegen islamistische Organisationen" beraten - am Freitag stand ein Antrag der Union  auf der Tagesordnung.

AfD will auch Verbot der Muslimbruderschaft in Deutschland  

Beide Fraktionen plädieren für ein Verbot islamistischer Vereine und Organisationen, die in Deutschland ein islamistisches System errichten möchten. Die AfD benennt ganz konkret den Verein "Muslim Interaktiv", gegen den wegen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung ein Verbotsverfahren einzuleiten sei. Verboten werden sollen nach den Vorstellungen der AfD aber auch die Muslimbruderschaft in Deutschland und ihre Ableger sowie die "Volksfront für die Befreiung Palästinas". Einig sind sich Union und AfD auch in der Forderung, dass das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) umgehend geschlossen werden müsse.

CDU/CSU für Regelausweisung bei öffentlicher Forderung nach Gottesstaat

Der Antrag der Union geht noch ein Stück weiter. CDU und CSU wollen, dass im Falle der öffentlichen Forderung nach einem islamistischen Gottesstaat eine zwingende Regelausweisung eingeführt wird, die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen ist und Leistungsansprüche im Asylbewerberleistungsgesetz und im Sozialrecht erlöschen. Wer eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, soll in dem Fall die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.

Bei der Debatte zu den Anträgen seiner Fraktion am Mittwoch erinnerte Bernd Baumann (AfD) an die bei einer Islamistendemo in Hamburg zu vernehmende Drohung, ein schlafender Riese werde erwachen. "Meine Damen und Herren, wann wachen Sie hier endlich auf in diesem Haus", sagte er. Mit einer AfD-Regierung, so Baumann, hätte es so etwas nie gegeben. "Weder diesen Aufmarsch noch diesen Verein noch die ganze katastrophale Masseneinwanderung."

Scharfe Kritik der Koalition an AfD-Vorstoß

SPD, Grüne und FDP störten sich vor allem daran, dass ausgerechnet die AfD gegen Feinde der Demokratie vorgehen wolle und Verbote verlange. "Es ist an Scheinheiligkeit eigentlich nicht zu überbieten, wenn ausgerechnet Sie für ein härteres Vorgehen gegen Demokratiefeinde eintreten", sagte Daniel Baldy (SPD).

Die Anträge von Union und AfD

🤝 Beide Fraktionen plädieren für ein Verbot islamistischer Vereine und Organisationen, die in Deutschland ein islamistisches System errichten möchten.

❌ Die AfD verlangt ganz konkret, ein Verbotsverfahren gegen den islamistischen Verein “Muslim interaktiv“ „wegen Verletzung der verfassungsmäßigen Ordnung“ einzuleiten.

👋 Wer öffentlich zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung aufruft, soll laut Union ausgewiesen werden können. 



Ebenso wie die Islamisten rede auch die AfD ständig davon, man dürfe in Deutschland seine Meinung nicht mehr sagen, betonte Ann-Veruschka Jurisch (FDP). "Eigentlich sind Sie von der AfD und die Islamisten von ,Muslim Interaktiv' das perfekte Match", befand sie.

Marcel Emmerich (Grüne) warf der AfD vor, einen Keil in die Gesellschaft treiben und Muslime herabwürdigen zu wollen. Das Ziel von Terror sei, Angst und Schrecken zu verbreiten. "Damit hat der radikale Islamismus mit Ihnen einen gefährlichen Verbündeten gefunden", sagte Emmerich.

CDU warnt vor Relativierung des Problems

Josef Oster (CDU) hielt dem entgegen: "All das, um was es heute hier geht, nur ins Verhältnis zur AfD zu setzen, ist eine schwer erträgliche Relativierung dieses Problems." Die Gefahr, die vom Islamismus ausgehe, werde noch immer zu oft unterschätzt und relativiert. Falsch verstandene Toleranz löse aber die Probleme nicht.

Sein Fraktionskollege Alexander Throm (CDU) warf am Freitag bei der Vorstellung des Antrags seiner Fraktion Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor, auf Tauchstation gegangen zu sein. "Frau Faeser ist im Kampf gegen den Islamismus schlichtweg ein Totalausfall", befand er. Wer einen islamistischen Gottesstaat fordere, müsse ausgewiesen werden, benannte er die Forderung seiner Fraktion. "Wer Islamist ist, kann auch in einen islamistischen Gottesstaat abgeschoben werden."

AfD begrüßt Richtung des Unionsantrags

SPD-Mann Baldy machte deutlich, dass sich die SPD der Forderung nach einem Kalifat immer entschieden entgegenstellen werde. Was aber die Strafbarkeit des Aufrufes zur Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung angeht, so stünden dem Urteile des Bundesverfassungsgerichts im Wege, "die wir achten".

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Der AfD-Abgeordnete Baumann räumte ein, dass die Richtung des Unionsantrags stimme. Mit Regierungspartnern wie der SPD oder den Grünen sei dies aber nicht umsetzbar. Insofern sei die Union nicht die Lösung, "sondern Teil des Problems".

Grüne attestieren CDU/CSU eine "schwierige  Haltung" zum Islam 

Lamya Kaddar (Grüne) erkannte in dem Antrag "die schwierige Haltung der Union zum Islam". Das zeige sich unter anderem in der inflationären Nutzung der Wortbildung "politischer Islam". Dies sei inzwischen ein "Kunstbegriff für Islamhasser" geworden.

Mit dem Antrag, so sagte Sandra Bubendorfer-Licht (FDP), ziele die Union auf schnellen Applaus vor der Europawahl statt auf nachhaltige Lösungen für Deutschland. Wie andere Ampel-Abgeordnete forderte auch Bubendorfer-Licht, nicht alle Muslime in einen Topf zu werfen. Was die geforderte Abschiebung von Islamisten angeht, so stellte sie die Frage, warum dies die CDU-Innenminister in den Ländern nicht längst tun.