Geschäftsordnung : Lebendiger und transparenter
Mit einer umfassenden Reform der Geschäftsordnung des Bundestages wollen die Koalitionsfraktionen das Parlament stärken.
Die Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen die Geschäftsordnung des Bundestages umfassend reformieren und modernisieren. Ziel eines gemeinsamen Antrags der drei Fraktionen ist es, die Regelungen "an die heutige parlamentarische Praxis" und an die "Gebote von Transparenz und Effizienz" anzupassen, um das Parlament als Ort der Debatte und Gesetzgebung weiter zu stärken. Der Bundestag überwies die Vorschläge in der vergangenen Woche nach einer ersten Beratung in den Geschäftsordnungsausschuss; in einer Anhörung sollen demnächst Sachverständige ihr Urteil abgeben.
Regelmäßige öffentliche Ausschusssitzungen
Vorgesehen ist vor allem, Beratungen in den Ausschüssen durch regelmäßige öffentliche Sitzungen, durch die Veröffentlichung von Ausschussunterlagen im Internet und durch "klare Regeln zur Benennung von Sachverständigen für öffentliche Anhörungen" transparenter und für die Öffentlichkeit nachvollziehbarer zu machen. Bisher tagen die Ausschüsse grundsätzlich nichtöffentlich, wobei sie beschließen können, für einen bestimmten Verhandlungsgegenstand oder Teile desselben die Öffentlichkeit zuzulassen.
Künftig sollen die Ausschüsse nach dem Willen der Koalition in nichtöffentlicher Sitzung beschließen, inwieweit sie öffentlich beraten. Dabei sollen sie auch das Interesse der Öffentlichkeit an öffentlichen Sitzungen und die Besonderheit der Beratungsgegenstände berücksichtigen. Zudem soll in der Tagesordnung von öffentlichen Anhörungen künftig kenntlich gemacht werden, auf Vorschlag welcher Fraktionen die einzelnen Sachverständigen geladen wurden. Ausschussprotokolle sollen "unverzüglich" veröffentlicht werden, wenn sie nicht als Verschlusssache eingestuft sind.
Auf Antrag der Koalitionsfraktionen sollen ab Januar mehr Ausschüsse öffentlich tagen und auch die Regierungsbefragung soll spannender werden.
Die Arbeitsgrundlage des Parlaments steht vor einer Reform. Über mögliche Änderungen hat der Geschäftsordnungsausschuss eine Anhörung durchgeführt.
Die Regierungsbefragung und die Fragestunde wollen die Abgeordneten dynamischer und interaktiver gestalten, um eine "wirksame parlamentarische Kontrolle" und einen "lebendigen öffentlichen Austausch" zu ermöglichen. Die Regierungsbefragung soll von jetzt 60 auf 90 Minuten verlängert, die Fragestunde von 90 auf 45 Minuten halbiert werden. Die Koalition will so dem Interesse der Öffentlichkeit an inhaltlichen Beratungen und an der Auseinandersetzung zwischen Regierung und Parlament entgegenkommen. Änderungen in der Geschäftsordnung, die während der Corona-Pandemie befristet eingeführt wurden und "die sich in der Praxis bewährt haben", wollen die Fraktionen "in sachgerechter Form" dauerhaft in der Geschäftsordnung verankern. So sollen etwa Ausschüsse selbst entscheiden können, ob sie in Sitzungen zulassen, dass alle oder einige Ausschussmitglieder über elektronische Kommunikationsmittel zugeschaltet sind.
Union schließt "gemeinsame Haltung" nicht aus
Die Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses, Daniela Ludwig (CSU), sagte in der Debatte, digitale Ausschusssitzungen seien Errungenschaften der Pandemie-Zeit. Die Geschäftsordnung habe bisher davon gelebt, dass sie von einem breiten Konsens getragen wird. Ludwig schloss nicht aus, dass man zu einer "gemeinsamen Haltung" kommen könne. Filiz Polat (Grüne) kündigte lebendige, dynamische Regierungsbefragungen an, die das Parlament stärken würden. Stephan Brandner (AfD) rief die Koalition auf, seine Fraktion bei der Besetzung von Ausschussvorsitzen nicht "rechtswidrig zu blockieren".