Piwik Webtracking Image

Gastkommentare : Pro und Contra: Hamas-Unterstützer ausweisen?

Sollen die Unterstützer des Terrorangriffs der palästinensischen Hamas aus Deutschland ausgewiesen werden? Eva Quadbeck und Malte Lehming im Pro und Contra.

10.11.2023
True 2024-02-16T11:39:39.3600Z
2 Min

Pro

Das scharfe Schwert zücken

Foto: Andreas Krebs
Eva Quadbeck
arbeitet beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Foto: Andreas Krebs

Die Barbarei der Hamas am 7. Oktober in Israel ist durch nichts zu relativieren. Wer solche Schandtaten öffentlich feiert und als Zeichen seiner Freude Süßigkeiten verteilt, hat in Deutschland nichts zu suchen. Punkt. Wer solche Schandtaten feiert, steht diametral zu unserer Geschichte, zu unserer Demokratie, zu den Menschenrechten im Allgemeinen und zu unserer Staatsräson im Besonderen.

Es gibt keinen einzigen Grund, warum wir ein solches Verhalten ertragen sollten, und viele gute Gründe, Hamas-Anhänger mit ihrem Vernichtungsantisemitismus in Deutschland nicht zu tolerieren. Da hilft es auch nicht, mit neuen politischen Bildungsprogrammen anzusetzen. Darüber lachen die Hamas-Anhänger nur höhnisch.

Sofern rechtlich möglich, sollten Menschen, die sich derart auf unseren Straßen aufführen, aus Deutschland ausgewiesen werden. Wer es mit dem Schutz der Jüdinnen und Juden hierzulande ernst meint, kann sich nicht damit zufriedengeben, dass auf solchen Straftaten nichts oder eine geringfügige Strafe folgen. Auch der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit ist durch ein eigenes Gesetz möglich, solange der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird. Wenn es einen Grund gibt, dieses scharfe Schwert zu zücken, dann im Fall der radikalen Hamas-Anhänger, die ihren Hass in der arabischstämmigen Bevölkerung in Deutschland verbreiten.

Dieser Hass bedroht jüdisches Leben in Deutschland unmittelbar. Es ist unsere historische Verpflichtung, Bedrohungen und Gewalt gegen Juden zu unterbinden. Zudem ist es für Deutschland international peinlich, dass man zwar beim Kampf gegen Antisemitismus gerne den Zeigefinger hebt, aber ihn im eigenen Land nicht im Griff hat.

Contra

Rechtliche Hürden sind hoch

Foto: Privat
Malte Lehming
arbeitet bei "Der Tagesspiegel", Berlin.
Foto: Privat

Es klingt wie eine Selbstverständlichkeit. Hamas-Unterstützer sollen ausgewiesen werden, fordert die SPD. Das soll Härte demonstrieren und den Willen zu einer wehrhaften Demokratie. Innenministerin Nancy Faeser hatte Betätigungen für die Hamas verboten. Deshalb bedeutet deren aktive Unterstützung eine Straftat. Wer sie begeht - ja, was ist dann?

An dieser Stelle wird's diffizil. Erinnert sei an andere Selbstverständlichkeiten. "Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden" (Grundgesetz, Artikel 16). Doppelstaatlern darf die deutsche Staatsangehörigkeit nicht entzogen werden, wenn sie dadurch staatenlos werden. Eine Einbürgerung kann nur zurückgenommen werden, wenn sie durch arglistige Täuschung erwirkt worden war. Das Staatsangehörigkeitsrecht ist kein Ersatzstrafrecht und keine politische Waffe. All das ist auch eine Lehre aus der deutschen Geschichte.

Nun leben in Deutschland rund 200.000 Palästinenser. Viele von ihnen kamen als Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien, Jordanien und dem Libanon. Einige haben einen deutschen Pass und können daher nicht abgeschoben werden. Andere sind staatenlos oder besitzen einen Reiseausweis ihres Herkunftslandes, aber nicht dessen Staatsangehörigkeit. Auch bei ihnen dürfte eine Abschiebung schwierig bis unmöglich sein, zumal es dafür der Zustimmung des potenziell aufnehmenden Staates bedarf. Wer aber will schon militant-islamistische Hamas-Unterstützer bei sich aufnehmen? Da winken Israel und seine Nachbarstaaten dankend ab.

Mehr zum Thema

Marcus Faber im Portrait
Marcus Faber im Interview: "Deutschland hätte mit Nein stimmen müssen"
Der Vizepräsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Marcus Faber, über Deutschlands Enthaltung zur UN-Gaza-Resolution sowie die Bekämpfung des Antisemitismus.
s0111-bewachte-Synagoge-_4c
Schutz von Juden: Die Pflicht jedes Bürgers
Nach dem Terrorangriff auf Israel und antisemitischen Ausfällen in Deutschland rufen die Fraktionen zu entschiedenem Widerspruch gegen Judenfeindlichkeit auf.
Porträt von C. Bernd Sucher im Anzug mit einer Hand am Kinn.
C. Bernd Sucher im Interview: "Er spuckte mir ins Gesicht"
Der Theaterkritiker C. Bernd Sucher sieht Deutschland als "unsichere Heimat" für Juden an. Die Lesung seines neuen Buches musste er unter Polizeischutz absolvieren.

Wie man es dreht und wendet: Die Forderung, Hamas-Unterstützer auszuweisen, mag von redlicher Absicht getragen sein, sie scheitert aber an den rechtlichen Möglichkeiten der Realität.