Bundestag streitet weiter über Flüchtlingspolitik : Schlagabtausch über Grenzkontrollen
Die Ampel macht den Weg für die EU-Krisenverordnung frei, die als wichtiger Baustein der Asylreform gilt. Im Bundestag sorgt die Migrationspolitik weiter für Zoff.
Hartes Ringen in Brüssel, heftige Rhetorik in Berlin, Rettungsrufe aus Ländern und Kommunen: Die hohen und weiter steigenden Flüchtlingszahlen fordern die Europäische Union und Deutschland auf allen Ebenen. Im EU-Innenministerrat zeichnete sich am Donnerstag ein möglicherweise bevorstehender Durchbruch ab, als Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Brüssel ankündigte, dass Deutschland einem neuen Textvorschlag zur sogenannten Krisenverordnung zustimme. Die Verordnung gilt als ein Kernelement der angestrebten EU-Asylreform zur Begrenzung irregulärer Migration. Die EU-Innenkommissarin Ylva Johansson erklärte am Donnerstagabend nach den Verhandlungen der EU-Innenminister, die formale Entscheidung werde in den nächsten Tagen folgen.
Konstantin von Notz kritisiert Talkshow-Äußerungen von Unions-Fraktionschef Merz
Im Bundestag nutzten derweil Opposition und Regierungskoalition nicht zuletzt im Schatten der bevorstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen, bei der Faeser als SPD-Spitzenkandidatin antritt, mehrere Debatten zu einem scharfen Schlagabtausch über die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Dabei warf etwa CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der Regierungskoalition von SPD, Grünen und FDP vor, sie wolle illegale Migration an den Grenzen zu Polen und Tschechien nicht stoppen.
Auf heftige Kritik der Ampelkoalition und der Linken stießen zugleich Talkshow-Äußerungen von CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz (CDU) zur Gesundheitsversorgung von Migranten, die sich in Deutschland "die Zähne neu machen" ließen, während "die deutschen Bürger nebendran" keine Arzttermine bekämen. Merz' Aussagen seien "objektiv falsch und menschlich niederträchtig", befand etwa Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz im Parlament und attestierte dem CDU-Vorsitzenden das "Niveau eines russischen Troll-Accounts".
Anordnung von Schwerpunktkontrollen der Bundespolizei an den Schleuserrouten
Im Streit um nationale Maßnahmen zur Begrenzung der irregulären Migration bekräftigen Union und AfD die Forderung nach stationären Kontrollen der Bundespolizei auch an den Grenzen zu Polen und Tschechien. Am Mittwoch hatte Bundesinnenministerin Faeser in Ergänzung zur Schleierfahndung im Grenzgebiet flexible Schwerpunktkontrollen der Bundespolizei an den Schleuserrouten angeordnet, die ihrem Ministerium zufolge zeitweise auch unmittelbar an der jeweiligen Grenzlinie erfolgen. Bis Ende August stellte die Bundespolizei in diesem Jahr laut Bundesinnenministerium bundesweit bereits rund 71.000 unerlaubte Einreisen fest.