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Foto: picture alliance/dpa
Demo gegen AfD und Rechtsextremismus in Köln: In der Justizetat-Debatte warnten Koalitionsvertreter vor Angriffe von rechts auf die Demokratie.

Kürzungen im Justizetat zurückgenommen : Hate Aid und Anne Frank Zentrum werden auch 2024 gefördert

Die Koalition fordert zur Verteidigung von Demokratie und Rechtsstaat auf. Die Union wirft der Ampel vor, den Justizetat zu vernachlässigen.

02.02.2024
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4 Min

Der Etat des Justizministeriums gehört traditionell zu jenen Einzelplänen, die den Haushältern wenig Spielraum für großvolumige Herzensprojekte lassen. Hinter dem niedrigsten Ausgabeansatz aller Ministerien - 2024 sind 1,03 Milliarden Euro vorgesehen, 23 Millionen Euro mehr als im Vorjahr - verbirgt sich ein klassischer Verwaltungshaushalt. 609 Millionen Euro gehen ins Personal, 248 Millionen Euro in die sächlichen Verwaltungsausgaben. Damit wird nicht nur der Betrieb des Ministeriums sichergestellt, sondern auch der des Bundesamtes für Justiz, diverser Bundesgerichte sowie des Deutschen Patent- und Markenamts.

Diesen Etat brachte der Bundestag am Donnerstag mit Stimmen der Ampel-Fraktionen gegen die Opposition durch das Parlament. Der ebenfalls mit aufgerufene Einzelplan des Bundesverfassungsgerichtes passierte das Haus einstimmig.

Luftschutzbunker für Holocaust-Überlebende in Israel werden gefördert

Gegenüber dem Regierungsentwurf steigen die Ausgaben minimal, und zwar um vier Millionen Euro. Der Haushaltsausschuss drehte vor allem an den Zuschüssen für zivilgesellschaftliche und justizpolitische Organisationen. Die deutlichen Kürzungen im Regierungsentwurf im Vergleich zum Vorjahr waren bereits in der ersten Lesung kritisiert worden. Nun steht fest, dass etwa Hate Aid, eine Organisation, die sich gegen Hassrede im Netz einsetzt, weiter gefördert wird. Ebenfalls erneut gefördert werden Projekte des Anne Frank Zentrums. Zudem wird aus dem Einzelplan wieder ein Wohnungsbauprojekt für in Armut lebende Holocaust-Überlebende in Israel gefördert. Konkret geht es laut Koalition diese Mal aber nicht um Wohnungen, sondern um Schutzanlagen wie Luftschutzbunker. Einen erhöhten Zuschuss erhält auch die Deutsch-Israelische Juristenvereinigung.

Dafür kann das Justizministerium Geld ausgeben

🔎 Kleinster Etat: Mit einem Volumen von 1,03 Milliarden Euro ist der Justizhaushalt der kleinste Etat eines Miisteriums. 2023 lag der Ansatz bei 1,01 Milliarden Euro.

🏗️ Förderung für Israel: Wie in den Vorjahren wird aus dem Etat ein Wohnungsbauprojekt für in Armut lebende Holocaust-Überlebende gefördert. Konkret sollen Luftschutzbunker gebaut wrden.

💾 Digitalisierung der Justiz: Für 2025 und 2026 sind insgesamt 52 Millionen Euro für Digitalprojekte im Justizbereich vorgesehen. Dabei arbeitet der Bund mit den Ländern zusammen.



Neu veranschlagt sind zudem Verpflichtungsermächtigungen für die kommenden Haushaltsjahre für Digitalprojekte, die Bund und Länder im Rahmen des Digitalpakts für Justiz gemeinsam umsetzen wollen.

FDP sieht "richtiges Signal" bei Digitalisierung der Justiz

In der Debatte führten die Redner und Rednerinnen der Koalitionsfraktionen an, dass zwar nicht viel Geld in die Hand genommen werden könne. Die Wirkung der Mittel, wenn sie zielgerichtet eingesetzt würden, sei aber umso größer, betonte Thorsten Lieb (FDP). Die Unterstützung für jüdisches Leben und Israel sei eine „ganz wichtige Botschaft“. Der Liberale freute sich auch über die Fortschritte in der Zusammenarbeit mit den Ländern bei der Digitalisierung der Justiz. Man sei inzwischen auf eine gemeinsame Linie gekommen. „Weniger Streit, mehr umsetzen – das ist das richtige Signal“, sagte der Haushalts- und Rechtspolitiker. 

Ähnlich äußerte sich die SPD-Haushaltspolitikerin Ester Dilcher. „Die Digitalisierung im Justizbereich wird in Zusammenarbeit mit den Ländern vorangetrieben“, sagte die Sozialdemokratin. Im Haushaltsausschuss, der die Mittel freigeben muss, würden demnächst neue Projektvorlagen erwartete, kündigte sie an. Das Bundesjustizministerium könne so eine Vorreiterrolle für die anderen Verwaltungsbereich einnehmen.

Union kritisiert Ankündigungspolitik der Ampel

Für die Unionsfraktion rechnete Carsten Müller der Koalition hingegen vor, dass der nun verabschiedete Ansatz für die Digitalisierung der Justiz deutlich unter dem liege, was etwa aus Reihen der Grünen noch 2019 gefordert worden war. Grundsätzlich warf Müller der Koalition vor, in der Rechtspolitik sehr gut im Ankündigen zu sein, aber nicht in der Umsetzung.

Seine Fraktionskollegin Franziska Hoppermann (CDU) kritisierte den Justizetat aus haushaltärischer Sicht. Diese sei auf „Kante genäht“, die veranschlagten Personalausgaben würden absehbar nicht ausreichen. Angesichts des großen Vertrauens, das die Bevölkerung der Justiz entgegenbrächte, sei es umso betrüblicher, dass die Bundesregierung nicht alles unternehme, die Funktionsfähigkeit dieser Institutionen zu stärken, sagte die Haushaltspolitikerin. 

Koalition und Minister attackieren die AfD scharf

Insbesondere die Koalition und der Justizminister gingen in ihren Beiträgen auf die Bedrohung des Rechtsstaats und der Demokratie durch autoritäre und rechtsextreme Kräfte ein - und attackierten in diesem Zusammenhang die AfD scharf. Buschmann nannte es „obszön“, dass aus Reihen der AfD-Fraktion die bundesweiten Demonstrationen der vergangenen Wochen, die sich gegen Rechtsextremismus und die AfD richten, mit gelenkten Demonstrationen zu SED-Zeiten verglichen und die Demonstranten als „linke Marionetten“ bezeichnet worden seien. Man müsse nicht links sein, um gegen Rechtsextremismus zu demonstrieren, sagte Buschmann.

Die größte Gefahr für die liberale Demokratie gehe derzeit von „rechten Staatsdelegitimierern und dem Rechtsextremismus aus“. Das habe die „Deportationskonferenz von Potsdam“ gezeigt, sagte der Justizminister. Buschmann mahnte mit Blick auf Erfahrungen in Polen, dass es besser sei, sich frühzeitig gegen die „mutwillige Beschädigung unseres Rechtsstaates zu Wehr zu setzen, als es hinterher mühsam reparieren zu müssen“.


„Unsere Demokratie steht unter Beschuss von ganz Rechtsaußen.“
Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen)

Ähnlich argumentierte Bruno Hönel. „Unsere Demokratie steht unter Beschuss von ganz Rechtsaußen“, sagte der Haushaltspolitiker. Autoritäre Kräfte wie die AfD wollten Demokratie und Rechtsstaat „von innen zersetzen“. Deswegen sei es richtig, dass Bundesverfassungsgericht besser zu schützen. Der Grünen-Abgeordnete bedankte sich bei der Union, dass auch sie Überlegungen unterstütze, bisher einfachgesetzliche Regelunge zur Arbeit des Bundesverfassungsgerichtes im Grundgesetz abzusichern. Als konkreten Beitrag zum „Kampf gegen Hass und Hetze“ bezeichnete Hönel die fortgesetzte Förderung von Hate Aid. „Der respektvolle Diskurs ist eine tragende Sule unserer Demokratie“, sagte der Abgeordnete.

AfD mutmaßt über Beteiligung des Verfassungsschutzes an Correctiv-Bericht

Thomas Seitz (AfD) machte angesichts der Demonstrationen im Land „gleichgeschaltete Eliten unter Einschluss der Exekutive“ für die Konstruktion einer „Lügengeschichte“ verantwortlich, „um die Menschen in Deutschland gegen die Opposition aufzuhetzen“. Seitz mutmaßte, dass der Verfassungsschutz das Potsdamer Treffen mit nachrichtendienstlichen Mitteln überwacht und die Informationen an die „linke Lobbygruppe Correctiv“ weitergeleitet haben könnte.

Sein Fraktionskollege Michael Espendiller warf dem Justizminister beim Thema Bürokratieabbau "Arbeitsverweigerung" vor. Deutschland ersticke in einem "Dschungel aus Bürokratie und Ausgaben". Es bedürfe eines "Befreiungsschlages" in Form von Neuwahlen, forderte der Abgeordnete.