Reformen in der Justiz : Stärkere Amtsgerichte, moderneres Schiedsverfahren
Es sollen wieder mehr Zivilverfahren vor Amtsgerichten verhandelt werden. Zudem will die Bundesregierung Deutschland als Standort für Schiedsverfahren stärken.
Die Bundesregierung hat weitere Reformen im Justizbereich angeschoben. Der Bundestag debattierte am Donnerstag zwei entsprechende Gesetzentwürfe in erster Lesung. Zum einen will die Bundesregierung Amtsgerichte stärken und die Spezialisierung in der Justiz fördern. Zum anderen soll das Schiedsrecht an internationale Empfehlungen angepasst und modernisiert werden.
Streitwertanpassung soll zu mehr Verfahren führen
2020 gab es deutschlandweit 638 Amtsgerichte. Sie stellen damit das Gros der knapp 1.100 Gerichte im Land. Doch die Bundesregierung macht sich Sorgen, dass die Bedeutung dieser Gerichte gerade in Zivilverfahren abnimmt. Grund dafür ist die seit Anfang der 1990er stark rückläufige Zahl der Verfahren, die vor den Amtsrichterinnen und -richtern landen. Damit könnte eine Schließung von Standorten drohen, fürchtet die Regierung in ihrem Entwurf.
Um gegenzusteuern, will die Bundesregierung den Zuständigkeitsstreitwert anpacken. Dieser bestimmt, ob ein Verfahren, in dem es etwa um Geldforderungen geht, in erster Instanz vor dem Amts- oder Landgericht geführt wird. Er liegt aktuell bei 5.000 Euro und wurde, wie die Bundesregierung ausführt, zuletzt 1993 angepasst. Künftig soll er bei 8.000 Euro liegen, und in der Folge so mehr Verfahren am Amtsgericht geführt werden. Die Änderung ist auch für das bereits angeschobene Gesetzesvorhaben zur Erprobung von Online-Verfahren in der Zivilgerichtsbarkeit relevant. Dies soll künftig grundsätzlich für Verfahren möglich sein, die vor dem Amtsgericht verhandelt werden.
Gleichzeitig will die Bundesregierung die Spezialisierung der Gerichte fördern. Aufgrund der Bedeutung von Ortsnähe sollen Amtsgerichte - ganz unabhängig vom Streitwert - künftig für bestimmte nachbarschaftsrechtliche Streitigkeiten zuständig sein. Landgerichte sollen sich wiederum streitwertunabhängig etwa mit Streitigkeiten zu Vergabesachen oder aus Heilbehandlungen befassen.
Deutschland soll als Standort für Schiedsgerichtsbarkeit attraktiver werden
Die Änderungen im Schiedsrecht beziehen sich auf die entsprechenden Regelungen in der Zivilprozessordnung. Durch Anpassungen an internationale Empfehlungen sowie eine Modernisierung und Internationalisierung will die Bundesregierung Deutschland als Standort für Streitbeilegung im Schiedsverfahren stärken. Ein ähnliches Ziel hatte die Bundesregierung mit der Einführung der Commercial Courts verfolgt.
Vorgesehen ist unter den Schlagwörtern „Internationalisierung und Digitalisierung des Verfahrensrechts“ etwa, Englisch als Gerichtssprache zu stärken und der Einsatz digitaler Hilfsmittel zu ermöglichen. Als „weitere Maßnahmen zur Förderung des Streitbeilegungsstandorts“ sieht der Entwurf unter anderem vor, dass Schiedssprüche unter bestimmten Bedingungen veröffentlicht werden können. Damit solle die Rechtsfortbildung gefördert werden.