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Gastkommentare : Pro und Contra: Brauchen wir einen Pflichtdienst?

Sollte der Pflichtdienst in Deutschland zurückkommen? Anja Maier und Julia Haak beleuchten das Für und Wider und fragen: Pflichtjahr für wen eigentlich?

05.09.2022
True 2024-03-14T15:20:01.3600Z
3 Min

Pro

Nicht für umsonst

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Anja Maier
ist freie bundespolitische Korrespondentin in Berlin
Foto: privat

Der Bundespräsident hat eine klare Haltung, wenn es um die Einführung einer sozialen Pflichtzeit geht. Die Gesellschaft, hat Frank-Walter Steinmeier Ende Juli erklärt, stehe vor der Aufgabe, "wieder zu mehr Gemeinsinn zu kommen". Dass in diesem Zusammenhang auch über "Möglichkeiten und Chancen der sozialen Pflichtzeit" debattiert werde soll, liege für ihn auf der Hand. Ein Dienst für die Gesellschaft könne dafür sorgen, dass sich Menschen aus unterschiedlichen sozialen Gruppen wieder neu begegnen.

Noch steht das Land am Anfang dieser Debatte. Doch schon jetzt zeichnet sich ein Dissens zwischen den Generationen ab. Viele Ältere, die bis zum Aussetzen der allgemeinen Wehrpflicht im Jahr 2011 in Altenheimen oder Kultureinrichtungen gearbeitet haben, berichten von großartigen, prägenden Erfahrungen. Viele Jüngere hingegen fühlen sich in ihrer Lebensplanung bevormundet. Beide Seiten haben recht.

Pflichtzeit, Gesellschaftsjahr, Deutschland-Jahr - egal, wie das Ganze heißen mag: Um es umzusetzen, muss es zuvor ernsthaft diskutiert werden. Zu dieser Debatte gehört zwingend die Frage des Geldes. Die Zeit der Schule ist teuer für Familien. Dass sie nach zehn oder zwölf Jahren endet, darf nicht bedeuten, dass die soziale Pflichtzeit zum nächsten Stresstest für die Familienkasse wird. Wenn die Gesellschaft es für wünschenswert hält, dass sich Menschen - egal welchen Alters - für sie einsetzen, muss das auskömmlich bezahlt werden. Andernfalls würde ein ganzes Jahr kostbarer Lebenszeit zur lästigen Bürde degradiert. Füreinander da zu sein bedeutet eben auch, jene zu finanzieren, die das tatsächlich machen.

Contra

Eher für Ältere

Foto: privat
Julia Haak
arbeitet bei der Berliner Zeitung
Foto: privat

Der Zeitpunkt war ungünstig, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD) in diesem Sommer die Debatte um einen Pflichtdienst für junge Leute neu entfachte. Gerade sie waren es doch, die in der Corona-Pandemie überdurchschnittlich belastet worden sind. Ihr Grundrecht auf Bildung wurde eingeschränkt zum Schutz der Älteren. Sie haben das mitgetragen - aus Vernunftgründen.

Vernunft wird aber auch in Zukunft zur Handlungsmaxime für diese bereits vielfach belastete Generation werden. Wir, die Gesellschaft, erwarten von den jungen Leuten, dass sie mit einer Klimakatastrophe umgehen, zu der sie kaum etwas beigetragen haben. Wir halten an einem Rentensystem fest, das ihnen einen ungleich größeren Einsatz abverlangen wird, als allen vorherigen Generationen. Sie werden die Kosten der Pandemie und des Ukraine-Krieges abbezahlen. Und dann noch eine Dienstpflicht? Ist das vernünftig?

Wohl kaum. Schon gar nicht, weil die freiwillige Arbeit in sozialen Einrichtungen oder fürs Klima bei jungen Erwachsenen auch ohne Pflicht bereits sehr beliebt ist. Wollte man die Quote steigern, könnte man die Freiwilligen ordentlich bezahlen.

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Aber es geht um Größeres: Es geht um gesellschaftlichen Zusammenhalt und eine Stärkung der Demokratie. Dass in diesem Feld allerdings gerade die Jugendlichen ein Problem sind, sollte man stark bezweifeln. Diese Generation, die von Kindheit an zum Miteinander erzogen wurde, ist vernünftiger als wir Älteren es jemals gewesen sind. Eine Dienstpflicht bräuchten eher wir anderen: Vielleicht sollte man sie für über 50-Jährige einführen. Die haben es nötiger.