Tourismus in Bayern : Das schillernde Vermächtnis des Märchenkönigs
Seine Schlossbauten stürzten Ludwig II. tief in die Schulden. Heute profitiert der Tourismus im Freistaat von den Extravaganzen des Monarchen.
Er gehört zu den royalen Lichtgestalten für alle bekennenden und heimlichen Anhänger der Monarchie. Und in Bayern genießt der "Kini" bis heute geradezu kultische Verehrung. Als Ludwig II. bestieg der damals 18-jährige Wittelsbacher 1864 den bayerischen Königsthron und herrschte bis zu seiner - wegen diagnostizierter "Seelenstörung" - Entmündigung am 9. Juni 1886. Vier Tage später ertrank der Monarch im Starnberger See. Nicht zuletzt die immer wieder diskutierten Umstände seines Todes trugen zur Verklärung Ludwigs bei, der als "Märchenkönig" in die Geschichte eingehen sollte.
Ludwig II. sicherte Bayern Sonderrechte
Politisch war dem Bayernkönig keine sonderlich glückliche Hand beschert. Im Deutschen Krieg von 1866 stand er gegen Preußen und seine Verbündeten auf der Seite der österreichischen Habsburgermonarchie und des Deutschen Bundes - und gehörte somit zu den Verlierern. Nur höchst widerwillig stimmte er schließlich der Reichsgründung von 1871 und der Erhebung des preußischen Königs Wilhelm I. zum Deutschen Kaiser zu. Der Kaiserproklamation in Versailles blieb er dann auch demonstrativ fern. Immerhin sicherte er Bayern als Bedingung für die Zustimmung zur Reichsgründung einige Sonderrechte. Und Ludwig ließ sich sein Ja im wahrsten Sinne des Wortes vergolden. Bis 1886 flossen insgesamt sechs Millionen Goldmark in jährlichen Tranchen von 300.000 Goldmark direkt in die königliche Börse. Reichskanzler Otto von Bismarck finanzierte den Deal aus dem Vermögen des 1866 annektierten Königreichs Hannover.
Das Schloss Neuschwanstein gilt bis heute als das Märchenschloss Ludwig II. und lockt Jahr für Jahre mehr als eine Millionen Touristen an.
Gebrauchen konnte Ludwig die Zahlungen aus dem sogenannten Welfenfonds nur zu gut. Bayerns König steckte nämlich bis zum Hals in Schulden. Der Grund dafür waren vor allem seine extravaganten Schlossbauten, mit denen er nicht nur sich ein Denkmal setzte, sondern die heute weltweit berühmt sind. Die Schlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof gehören zu den Wahrzeichen Bayerns.
Obwohl Ludwig jährlich 4,2 Millionen Gulden aus der Staatskasse des Königreiches zur Verfügung standen, hatte der Monarch bis 1884 bereits einen Schuldenberg von 7,5 Millionen Gulden angehäuft. Und zum Weiterbau seiner Schlösser wären 1887 weitere 15 Millionen Gulden benötigt worden.
Absolutistische Herrschaft als Vorbild
In Ludwigs Schlossbauten manifestierte sich sein mystisch geprägtes Idealbild eines christlichen Königtums, das sich in der konstitutionellen Monarchie Bayerns eigentlich längst überlebt hatte. Schloss Herrenchiemsee und die es umgebenden Parkanlagen sollten nach seinen Vorstellungen zu einem neuen Versailles werden. Überhaupt sah Ludwig in der absolutistischen Herrschaft Ludwig XIV. sein großes Vorbild. Doch die Arbeiten am Schloss endeten mit dem Tod des Königs und weite Teile des Gebäudes blieben unvollendet.
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So traditionell und rückwärtsgewandt Ludwigs Vorstellung von seinem Königtum einerseits waren, so technik- und fortschrittsbegeistert zeigte er sich bei der Ausgestaltung seiner Schlossbauten, die unter anderem mit Zentralheizung, Telefon, beheizbaren Bassins, elektrischen Rufanlagen für die Dienerschaft, Wasserklosetts und Aufzügen ausgestattet wurden. Ludwig zeigte sich in seiner Ambivalenz quasi als geistiger Vordenker der berühmten "Laptop und Lederhosen"-Parole, mit der mehr als 100 Jahre später Bundespräsident Roman Herzog den Wandel Bayerns vom Agrarland zum Hightech-Standort beschrieb.
Der Bayernkönig lässt sich gut vermarkten
Heute bescheren die Schlösser des Märchenkönigs Bayern einen wahrhaft märchenhaften Strom von Besuchers und Touristen. Rund 5,2 Millionen Besucher verzeichneten Bayerns Schlösser, Burgen und Residenzen im Jahr 2019. Ganz oben auf der Liste stand Neuschwanstein mit rund 1,4 Millionen Besuchern, rund 413.000 zog es zudem nach Schloss Linderhof und etwa 356.000 nach Schloss Herrenchiemsee.
Überhaupt lässt sich der "Kini" bis heute gut vermarkten. So verzeichnete das Haus der Bayerischen Geschichte im Jahr 2011 mit rund 570.000 Besuchern einen Rekord bei seinen jährlichen Landesausstellungen. Thema der Ausstellung in Schloss Herrenchiemsee: "Götterdämmerung: König Ludwig II."