Aufarbeitung der NS-"Euthanasie" : Ausdruck der menschenverachtenden Gewaltherrschaft
Der NS-"Euthanasie" fielen mindestens 300.000 Menschen zum Opfer, weitere 400.000 wurden zwangssterilisiert. Nun soll die Aufarbeitung intensiviert werden.
Die Aufarbeitung der "Euthanasie" und der Zwangssterilisationen während der nationalsozialistischen Diktatur zwischen 1933 und 1945 soll intensiviert werden. Dafür sprechen sich die Fraktionen SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP in einem gemeinsamen Antrag aus, den der Bundestag am Donnerstag erstmals beraten hat. Der Antrag wurde im Anschluss zur weiteren Beratung an den Kulturausschuss überwiesen. Auch die AfD-Fraktion kündigte ihre Zustimmung zu dem Antrag an.
Die "Euthanasie"-Morde an schätzungsweise 300.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen sowie die aufgrund des 1934 in Kraft getretenen "Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses" an etwa 400.000 Menschen durchgeführten Zwangssterilisationen seien Ausdruck der menschenverachtenden rassistischen nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, heißt es im Antrag.
Unterstützung für Gedenkstätten
Nach dem Willen der vier Fraktionen soll die Bundesregierung ein Projekt initiieren, um bundesweit Patientenakten und Personalunterlagen der Täter zu lokalisieren, zu sichern und zu konservieren, um sie für Forschung, Bildung und Anfragen nutzbar zu machen. Das Projekt soll unter Beteiligung der Gedenkstätten an den Orten ehemaliger "Euthanasie"-Tötungsanstalten, des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin an der Berliner Charité und der Verbände von Menschen mit Behinderungen durchgeführt werden. Darüber hinaus sollen die Gedenkstätten an den Orten der ehemaligen "T4"-Tötungsanstalten auch in Zukunft nachhaltig unterstützt werden.
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