Kultur : Gegen die Unwissenheit und das Vergessen
Das "Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa" in Berlin soll künftig an die Verbrechen der Nationalsozialisten erinnern.
In Berlin soll in den kommenden Jahren ein "Dokumentationszentrum Zweiter Weltkrieg und deutsche Besatzungsherrschaft in Europa" entstehen. Über den Realisierungsvorschlag zur Errichtung des Zentrums, den die Bundesregierung als Unterrichtung vorgelegt hat, beriet der Bundestag erstmalig am vergangenen Donnerstag und überwies ihn zur weiteren Beratung in den Kulturausschuss. Für die Errichtung des Zentrums hatte sich der Bundestag am 9. Oktober 2020 ausgesprochen und die Bundesregierung mit der Entwicklung eines Konzeptes beauftragt.
Etwa 230 Millionen Menschen hätten unter der nationalsozialistischen Besatzung und dem von Deutschland entfesselten Zweiten Weltkrieg gelitten, sagte Marianne Schieder (SPD) in der Debatte: "Gewaltsam errichteten die Nationalsozialisten in weiten Teilen Europas ein verbrecherisches Regime und fügten Ländern und deren Bevölkerungen mit Krieg, Besatzung, Ausbeutung, Hunger, Misshandlung, Zwangsarbeit, Kulturzerstörung, Deportation, Mord und Holocaust unermessliches Leid zu." Doch trotz einer vielfältigen Erinnerungskultur in Deutschland sei über die Besatzungsherrschaft in weiten Teilen der Gesellschaft wenig bekannt, führte Schieder an. Deshalb habe der Bundestag das Dokumentationszentrum beschlossen.
Ausstellung zur Geschichte zwischen 1939 und 1945
Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) mahnte, "dass die Aufarbeitung, vor allem in Osteuropa, aber auch in Griechenland, auf dem Balkan, in Italien, Frankreich oder Norwegen, nicht abgeschlossen ist, weil sie niemals abgeschlossen sein wird."
Das Dokumentationszentrum soll eine ständige Ausstellung, die durch Wechselausstellungen zu verschiedenen Aspekten der Geschichte zwischen 1939 und 1945, die bis in die Gegenwart hineinreichen oder auch die Vorgeschichte in den Blick nehmen, ergänzt werden. Zu den Aufgaben des Dokumentationszentrums sollen zudem die Bereitstellung von Bildungsangeboten, die Forschung und die Entwicklung eines Gedenkkonzeptes in den eigenen Räumlichkeiten gehören. Mit Ausnahme der AfD bekannten sich alle Fraktionen ausdrücklich zu dem Dokumentationszentrum.
Kritik wegen Documenta-Karikatur
Marc Jongen (AfD) übte scharfe Kritik an Claudia Roth. Trotz aller Erinnerungskultur sei nicht verhindert worden, dass auf der Documenta in Kassel unter Mitverantwortung der Kulturstaatsministerin "ein riesiges Banner einer indonesischen Künstler- oder Aktivistengruppe zu sehen war, das widerwärtige antisemitische Karikaturen nach Art des ,Stürmers' enthielt". Damit werde "Ihr exzessives Zelebrieren der deutschen Schuld und Verantwortung völlig unglaubwürdig", sagte Jongen an Roth gerichtet. Auch Annette Widmann-Mauz (CDU) bezeichnete es als einen "politischen Skandal", dass Roth das Problem "ignoriert und kleingeredet" habe.