Wer nominiert ist : Viel politisches und historisches Bewusstsein
Am 21. März wird der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen. Aus 485 Werken wurden 15 nominiert in den Kategorien Sachbuch, Belletristik und Übersetzung.
Frühlingstreffpunkt der Buchbranche: Für den Preis der Leipziger Buchmesse sind in diesem Jahr 15 Werke nominiert. Die Preise werden bereits zum 20. Mal verliehen.
"In allen drei Sparten bildet sich eine verstärkte Auseinandersetzung mit Fragen des politischen und historischen Bewusstseins ab", verkündete Insa Wilke Ende Februar anlässlich der Vorstellung der Nominierten für den diesjährigen Preis der Leipziger Buchmesse. Wilke ist die Vorsitzende der siebenköpfigen Jury von Kritikern, die die Shortlist für den Buchpreis in den Kategorien Belletristik, Sachbuch/Essayistik und Übersetzung zusammengestellt hat. Insgesamt wurden 486 Werke von 177 Verlagen eingereicht.
Klimawandel und sexualisierte Gewalt
Vor allem bei den Nominierungen in der Sachbuch-Kategorie wurden politisch aktuelle und gesellschaftlich relevante Themen berücksichtigt. Das Thema Klimawandel ist mit der Darstellung von Jens Beckerts "Verkaufte Zukunft" (Suhrkamp 2023) vertreten. Überzeugend entwirre Beckert wirtschaftliche und politische Zusammenhänge und erkläre, weshalb allen Erkenntnissen zum Trotz der Katastrophe bislang nicht erfolgreich begegnet wurde, schreibt die Jury.
Das Thema sexualisierte Gewalt ist mit Christina Clemms Buch "Gegen Frauenhass" (Hanser Berlin, 2023) vertreten. Anhand prägnanter Fallbeispiele weise sie die Unzulänglichkeiten des Justizsystems nach und zeige, wie wenig die Gesellschaft auf Täterstrategien eingestellt sei, heißt es in der Begründung der Jury für die Nominierung.
Visuelle Kunst und demokratiehistorische Beobachtungen
Im seinem Text-Bild-Essay "ca. 1972: Gewalt - Umwelt - Identität - Methode" stellt Tom Holert (Spector Books, 2023) das Jahr 1972 in den Fokus, das nach der revolutionären Euphorie von 1968 einen Wendepunkt markierte. Entlang von visueller Kunst eröffne Holert "den weit verzweigten Zeitraum ökologischer und emanzipatorischer Bewegungen, lässt ihre inneren Debatten sprechen, zeigt ihre gewaltförmigen Verirrungen und lässt uns aus den Diskursen und Kipppunkten der Kämpfe von damals für heute lernen", urteilt die Jury.
Die unterschiedlichen Sichtweisen auf die Demokratie in Ost und West vermittelt Christina Morina in "Tausend Aufbrüche" (Siedler, 2023). Ihre detaillierte Untersuchung von Bürgerbitten und Beschwerden in DDR und BRD werfe einen neuen Blick auf das Demokratieverständnis in Ost- und Westdeutschland, auf politische Vielstimmigkeit, Wünsche, enttäuschte Hoffnungen und Ressentiments, schreibt die Jury. Ihr Buch lege einen demokratiehistorischen Erinnerungsschatz frei, der eine neue Perspektive in eine heute verhärtete Debatte bringe.
Als fünften Nominierten in der Sachbuch-Kategorie präsentiert die Jury das Hörbuch "Jahrhundertstimmen 1945-2000", herausgegeben von Christiane Collorio, Ines Geipel, Ulrich Herbert, Michael Krüger und Hans Sarkowicz. Auf vier CDs werde hier die deutsch-deutsche Geschichte in Originaltönen erfahrbar, meint die Jury. "Klug arrangiert und kommentiert erklingen die Stimmen politischer und kultureller Akteur:innen von der unmittelbaren Nachkriegszeit bis zur Jahrtausendwende und fügen unserem historischen Bewusstsein eine neue Dimension hinzu: die auditive."
Erstmals ist eine grafische Erzählung nominiert
In der Kategorie Belletristik wurde mit "Genossin Kuckuck" von Anke Feuchtenberg erstmals eine Graphik nominiert. Ebenso im Rennen um den Buchpreis sind die Romane "Eigentum" von Wolf Haas (Hanser, 2023), "Auf den Gleisen" von Inga Machel (Rowohlt, 2024), "Minihorror" von Barbi Markovic (Reisdenz, 2023) und "Gewässer im Ziplock" von Dana Vowinckel (Suhrkamp 2023).
Nominiert in der Kategorie Übersetzung wurden Ki-Hyang Lee für seine Übersetzung des Romans "Der Fluch des Hasen" von Bora Chung (CulturBooks, 2023), Klaus Detlef Olof für die Übetragung des slowenischen Romans "18 Kilometer bis Ljubljana" von Goran Vojnovic (Folio 2023), Lisa Palmes Übersetzung des Romans "Bitternis" der polnischen Autorin Johanna Bator (Suhrkamp, 2023) sowie die Übersetzung aus dem Russischen von Katerina Gordeevas Buch "Nimm meinen Schmerz. Geschichten aus dem Krieg" (Droemer, 2023) durch Jennie Seitz und Ron Winkler für seine Übertragung der Gedichtsammlung "Angefangen mit San Francisco." von Lawrence Ferlinghetti (Schöffling & Co., 2023) aus dem Englischen.
Die Verleihung des mit 60.000 Euro dotierten Buchpreises findet am 21. März um 16 Uhr in der Glashalle auf dem Messegelände statt.