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Glosse : Lindner ist "sprungbereit"

FDP-Chef Christian Lindner sorgt mit einem ungewöhnlichen Begriff für ratlose Gesichter und eifrige Interpretationen zur Zukunft der ungeliebten Ampel-Partnerschaft.

25.09.2024
True 2024-09-26T10:21:24.7200Z
2 Min

Der Verweis aufs Tierreich kann hilfreich sein, um Politik zu erklären. Das wissen wir seit Äsop, das kennen wir von den Wappen, das hören wir von Politikern: Als "Schaf im Schafspelz" pflegte etwa Winston Churchill seinen Nachfolger zu bezeichnen. Nun hat auch Christian Lindner, Schatzkanzler der Herzen in Berlin und passionierter Freizeitjäger, mit einer Tier-Assoziation für Aufmerksamkeit gesorgt. Er sei "sprungbereit", ließ Lindner nach der für seine Liberalen enttäuschenden Wahl in den Brandenburger Forsten verlauten. 

Seither rätselt man in der Hauptstadt: Will er vom Jägerstand runter? Oder sollen die Anhänger von den Bäumen runter, auf die Parteifreunde wie Wolfgang Kubicki sie regelmäßig klettern lassen? Oder ist mit "sprungbereit" gemeint, dass die Liberalen als fauchender Tiger starten könnten, um als Bettvorleger mit Markenkernpolitur aufzuwachen, wie dazumal unter Schwarz-Gelb? Will Lindner also tatsächlich den Sprung aus der ungeliebten Partnerschaft mit SPD und Grünen wagen? Das immerhin wäre ein Sprung aus einem nicht immer friedvollen, aber doch überschaubaren Gehege einer Koalition in eine Wildbahn wie jener in Brandenburg, wo es bekanntlich mehr Wölfe als Lindner-Wähler gibt, noch dazu einen berüchtigten Aufholjäger wie Dietmar Woidke, wo sich also, um das zusammenzufassen, auch für eingefleischte Liberale Darwins fieser Merksatz politisch bewahrheiten könnte: survival of the fittest.

Ganz so konsequent will Lindner seine Sprunginnovation dann wohl doch nicht verstanden wissen. Die Sprungbereitschaft soll sich auf den Mut zur Verfertigung von Ampel-Gesetzen mit FDP-Handschrift erstrecken. Verhaltensbiologen haben für solches Verhalten im Tierreich einen eigenen Begriff. Sie nennen es: fluchtbetontes Drohpendeln.