Vor 45 Jahren... : Bauern werden zu Atomkraftgegnern
Am 31. März 1979 machen sich Landwirte aus dem Wendland mit ihren Traktoren in Richtung Hannover auf, um gegen das Atommüll-Endlager Gorleben zu demonstrieren.
Wenn Hunderte Landwirte mit ihren Traktoren auf den Straßen demonstrieren, klingt das sehr nach der Gegenwart. Doch ganz neu ist die Form des Protests nicht: Ende März 1979 machten sich 20 Traktoren vom niedersächsischen Wendland auf Richtung Landeshauptstadt Hannover.
Das Wendland auf der Straße: Große Teile der Bevölkerung demonstrieren Ende März 1979 gegen Kernkraft und das Vorhaben, in Gorleben ein atomares Endlager zu errichten.
Der Grund: die geplante Atommüll-Deponie in Gorleben. Zwei Jahre zuvor hatte Niedersachsens Ministerpräsident Ernst Albrecht (CDU) Pläne für ein nukleares Entsorgungszentrum samt Wiederaufarbeitungsanlage präsentiert. Gleichzeitig wurde der Salzstock unter Gorleben von der Bundesregierung unter Kanzler Helmut Schmidt (SPD) und der Landesregierung als Endlager ins Spiel gebracht.
"Gorleben-Treck" ging in die Geschichte der Anti-Atom-Bewegung ein
Zu den Protesten aufgerufen hatte die "Bäuerliche Notgemeinschaft", ein Zusammenschluss von Landwirten aus der Region Lüchow-Danneberg. Was sie eint, ist Existenzangst: Wer will schon landwirtschaftliche Erzeugnisse aus einer radioaktiv belasteten Region kaufen? Als es am 28. März in einem amerikanischen Atomkraftwerk zu einem Kernschmelzunfall kam, schlossen sich immer mehr Menschen dem Konvoi an, der als "Gorleben-Treck" in die Geschichte der Anti-Atom-Bewegung eingehen sollte. Am 31. März kamen bis zu 500 Traktoren in Hannover an, zwischen 50.000 und 100.000 Menschen nahmen an der Abschlusskundgebung teil. Eine Woche später stellte Albrecht fest, eine Wiederaufarbeitungsanlage sei politisch nicht durchzusetzen. Allerdings wurden Zwischenlager gebaut, bekannt wurden sie durch die Castor-Transporte. Lange wurde die Eignung des Salzstocks Gorlebens als Endlager geprüft. Im September 2020 wurden diese Pläne verworfen.