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Parlamentarisches Profil : Die Hartnäckige: Nina Scheer

Sozialdemokratin Nina Scheer ist eine Kämpferin der ersten Stunde in Sachen Energiewende. Diesen Begriff will sie wieder mit Substanz füllen.

11.07.2022
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3 Min

Am Tag eines großen Triumphs gibt sich Nina Scheer bescheiden. "Das ist jetzt ein sehr großer Schritt", lässt sie sich gerade noch entlocken. Es ist Donnerstag, 13 Uhr, gerade hat das Plenum die Reform des Erneuerbare-Energie-Gesetzes beschlossen, worauf sie seit langem hingearbeitet hatte. Aber zum Jubeln bleibt kaum Zeit, der Bundestag wird noch bis in die Abendstunden hinein zu tagen haben.

Foto: Scheer

"Schleswig-Holstein ist Pionierland bei der Energiewende", sagt die Bundestagsabgeordnete Nina Scheer. Sie ist Klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Fraktion.

Der Anteil des aus erneuerbaren Energien hergestellten Stroms soll von derzeit 50 Prozent auf 80 Prozent erhöht werden - und zwar bis zum Jahr 2030. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, werden nun zwei Prozent der Fläche in Deutschland für Windräder ausgewiesen; eine Verdopplung des Status quo. Der Bund macht ernst, nachdem einige Länder bei Windkraft nicht das Tempo hinlegten, das sich Klimaschutzminister Robert Habeck wünscht. Als Klimaschutz- und energiepolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion hat Scheer die Reform mitverhandelt. Energie, die Wende, sind ihre Themen seit langer Zeit.

Scheer schlägt einen Energiesparbonus vor

"'Energiewende' gehört zu jenen Worten wie 'Nachhaltigkeit' oder 'Klima-Kanzlerin', die häufig okkupiert werden und dadurch relativierend wirken", sagt sie. Scheer erinnert daran, wie in den Jahren zuvor vieles verlangsamt und verhindert worden sei, "nun gilt es den Begriff der Energiewende wieder mit Substanz zu füllen". Aktuell treiben sie die hohen Gaspreise um, wegen der Verknappung aus Russland. Und sie hat einen Vorschlag: den eines Energiesparbonus'. "Jede individuelle prozentuale Einsparung im Jahresverbrauch wird als verhältnismäßiger Nachlass in den Preisanstiegen ausgezahlt", erläutert sie. "Eine solche Entlastung wäre gerecht und ein zielgenauer Anreiz: Er würde nur die begünstigen, die wirklich Einspareffekte erzielen." Die Idee treffe schon auf viel Anklang, sagt sie. "Das muss eben jetzt diskutiert und möglichst bald umgesetzt werden."


„Alle ökologischen Fragen enthalten eine soziale Aufgabe.“
Nina Scheer (SPD)

Als durchsetzungsstark gilt Scheer. Man könnte es auch als hartnäckig in der Sache nennen. Die Tochter des SPD-Vordenkers zu erneuerbaren Energien, Hermann Scheer, hat früh angefangen, sich mit der Endlichkeit der Ressourcen, der Erderwärmung und all den Folgen daraus zu beschäftigen. Zu sagen, dass sie in einem politisierten Haushalt aufwuchs, ist eine Untertreibung.

Doch zunächst kam nach dem Abitur ein Geigenstudium. Nach dem Abschluss merkte sie: Mit dem weiteren Lebensweg kamen andere Perspektiven - und damit ein Studium der Rechtswissenschaften, "die Juristerei ist ein gutes Handwerk im politischen Kontext", sagt sie. Nach dem ersten juristischen Staatsexamen sattelte sie zu einer Promotion zu "Welthandelsfreiheit vor Umweltschutz" in Politikwissenschaft. Zwischen 2007 und 2013 führte sie die Geschäfte von "UnternehmensGrün e.V.", dem Bundesverband der grünen Wirtschaft; währenddessen kamen die ersten Anfragen aus der SPD.

Von Berlin nach Schleswig-Holstein

Denn dort war sie mit 15 Mitglied geworden. "Alle ökologischen Fragen enthalten eine soziale Aufgabe", sagt sie. Der Umgang mit natürlichen Ressourcen betreffe unmittelbar Freiheit und Gerechtigkeit, Solidarität mit nachfolgenden Generationen sei Umweltschutz - für sie im Kern sozialdemokratische Ansätze.

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Damals war Berlin ihr Lebensmittelpunkt. Dann wurde es konkret: In Schleswig-Holstein war ein Wahlkreis verwaist, und sie entdeckte eine neue Heimat. Scheer wurde aufgestellt, zog 2013 und 2017 über die Landesliste in den Bundestag ein und gewann den Wahlkreis Herzogtum Lauenburg - Storman-Süd 2021 direkt. "Schleswig-Holstein ist Pionierland bei der Energiewende", sagt sie, "dort werden Themen gelebt, denen ich sehr verbunden bin".

Jedenfalls Themen, die immer dringender werden. Manche Pläne blieben liegen, zum Beispiel der eines Parlamentsorchesters. Gemeinsam mit dem Kollegen Johannes Arlt fragte sie bei anderen Abgeordneten an. Aber: "Die Rückmeldungen haben noch nicht für ein Orchester oder kleineres Ensemble gereicht." Auch hätten die beiden noch keine Literatur gefunden, die zu den von den Parlamentariern angegebenen Instrumenten passen würde. Aber die Legislatur hat ja noch nicht einmal Halbzeit.