Nach der Aufregung um DSA und „Trusted Flagger“ : Netzagentur und BKA berichten über erste Zahlen und Erfahrungen
Bundesnetzagentur und BKA berichten über die ersten Monate mit dem DSA. Die meisten Meldungen stammen aus einem Bereich: sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige.
Die Mitte Oktober im Netz hitzig geführte Debatte um den deutschen Digital Services Coordinator (DSC) und die im Digital Services Act (DSA) vorgesehenen "Trusted Flaggers" (vertrauenswürdige Hinweisgeber), hat nun auch den Bundestag beschäftigt. Im Digitalausschuss äußerten sich am Mittwoch die Bundesnetzagentur (BNetzA) und das Bundeskriminalamt zur Umsetzung des DSA.
Vertrauenswürdige Hinweisgeber, sollen den Plattformkonzernen illegale Inhalte im Netz zur beschleunigten Prüfung melden. Kritiker haben Zweifel an diesem Konzept und werfen der Bundesregierung vor, mit dem DSC eine "Zensurbehörde" geschaffen zu haben, um die Meinungsfreiheit im Netz einzuschränken.
Müller: Keine Hinweise auf Zweifel an der Objektivität von REspect
Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur und kommissarischer DSC, versicherte auf Nachfrage der Abgeordneten, dass seine Behörde keine Anordnungen für Löschungen erteile und unabhängig vom Bundeswirtschaftsministerium agiere. In Deutschland sei die baden-württembergische Meldestelle "REspect!" die erste Organisation, die von der BNetzA als "Trusted Flagger" zugelassen wurde. Aktuell bearbeite man 22 Anträge, berichtete Müller.
Die BNetzA konzentriere sich derzeit auf die Vernetzung mit anderen DSC in der Europäischen Union, um eine einheitliche Auslegung und Umsetzung zu erreichen, sagte Müller weiter. Die Koordinierungsstelle unterstütze zudem die EU-Kommission etwa beim Thema Integrität und Schutz von Wahlen. Dies geschehe mit 15 Stellen und ohne besetzte Leitungsposition. Die BNetzA habe keine Hinweise auf Zweifel an der Objektivität oder Sorgfalt der Organisation, führte Müller auf Fragen der Abgeordneten zu einer möglichen Aberkennung des Titels weiter aus. Belegte und seriösen Hinweise werde die BNetzA natürlich prüfen.
Was der Digital Services Coordinator (DSC) macht
👥 Mit dem Gesetz über digitale Dienste sollen illegale Inhalte schneller entfernt werden können und die Grundrechte von Internetnutzern besser geschützt werden.
🖥️ Während die EU-Kommission sehr große Plattformen und Suchmaschinen beaufsichtigt, sind die DSC in den Mitgliedsstaaten für kleinere Plattformen zuständig.
⚔️ Sie dienen als Beschwerdestelle für Bürger, etwa wenn illegale Inhalte bei Online-Anbietern nicht leicht gemeldet werden können oder wenn es keine Informationen über angezeigte Werbung gibt.
Auf Nachfrage erläuterte Müller Details zum Zertifizierungsprozess von „Trusted Flaggern“. Der derzeitige Leitfaden sei ein Ergebnis von Vorarbeiten aus Frankreich aus dem Jahr 2023 und sorge für europäische Einheitlichkeit. Er werde abgelöst, sobald die EU-Kommission ihren Leitfaden vorlege - voraussichtlich im kommenden Jahr.
BKA: Die meisten Meldungen beziehen sich auf sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige
Für das BKA, das Verdachtsmeldungen auf Straftaten von Hostingdiensteanbietern entgegennimmt, berichtete Sandro Dicker. Zwischen August 2023 und Ende Oktober 2024 seien 1.357 Meldungen übermittelt worden, 88 davon stammten von sehr großen Diensteanbietern, die Mehrheit, nämlich 1.269, von kleinen und mittleren Anbietern. Der Großteil der Meldungen beziehe sich auf sexualisierte Gewalt gegen Minderjährige, gefolgt von Delikten der Hasskriminalität. Bei 308 Meldungen habe kein strafbares Verhalten festgestellt werden können.
Die Meldezahlen seien gemessen an den Prognosen "verhältnismäßig gering", sagte Dicker. Ein Grund könne in der mangelnden Bekanntheit des DSA liegen. Hilfreich wäre eine Konkretisierung bei den Straftatbeständen unter Artikel 18 DSA nach deutschem Recht, betonte er.
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