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Weitere Nutzung der Atomkraft : Streit über die Rückkehr eines "Untoten"

Die AfD will zurück zur Atomkraft. Auch die Union scheint nicht abgeneigt, wie eine Debatte im Bundestag zeigt. Grüne halten diese für Zeitverschwendung.

06.12.2024
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3 Min

Das sei reine "Zeitverschwendung" - für das Parlament und das Land, beschied Lisa Badum (Grüne) dem Plenum gleich zum Auftakt der Aussprache. Was bringe es, den "alten Untoten Atomenergie" wieder aufleben zu lassen? Gar nichts, außer Wahlkampfgetöse.

Bald zwei Jahre ist es her, dass Deutschland sich von der Atomkraft verabschiedet hat. Am 15. April 2023 stellten die letzten drei Atomkraftwerke ihren Betrieb ein. Doch die Debatte ist längst nicht beendet - im Gegenteil. Im Bundestag beschäftigte der Atomausstieg in dieser Woche erneut den Untersuchungsausschuss und am Mittwochabend das Plenum. Anlass waren drei Anträge der AfD, mit denen die Fraktion nicht nur ein Rückbaumoratorium für abgeschaltete Kernkraftwerke, sondern auch einen Neuanfang mit Kernenergie und den Beitritt der Bundesrepublik zur europäischen Nuklearallianz forderte.

Foto: picture alliance/dpa/Marijan Murat

Laut EnBW ist der Rückbau "praktisch irreversibel": Mitarbeiter im AKW Neckarwestheim 2 kurz nach dessen Trennung vom Netz im Mai 2023.

Zusätzlich befeuert hatten die Kontroverse auch die Pläne der Unionsfraktion, eine "Wiederaufnahme des Betriebs der zuletzt abgeschalteten Kernkraftwerke" prüfen zu wollen, wie es in einem Mitte November veröffentlichten Positionspapier heißt. Die großen Energieversorger äußerten sich dazu zwar unisono mehr als skeptisch, EnBW-Kernkraftchef Jörg Michels etwa nannte am Dienstag den Rückbau-Status der EnBW-Meiler als "praktisch gesehen irreversibel". Die Diskussion über die weitere Nutzung der Kernkraft sei für sein Unternehmen "vor diesem Hintergrund erledigt."

Nicht so für die AfD: Rainer Kraft hielt Wirtschafts- und Energieminister Robert Habeck (Grüne) vor, mit dem Ausstieg aus der Atomkraft der "deutschen Industrie das Rückgrat gebrochen" zu haben. Die Energiewende "vernichte" Unsummen und sei trotzdem nicht zu schaffen. Wenn, wie etwa Anfang November, Sonne und Wind flächendeckend ausfielen, brauche es große Strommengen, für die die nötigen riesigen Speicher erst noch für "Milliardensummen" gebaut werden müssten, hielt Kraft den Grünen vor. "Zuverlässig, preiswert, emissionsarm" und daher "einzig möglich" sei die Kernenergie. Die rückgebauten Kraftwerke müssten erhalten werden.

FDP: “Riesenschaden” für die Wirtschaft entstanden 

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Deutschland müsse zudem bei Entwicklung und Forschung von Kernkraftwerken der vierten und fünften Generation "vorangehen" und sich das "Know-how der Kernfusion nicht aus der Hand nehmen lassen", forderte Fabian Gramling (CDU). Auch er kritisierte Habeck scharf: Dieser habe aus "ideologischen Gründen" die Abschaltung der Atomkraftwerke betrieben, obwohl Deutschland sie noch benötigte. Das sei ein "Skandal", so Gramling.

Ein "Riesenschaden" sei damit angerichtet worden, pflichtete ihm Michael Kruse (FDP) mit Blick auf die gestiegenen Strompreise bei. Gerade die energieintensive Industrie leide massiv. Die Folgen sehe man unter anderem bei ThyssenKrupp. Auch die hohen Preise, die sowohl beim Export überschüssigen Stroms als auch beim Import in stromknappen Zeiten anfielen, kämen Deutschland teuer zu stehen, betonte Kruse.

Koalition betont Risiken, Kosten und fehlendes Endlager

Jakob Blankenburg (SPD) rief dagegen auf, der Realität ins Gesicht zu sehen: Der Ausbau der Erneuerbaren breche Rekorde, das Kapitel der Atomkraft sei in Deutschland abgeschlossen. Mit "gutem Grund", so der Sozialdemokrat: Weder gebe es ein Endlager für "27.000 Kubikmeter hochradioaktiven Müll", noch seien alle Risiken der Technologie beherrschbar. Harald Ebner (Grüne) verwies zudem auf deren hohen Kosten und die Herkunft der zum Betrieb nötigen Brennstäbe. Ein Großteil des Urans stamme aus Russland, China und Kasachstan.

Ermüdet von der Debatte zeigte sich Ralph Lenkert (Linke): Es sei nunmehr der "26. Antrag zu Atomkraftwerken", den die AfD in der Wahlperiode vorlege. Aber nicht einmal habe sie darin Lösungen für Probleme aufgezeigt. Das sei "pure Ideologie". Zu einer Abstimmung über die Anträge kam es dann auch nicht: Mit Stimmen von SPD, Grünen, FDP und Union verwies der Bundestag die Vorlage zurück in die Ausschüsse.