Cum-Ex-Skandal : Rechtliche Probleme beim "letzten Mittel"
Mehrere Sachverständige kritisieren den Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit einem Untersuchungsausschuss die Umstände der Steueraffäre aufklären zu lassen.
Wenn der Bundeskanzler sich wegducke, dann sei ein Untersuchungsausschuss "das letzte Mittel, das uns bleibt", hatte der CDU-Abgeordnete Matthias Hauer zum Vorhaben der Union erklärt, mit einem Untersuchungsausschuss die Umstände der Steueraffäre der Hamburger Warburg-Bank im Zusammenhang mit sogenannten Cum-Ex-Steuergestaltungen untersuchen zu lassen.
Nach Ansicht der Union wirft auch das Agieren der Stadt Hamburg unter der Verantwortung des damaligen Ersten Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) im Zusammenhang mit der Warburg-Steueraffäre schwerwiegende Fragen auf. Ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist eingebracht, stieß aber in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung am Donnerstag bei den meisten Sachverständigen auf schwere Bedenken.
Professor Lars Brocker hält den Unionsantrag für rechtswidrig
Für Professor Lars Brocker (Präsident des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz) stellt sich der Unionsantrag "insgesamt als rechtswidrig dar". Die Kompetenzgrenze, die das Bundesstaatsprinzip dem Untersuchungsrecht des Bundestages ziehe, sei überschritten worden. Auch Professorin Jelena von Achenbach (Universität Gießen) erklärte, es gebe keine allgemeine Aufsicht des Bundestages über die Länder.
Professor Christoph Möllers (Humboldt-Universität Berlin) argumentierte, zum Handeln der Bundesregierung, das von einem Untersuchungsausschuss untersucht werden könne, gehöre das Handeln des Bundeskanzlers in seiner amtlichen Funktion. Die frühere Tätigkeit in einer Landesregierung gehöre nicht dazu, weil die Kontrolle einer Landesregierung nicht zum Aufgabenbereich des Bundestags gehöre.
Professor Christoph Schönberger (Universität Köln) hielt in seiner Stellungnahme nur die Fragen in dem Unionsantrag für zulässig, "die sich auf das Aufsichtshandeln des Bundesfinanzministeriums, der Bundesregierung und von damit befassten Behörden im Geschäftsbereich der Bundesministerien im Hinblick auf die Geltendmachung von Steuerrückforderungen gegenüber der M.M. Warburg & Co. Bank durch die hamburgischen Landesbehörden beziehen". Die übrigen Fragen seien unzulässig, weil sie das Handeln Hamburgs und die Kommunikation von Scholz zum Gegenstand der Untersuchung machen wollten. Ähnlich argumentierte Professor Heiko Sauer (Universität Bonn). "Das Budgetrecht als Königsrecht des Parlaments darf nicht an Informationsdefiziten scheitern"
Sachverständiger: Budgetrecht darf nicht an Informationsdefiziten scheitern
Anderer Auffassung war Paul Glauben (Ministerialdirigent a. D. beim Landtag Rheinland-Pfalz): Gegen den Einsetzungsantrag bestünden weder unter dem Gesichtspunkt der vertikalen Gewaltenteilung noch im Hinblick auf das öffentliche Interesse verfassungsrechtliche Bedenken. Ein effektives Untersuchungsrecht erfordere, dass der Untersuchungsausschuss auch Feststellungen zum Verhalten von Länderbehörden treffen könne.
Professor Christian Waldhoff (Humboldt-Universität Berlin) hielt den Antrag ebenfalls für verfassungsgemäß. Der Bundestag habe ein Eigeninteresse daran, dass dem Bund zustehende Steuereinnahmen ihm nicht vorenthalten würden. Das Budgetrecht als Königsrecht des Parlaments dürfe nicht an Informationsdefiziten scheitern.