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Steuern : Sachverständige wollen mehr Entlastung für Familien

Der Koalitionsentwurf des Inflationsausgleichsgesetzes stößt bei einer Anhörung im Finanzausschuss auf Kritik. Experten mahnten höhere Entlastungen der Familien an.

24.10.2022
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Angesichts der drastisch steigenden Preise haben mehrere Sachverständige in einer Anhörung des Finanzausschusses in der vergangenen Woche die bisher von der Koalition geplanten Maßnahmen im Inflationsausgleichsgesetz als unzureichend bezeichnet und deutlich höhere Entlastungen vor allem der Familien angemahnt. Als Hauptgrund wurden die in dem Gesetzentwurf zugrunde gelegten Inflationsprognosen bezeichnet, die von der Realität längst bei weitem überholt worden seien.

Ampel will Freibeträge und Kindergeld erhöhen 

Grundlage der Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zum Ausgleich der Inflation durch einen fairen Einkommensteuertarif sowie zur Anpassung weiterer steuerlicher Regelungen. Der Entwurf sieht vor, dass der Grundfreibetrag im kommenden Jahr von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro steigen soll. 2024 soll der Grundfreibetrag weiter auf 10.932 Euro erhöht werden.

Außerdem sollen Kinderfreibetrag und Kindergeld angehoben werden. Das Kindergeld soll im nächsten Jahr für das erste, zweite und dritte Kind auf einheitlich 237 Euro pro Monat erhöht werden. Diese Erhöhung in einem Schritt soll für die Jahre 2023 und 2024 gelten. Somit steigt das Kindergeld für das erste und zweite Kind um 18 Euro und für das dritte Kind um zwölf Euro monatlich.

Experten kritisieren überholte Annahmen der Regierung 

Der Bund der Steuerzahler erklärte, die Annahmen der Regierung seien überholt. Auch Professor Johanna Hey (Universität zu Köln) sagte, wenn sich die Entwicklung der Inflation so fortsetze wie in den letzten Monaten, sei bei Grund- und Kinderfreibeträgen eine weitere Anhebung erforderlich. Sie kritisierte, dass sich der Entwurf des Inflationsausgleichsgesetzes auf die mittlerweile überholte Frühjahrsprojektion der Bundesregierung zur Inflation für 2022 von 5,76 Prozent stütze. Das sei die "Crux" des Gesetzentwurfs.

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Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung bezeichnete eine Inflationsbereinigung des Einkommensteuertarifs als grundsätzlich sinnvoll. Angesichts der hohen fiskalischen Kosten sollte diese auf Steuerpflichtige mit niedrigen und mittleren Einkommen konzentriert werden. Diese seien von der Inflation besonders stark betroffen.

Verband beklagt fehlende Entlastung großer Familien 

Der Deutsche Familienverband erklärte, dass die geplanten Erhöhungen bei Kinderfreibetrag und Kindergeld leider deutlich hinter dem Notwendigen zurückbleiben würden. Kindergeld, Kinderfreibetrag und weitere kinderbezogene Freibeträge müssten kurzfristig an die Inflationsrate angepasst werden. Nach Ansicht der Organisation werden große Familien zu wenig entlastet. Das vierte Kind und weitere Kinder würden bei der vorgesehenen Kindergelderhöhung leer ausgehen.

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Katja Rietzler (Hans-Böckler-Stiftung) und andere Sachverständige kritisierten, dass Bezieher höherer Einkommen durch den Kinderfreibetrag stärker entlastet würden als Normalverdiener. Beim heutigen System gelte: Je höher das Einkommen, desto größer sei der sich daraus ergebende finanzielle Vorteil durch den Kinderfreibetrag, ergänzte der Deutsche Gewerkschaftsbund.

Das sei jedoch eine natürliche Folge des progressiv verlaufenen Steuertarifs, erklärte Professor Rudolf Mellinghoff (Ludwig-Maximilians-Universität München). Nur bei einer "Flat Tax" (einem einheitlichen Steuersatz von zum Beispiel 20 Prozent) würden alle gleich profitieren.