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Foto: picture-alliance/dpa/Patrick Pleul
Landwirte sollen von dem verabschiedeten Maßnahmenpaket profitieren.

Entlastungen der Landwirtschaft : Agrarpaket der Ampel verabschiedet

Der Bundestag hat grünes Licht für mehrere Gesetze zur Entlastung der Landwirtschaft gegeben. Die Union zeigt sich vom Ergebnis enttäuscht.

05.07.2024
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4 Min

Anfang des Jahres waren Bauern wochenlang auf die Straße gegangen, um gegen die Landwirtschaftspolitik von Europäischer Union und Bundesregierung zu demonstrieren. Die Ampel-Fraktionen hatten daraufhin versprochen, Verbesserungen für den Berufsstand auf den Weg zu bringen und präsentierten insgesamt sieben Vorschläge. Als wichtigste Ziele waren dort Bürokratieabbau und die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe genannt. Bis zur Sommerpause sollten "entsprechende Maßnahmen" beschlossen werden, hieß es damals. Ende Juni verkündeten die Fraktionschefs der Ampel dann eine Einigung auf Teile der Vorhaben und stellten ein "Agrarpaket" vor.

Die Ankündigung kam pünktlich zum Bauerntag und stieß dort auf heftige Kritik. Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach von einem "Päckchen", die Bundesregierung sei "Lichtjahre entfernt von dem, was in der Landwirtschaft notwendig ist", es brauche Reformen, die den Landwirtschaftsstandort Deutschland zukunftsfähig machten.

Ampel trotzt Kritik von Union und Bauernverband

Trotz aller Kritik passierten die Maßnahmen nun im Schnelldurchgang den Gesetzgebungsprozess. Der Bundestag hat am Freitag das Agrarpaket der Bundesregierung mit der Mehrheit der Ampel-Fraktionen verabschiedet. Das Paket beinhaltet eine Reihe von Maßnahmen wie die Wiedereinführung der Gewinnglättung, die Stärkung von Landwirten in der Wertschöpfungskette sowie die Änderungen bei der Konditionalität und den Öko-Regelungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union.

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Die Änderungen des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes sehen unter anderem zwei neue Öko-Regelungen vor. Demnach soll es neben einem Angebot für Milchviehbetriebe mit Weidehaltung eine weitere Öko-Regelung für Maßnahmen zur Verbesserung der Biodiversität geben.

Die genaue Ausgestaltung der beiden Öko-Regelungen soll in einer Rechtsverordnung geregelt werden. Die Öko-Regelungen sollen, anders als ursprünglich vorgesehen, nicht aus Kürzungen der Flächenprämie, sondern aus freien Mitteln finanziert werden. Betriebe sollen die Hilfen dafür im nächsten Jahr für 2026 beantragen können. Ein weiterer Punkt betrifft den Bürokratieabbau: Durch Erleichterungen im GAP-Konditionalitäten-Gesetz wird auf die Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche ab 2025 verzichtet.

Zudem werden die Zahlungen aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union zukünftig an die Einhaltung bestimmter arbeitsschutzrechtlicher sowie arbeitsrechtlicher Vorschriften aus den Bereichen Beschäftigung, Gesundheit und Sicherheit geknüpft. Ziel der sozialen Konditionalität sei, die Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften unionsweit zu fördern und so zur Entwicklung einer sozialverträglichen Landwirtschaft beizutragen. Das Gesetz enthält auch Regelungen zur Datenübermittlung zwischen den jeweils zuständigen Stellen. Dazu sollen die Mitgliedstaaten die geltenden Kontroll- und Durchsetzungssysteme im Bereich des Sozial- und Arbeitsrechts nutzen.

Stellung der Landwirte gegenüber dem Handel soll verbessert werden

Mit der Reform des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes soll die Stellung der Landwirte gegenüber dem Handel in der Wertschöpfungskette verbessert werden. So ist beispielsweise ein dauerhafter Schutz vor unlauteren Geschäftspraktiken, wie Zahlungsziele von über 30 Tagen für verderbliche und von über 60 Tagen für andere Agrar-, Fischerei- und Lebensmittel, sowie ein Verbot von Retouren dieser Waren vorgesehen.


„Die Reformen stärken Umweltschutz und Verbraucherinteressen.“
Susanne Mittag (SPD)

Eine weitere Maßnahme ist die Wiedereinführung der steuerlichen Gewinnglättung für die Einkünfte aus der Land- und Fortwirtschaft. Damit sollen Gewinnschwankungen aufgrund von Wetterbedingungen abgefedert werden. Die Gewinnglättung (eigentlich Tarifermäßigung) ist rückwirkend ab 2023 vorgesehen und soll für drei Jahre gelten. Landwirte könnten so rund 50 Millionen Euro Steuern sparen, schätzt die Bundesregierung.

Künast (Grüne) kritisiert Bauernverband

Renate Künast (Grüne) kritisierte in der Debatte die Position des Deutschen Bauernverbands. Anstatt zurückzublicken, sollten die Fragen einer zukunftsfähigen Landwirtschaft und Ernährungssicherheit diskutiert werden, das habe die Ampel getan. "Was wir heute abstimmen, ist ein guter Vorschlag und ein guter Start", sagte sie. Dem schloss sich Susanne Mittag (SPD) an und sprach von "einem großartigen Paket". Landwirte, Angestellte und Verbraucher würden von den Maßnahmen profitieren.

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Die Opposition übte heftige Kritik. Hermann Färber (CDU) nannte das Paket "eine Enttäuschung". Der Vorsitzende des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft verwies auf die Erwartungen, die nach den Protesten entstanden seien, und unterstrich, dass "das Vertrauen in die Politik" bei den Landwirten mit diesem Vorhaben nicht gestärkt worden sei.

Auch Stephan Protschka (AfD) kritisierte das Vorhaben: "Das sogenannte Agrarpaket ist eine Mogelpackung und nicht einmal ansatzweise geeignet, um Bauernfamilien spürbar zu entlasten", sagte er. Die Ampel drücke sich leider davor, die eigentlichen Probleme, wie die zu hohen Energiekosten, die Dumping-Importe und die immensen bürokratischen Belastungen, anzugehen. Ina Latendorf (Linke) bemängelte, dass die Ampel sich erst in der vergangenen Woche auf die Reformen geeinigt habe, für eine gründliche Auseinandersetzung damit sei leider keine Zeit gewesen.

FDP hält Kritik am Entlastungspaket für nicht angebracht

Gero Hocker (FDP) relativierte die Kritik und verwies auf Erfolge wie Tarifglättung, Wegfall der Flächenstilllegung und Stärkung der Erzeuger in der Wertschöpfungskette. Die Liberalen seien "die treibende Kraft bei den Reformen gewesen".

Zudem stimmten die Abgeordneten über zwei Agrar-Anträge der Opposition ab. Die Union hatte einen eigenen Antrag vorgelegt und vor allem finanzielle und steuerliche Entlastungen für landwirtschaftliche Betriebe gefordert. Die Vorschläge der AfD-Fraktion sahen die Rücknahme der Abschaffung der Agrardieselrückerstattung vor. Beide Anträge wurden mehrheitlich abgelehnt.