Koalition kündigt Agrar-Reformen an : Kritik am Entlastungs-"Päckchen" für die Landwirtschaft
Die Bundesregierung legt lang angekündigte Vorschläge zur Entlastung der Landwirtschaft vor. Union und Bauernverband reicht das nicht aus.
Pünktlich zum Bauerntag 2024 hat die Bundesregierung ein lange versprochenes Agrarpaket vorgelegt, doch weder auf dem Jahrestreffen der Landwirte noch in zwei Debatten, die in dieser Woche im Bundestag zur Landwirtschaftspolitik stattfanden, haben die Vorschläge überzeugt. Das Paket besteht aus einem Antrag der Ampelfraktionen, einem Gesetzentwurf zur Verlängerung der Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft und einem Gesetzentwurf zur Änderung agrarrechtlicher Vorschriften.
Ampel will Bürokratie für Landwirte abbauen
Wesentliche Teile des Pakets betreffen die Reform des Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetzes (AgrarOLkG), mit der die Stellung der Landwirte in der Wertschöpfungskette verbessert werden soll - unter anderem ist ein Verbot von Retouren vorgesehen. Ein weiterer Punkt betrifft den Bürokratieabbau: Durch Erleichterungen im GAP-Konditionalitätengesetz wird auf die Pflicht zur Stilllegung von vier Prozent der Ackerfläche ab 2025 verzichtet.
Eine wichtige Maßnahme ist auch die steuerliche Gewinnglättung für die Einkünfte aus der Land- und Forstwirtschaft. Damit sollen Gewinnschwankungen aufgrund von Wetterbedingungen abgefedert werden. Die Tarifglättung ist rückwirkend ab 2023 vorgesehen und soll für drei Jahre gelten. Zudem soll es eine zusätzliche Prämie für die Weidetierhaltung geben.
Bauernverband für weitere staatliche Unterstützung von Landwirten
Kritik an dem Paket, das der Bauernverband ein "Päckchen" nennt, kommt auch von der CDU/CSU- sowie von der AfD-Fraktion. Die Union hat einen eigenen Antrag eingebracht und vor allem finanzielle Entlastungen für landwirtschaftliche Betriebe und steuerliche Belastungen gefordert. Zudem sollten die von der EU ermöglichten Erleichterungen im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) eins zu eins umgesetzt werden. Die AfD-Forderungen sehen vor, die Abschaffung der Agrardieselrückerstattung zurückzunehmen, und die Dünge- und Pflanzenschutzverordnungen sowie der Nutztierhaltungsverordnungen komplett zu überarbeiten.
Steffen Bilger (CDU) kritisierte das von der Ampel vorgelegte Paket, sprach von "einem winzigen Pflaster auf eine viel zu große Wunde". Durch die Streichung des Agrardiesels werde den Bauern jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro genommen, dem stünden lediglich 50 Millionen Euro an Kompensation gegenüber, die durch die Tarifglättung reinkomme.
Frank Rinck (AfD) übte scharfe Kritik an den Vorschlägen der Ampel und am Unionsantrag. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden dazu beitragen, dass die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirte immer weiter abnehme. Er forderte, "die Landwirte endlich wieder nach guter fachlicher Praxis wirtschaften zu lassen".
Landwirtschaft reagiere längst auf Klimaveränderungen
Renate Künast (Grüne) sprach davon, dass die Ampel vor allem notwendige Änderungen für die Landwirte auf den Weg bringe. "In Ihren Anträgen steht kein Wort zur Zukunft der Landwirtschaft", kritisierte sie die Opposition. Dabei sei den Landwirten längst klar, dass sie auf die Klimaveränderungen reagieren müssten. Hochwasser, Spätfröste und Dürren seien seit Jahren Begleiter der Landwirte. Künasts Parteikollegin Anne Monika Spallek verwies auf die Entlastungen. So werde durch die Rücknahme von GLÖZ 8 die Streichung des Agrardiesels "bereits komplett kompensiert". Auch wenn die Betriebe die Flächen bereits stillgelegt hätten und auf den Brachen derzeit nicht produziert werde, erhielten die Betriebe "großzügige Ökoregeln von 1.300 Euro pro Hektar", das seien für einen 4000-Hektarbetrieb 96.000 Euro pro Jahr.
Deutschlands Landwirte beklagen den agrarpolitischen Schlingerkurs, der lange zurückreicht. Die Kompromissvorschläge der Ampel stoßen auf Kritik.
Die gekürzten Subventionen beim Agrardiesel dominieren die Debatte zum Landwirtschaftsetat. Minister Özdemir setzt auf fraktionsübergreifende Zusammenarbeit.
Diese Rechnung brachte die CSU in Rage. Artur Auernhammer fragte, ob 4000-Hektar-Betriebe "die Zukunft der Grünen Landwirtschaft" seien, weil die Grüne Partei doch eigentlich für bäuerliche Landwirtschaft stehe.
Matthias Miersch (SPD) nannte den Unionsantrag "haltlos". Mit der Tarifglättung, dem Bürokratieabbau sowie dem Verbot unlauterer Handelspraktiken gehe die Ampel nun voran. Dazu sei die Union in den Großen Koalitionen nicht bereit gewesen.
FDP hält sich Erfolg bei Glyphosat zugute
Auch Gero Hocker (FDP) erinnerte daran, dass die Verantwortung der Landwirtschaftspolitik Jahrzehnte bei der Union gelegen habe. Es sei das Verdienst der FDP, dass das Glyphosatverbot nun aufgehoben worden sei und die Tarifglättung wieder eingeführt werde. Ina Latendorf (Die Linke) fehlt bei den Anträgen eine "tatsächliche" Entlastung der Landwirte, indem ihre Stellung in der Wertschöpfungskette gestärkt werde.