Piwik Webtracking Image

Foto: picture alliance/dpa
Fast alle Textilien weltweit werden heute aus Kostengründen in Asien produziert, wie hier in einer Fabrik in Bangladesh. Bei Umwelt- und Arbeitsstandards sieht es dort oft schlecht aus.

Was Fast Fashion für die Umwelt bedeutet : Das dreckige Geschäft mit der Mode

Kleidung als Wegwerfprodukt: Der Trend zu Ultra Fast Fashion sorgt durch eine Überproduktion von Kleidung für Millionen Tonnen Mikroplastik auf dem Grund der Ozeane.

01.08.2024
True 2024-08-07T14:28:45.7200Z
3 Min

Jeden Tag ein neuer Look - so lautet das Motto vieler globaler Modeketten. Ihr Erfolgskonzept: Billige, schnell produzierte Kleidung. Gerade noch auf den Modenschauen dieser Welt und schon hängt der neueste Trend zuhause im Schrank. "Fast Fashion" macht es möglich. Doch das Ganze hat einen Haken: Der Begriff "Fast" bezieht sich nicht nur auf die Geschwindigkeit von Produktion und Konsum, sondern auch auf die kurze Lebensdauer der schnell produzierten Kleidung. "Kleidung wird zu einem Wegwerfprodukt", sagt Kai Nebel. Als Leiter des Forschungsschwerpunktes Nachhaltigkeit und Recycling am Texoversum der Hochschule Reutlingen beobachtet der Ingenieur die Modeindustrie seit vielen Jahren. "Während Modehäuser früher zwei bis vier Kollektionen pro Jahr produziert haben, sind es heute fast 50. Wir sprechen also schon von Ultra Fast Fashion."

Ein Großteil neu geklaufter Kleidung hängt ungetragen im Schrank

Dieses Konsumverhalten führt zu einer extremen Überproduktion, wie Nebel in seiner Forschung herausgefunden hat. Denn: Jedes Jahr werden rund 180 Milliarden Kleidungsstücke weltweit produziert, 30 bis 50 Prozent davon enden als Ladenhüter. Aber auch die Kleidung, die es aus dem Geschäft in den heimischen Kleiderschrank schafft, bleibt größtenteils ungetragen. "Es werden enorme Ressourcen verschwendet mit erheblichen Folgen für die Umwelt."

Laut Europäischer Umweltagentur (EUA) steht die Textilindustrie an vierter Stelle jener Wirtschaftszweige mit den meisten negativen Folgen für Umwelt und Klima. Ein großer Faktor sei dabei die Wasserverschmutzung und hier vor allem die Färbung von Textilien. Aber auch durch das Waschen von Polyesterkleidung könnten pro Waschgang 700.000 Mikroplastikfasern in das Grundwasser gelangen, schreibt die EUA. Hochgerechnet wären das eine halbe Million Tonnen Mikroplastik, die sich auf dem Grund der Ozeane ansammelt - jährlich.

Was ist ​​​​​​​Fast Fashion?

⚡️ Früher haben Modehäuser zwei bis vier Kollektionen jährlich produziert. Heute werfen globale Modeketten bis zu 50 neue Kollektionen im Jahr auf den Markt.

👚 Das Ziel: Schnell und trendbezogen designen und zu niedrigen Preisen produzieren und verkaufen. Jedes Jahr werden so rund 180 Milliarden Kleidungsstücke produziert, von denen 30 bis 50 Prozent als Ladenhüter enden.

🐟 Durch das Waschen von Polyesterkleidung gelangen zudem Unmengen Mikroplastikfasern ins Meer und über den Verzehr von Fisch zu uns Menschen.



Das ist nicht nur gefährlich für Fische und andere Meereslebewesen, sondern auch für uns Menschen. Denn an den Mikrofasern lagern sich Gifte wie beispielsweise Schwermetalle ab, die durch den Verzehr von Fischen und Schalentieren in unseren Körper gelangen. Wöchentlich sind das ungefähr fünf Gramm Plastik, die wir auf diese Weise zu uns nehmen. Das entspricht in etwa der Plastikmenge einer Kreditkarte, wie die University of Newcastle in einer Studie herausgefunden hat.

Treuepunkte erhalten Kunden nur für viel Konsum, nicht für weniger

Um Umweltprobleme durch Fast Fashion einzudämmen, hat die EU im Rahmen des Green Deals eine Strategie für nachhaltige und kreislauffähige Textilien entwickelt. Textilien sollen demnach haltbarer, reparierbarer, wiederverwendbarer und recyclebarer werden. Gelingen soll das unter anderem durch klarere Informationen und die Aufforderung an Unternehmen, ihren ökologischen Fußabdruck zu minimieren. Im Mai 2024 wurde dafür das EU-Lieferkettengesetz verabschiedet, das die menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflicht von Unternehmen in ihren Produktionsketten festschreibt.

Auch interessant

Mehr zum Thema 75 Ideen zur Lösung der globalen Wasserkrise
Ortstermin in Hamburg: 75 Ideen zur Lösung der globalen Wasserkrise

Kai Nebel ist skeptisch, ob das funktionieren wird. "Die Hauptstellschraube ist für mich, von der Überproduktion und dem Überkonsum wegzukommen. Alles andere hilft nicht." Stattdessen spricht er sich für Slow Fashion, dem Gegenmodell zur Fast Fashion, aus. "Wir sollten einfach mal die Dinge, die wir haben, auch benutzen und auftragen. Und nur die Sachen kaufen, die wir wirklich nutzen." Er sieht die Lösung nicht in neuen Regularien, sondern in einem Belohnungssystem für nachhaltiges Verhalten. "Momentan werde ich für meinen Konsum mit Rabatten und Treuepunkten belohnt. Aber wie wäre es, wenn wir das umdrehen? Mehr Belohnung für weniger Konsum."