Ortstermin in Hamburg : 75 Ideen zur Lösung der globalen Wasserkrise
Nebelfänger, Schwammstadt und Trockenklo: Die Ausstellung "Water Pressure" im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg regt zum Umdenken im Umgang mit Wasser an.
Sofort ist es im Ohr, wenn man den Ausstellungsaal im Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe betritt: das Geräusch von plätscherndem Regen. Doch so leicht und sanft wie in der Klanginstallation, fällt Regen immer seltener. Im Gegenteil: Immer öfter gibt es Starkregen, immer öfter Hochwasser und Überflutungen. Oder - nicht weniger zerstörerisch - der Regen bleibt immer länger ganz aus. Der Klimawandel stört den Wasserkreislauf der Erde empfindlich, mit ernsten Folgen für die Trinkwasserversorgung. Schon heute sind 40 Prozent der Weltbevölkerung von Wasserknappheit betroffen.
Umdenken bei der Wassernutzung
Die Ausstellung "Water Pressure" verdeutlicht diese globale Wasserkrise. Bilder des preisgekrönten deutschen Fotografen Tom Hegen etwa zeigen spanische Gewächshäuser und chilenische Lithiumfelder aus der Vogelperspektive: Die von Menschenhand geformten, eigentümlichen Landschaften aus Farben und Mustern faszinieren - und verstören. Die massiven Umweltschäden von Intensivlandwirtschaft und Lakegewinnung für Lithium bleiben für die Kamera indes unsichtbar: ausgetrocknete Böden und Flüsse, verschmutztes und absinkendes Grundwasser.
Doch die Ausstellung bietet auch Lösungen, die ermuntern und mahnen, unseren Umgang mit der lebensnotwendigen Ressource Wasser zu verändern.
Meer aus Plastik: Mit einer Größe von 360 Quadratmetern oder 50.000 Fußballfeldern ist das Gewächshausgebiet in der südspanischen Provinz Almeria das größte weltweit. Ein Großteil der dort angebauten Gurken und Tomaten wird nach Deutschland exportiert.
"Für uns stellte sich die Frage, was die Gestaltung als lösungsorientierte Disziplin zur Bewältigung der Herausforderung beitragen kann", so Museumsdirektorin Tulga Beyerle bei der Eröffnung der Ausstellung im März. "Water Pressure" versammelt nun Ideen und Ansätze aus den Bereichen Design und Wissenschaft. Die Bandbreite der rund 75 internationalen Arbeiten reicht von wasserlosen Klos, einfachen Filtern aus Ginkgo- und Kiefernholz, die durchfallverursachende Rotaviren und E. coli-Bakterien aus verschmutztem Wasser beseitigen, über Schwammstadtprojekte bis zu riesigen Infrastrukturvorhaben zur Hochwasserprävention und Renaturierung von Flüssen.
Neue Entwicklungen zur Trinkwassergewinnung
Innovativ sind Entwicklungen wie die von "Nebelfängern" aus Draht, die Wasser aus Wolken gewinnen, oder sogenannten Hydropanelen, welche mithilfe von Solarenergie Wasserdampf in der Luft kondensieren und in sauberes Wasser verwandeln, oder eines zementähnlichen Baustoffs aus Sole. Eine dubaiische Designagentur hat damit eine Verwendungsmöglichkeit für die hochkonzentrierte Salzlauge geschaffen, welche in großen Mengen bei der Süßwassergewinnung durch Entsalzung von Meerwasser anfällt. Bislang wird sie meist wieder ins Meer zurückgeleitet, wo sie dessen Ökosystem empfindlich stört.
Auch das Hamburger Neubaugebiet Jenfelder Au hat es mit seinem Entwässerungskonzept in die Ausstellung geschafft: Regenwasser, Grauwasser wie zum Beispiel vom Waschen und Duschen sowie Schwarzwasser aus Toiletten werden hier getrennt gesammelt und genutzt. Aus Schwarzwasser wird etwa Biogas gewonnen und damit im quartierseigenen Heizkraftwerk Wärme und Strom erzeugt. Grauwasser wird erneut zum Spülen von Toiletten genutzt. Es sei doch "absurd", findet auch Museumsdirektorin Tulga Beyerle, "dass das Wasser in unserer Toilettenspülung Trinkwasserqualität hat."
Die Ausstellung "Water Pressure" im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ist noch bis zum 13. Oktober 2024 zu sehen.
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