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Foto: picture alliance/dpa | Daniel Vogl
Im Sommer geht es los: 40 besonders belastete Streckenkorridore sollen bis 2030 generalsaniert werden.

Infrastruktur der Bahn : Bund darf für Sanierung von Bahnstrecken und Co. bezahlen

Bundesgelder sollen künftig auch für die Instandhaltung der Bahninfrastruktur fließen dürfen. Die Union zweifelt, ob der Bundesrat dem Entwurf zustimmen wird.

23.02.2024
2024-03-05T10:49:30.3600Z
4 Min

Fünf Monate nach der ersten Lesung hat der Bundestag das Bundesschienenwegeausbaugesetz am Donnerstag mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Gruppe Die Linke verabschiedet. Aus Sicht von SPD, Grünen und FDP hat sich die ausgiebige Beratungszeit gelohnt. Es seien viele Verbesserungen erreicht worden, konstatierte Verkehrs-Staatssekretär Michael Theurer (FDP). "Der Aufwand hat sich in besonderer Weise gelohnt", sagte er während der abschließenden Beratung. Michael Donth (CDU) vermochte dem nicht zuzustimmen. Das Gesetz sei zwar älter, aber nicht besser geworden, befand er.

Durch die Neuregelung erhält der Bund mehr Spielräume bei der Finanzierung. Er kann sich nun auch an Kosten der Unterhaltung und Instandhaltung der Bahninfrastruktur beteiligen. Damit sollen Fehlanreize verhindert werden. Bislang ist es so, dass die Deutsche Bahn AG (DB AG) für die Instandhaltung der Infrastruktur zuständig ist. Erst wenn die Anlagen völlig marode sind und ersetzt werden müssen, darf der Bund eingreifen. Allgemein gilt das als ein Hauptgrund dafür, dass das deutsche Schienennetz in einem erbärmlichen Zustand ist.

Mehr als 60 Milliarden Euro sollen in die Schiene investiert werden

Wird nun alles besser? Die Koalition ist überzeugt davon. "Wir stehen vor dem größten Investitionsprogramm in die Schiene in der jüngeren Geschichte der Bundesrepublik Deutschland", sagte Staatssekretär Theurer. Zu den in der mittelfristigen Finanzplanung vorgesehenen 42 Milliarden Euro kämen nun weitere 27 Milliarden Euro hinzu. "Das ist ein ganz klares Signal des Haushaltsgesetzgebers für den zukunftsträchtigen Verkehrsträger Schiene", sagte er.

40 besonders belastete Streckenkorridore sollen bis 2030 generalsaniert werden. Los geht es "am Tag nach dem Endspiel der Euro 2024", wie Theurer sagte, mit der Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Sie wird für fünf Monate gesperrt. Im zweiten Halbjahr 2030 soll die Generalsanierung mit der Strecke Mannheim - Karlsruhe abgeschlossen werden.

Einen "Gamechanger" nannte Detlef Müller (SPD) das Gesetz. Gerade die am stärksten belasteten Korridore des Schienennetzes seien in einem schlechten Zustand. Bei den anstehenden Sanierungen könnten nun mehrere Baumaßnahmen gebündelt werden. "Das spart Bau- und Sperrzeiten", sagte er. Im parlamentarischen Verfahren sei "mehr Flexibilität im Bereich freiwilliger Lärmschutzmaßnahmen und Barrierefreiheit an Bahnsteigen" festgeschrieben worden. Zudem könnten künftig auch kleinere und mittlere Maßnahmen für die Schaffung von Netzresilienz ohne langwierige Prüfung von Kosten und Nutzen durch den Bund umgesetzt werden.

Grüne offen für Fondslösung für langfristige Finanzierung der Bahnprojekte

Positiv fiel auch die Bewertung durch Carina Konrad (FDP) aus. Das Gesetz sei ein ganz zentraler Baustein auf dem Weg zu einer modernen Infrastruktur, sagte sie. Matthias Gastel (Grüne) freut es besonders, dass die oben genannten Fehlanreize beseitigt würden. Durch den Änderungsantrag der Koalition sei es zudem möglich, dringend benötigte Abstellanlagen für Züge zu finanzieren. Und doch bleibt noch einiges zu tun, befand er. Um mehrjährige Projekte besser finanzieren zu können, sollte seiner Ansicht nach über eine Fondlösung nachgedacht werden. "Wir brauchen eine größere Unabhängigkeit von den jährlichen Haushaltsplänen des Bundes."

In diese Richtung ging auch ein Entschließungsantrag der Koalition, in dem die Bundesregierung außerdem aufgefordert wird, im zweiten Quartal 2024 das Moderne-Schiene-Gesetz im Bundeskabinett zu beschließen. Darin müsse das Ziel der vollständigen Digitalisierung und weitgehenden Elektrifizierung des Schienennetzes bis zum Jahr 2040 festgeschrieben werden.


„Länder und Kommunen werden einen Teufel tun, diesem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen.“
Ulrich Lange (CSU)

Union und AfD lehnten das Gesetz ab. Kernpunkt ihrer Kritik: Ohne echte Strukturreformen bei der Bahn werde auch dieses Geld versickern. Die Regierung wisse nicht, wo das Geld bei der Bahn hinfließt, sagte CDU-Mann Donth. Benötigt würden echte Reformen. Sein Fraktionskollege Ulrich Lange (CSU) sah das ähnlich. Wenn zur Schaffung der DB InfraGO innerhalb des Bahnkonzerns nur zwei Türschilder, das der DB Netz und der DB Station&Service, zusammengelegt werden, könne nicht von einer Reform gesprochen werden.

Lange sieht das Gesetz ohnehin am Bundesrat scheitern. Es sei nämlich völlig offen, wie der Schienenersatzverkehr während der Sanierungen finanziert werden soll. "Länder und Kommunen werden einen Teufel tun, diesem Gesetz im Bundesrat zuzustimmen", prognostizierte Lange.

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Der Bund müsse die Bahn an die kurze Leine nehmen, forderte Wolfgang Wiehle (AfD). Stattdessen drohe aber Bahnchef Lutz mit einer Streichliste, wenn er die seiner Ansicht nach benötigten Gelder nicht erhält. Auch der Bundesrechnungshof, so der AfD-Politiker weiter, kritisiere, "dass der Bund die Bahn zu schlecht steuert". Das liege an den mit Blick auf den einst geplanten Börsengang geschaffenen Strukturen, die auch der "großen roten Gewerkschaft EVG viel Macht verleihen".

Immerhin Bernd Riexinger (Linke) erkannte positive Ansätze in dem Gesetz. Es gehe in die richtige Richtung, sei aber nicht der große Wurf, befand er.