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Der Fortschritt bei der Akkutechnik geht rasant voran. Hersteller versprechen mehr Reichweite und schnellere Ladezeiten.

Effiziente Antriebstechniken : Das Elektroauto bietet die meisten Vorteile

Verschiedene Aggregate werden entwickelt, erprobt und verbessert. Leise, sauber und ohne Ausstoß klimaschädlicher Gase scheint das Elektroauto im Vorteil zu sein.

17.07.2024
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6 Min

Eigentlich schien das Aus für die Neuzulassung von Verbrennern vom Jahr 2035 an schon beschlossene Sache. Doch nun gibt es auf EU-Ebene wieder Überlegungen, das geplante Verbot zu lockern. Dabei gilt es zu bedenken, was die Vor- und Nachteile der verschiedenen Antriebstechniken sind. Unbeschadet der aktuellen Debatten sind die Vorteile des Elektroantriebs nicht zu leugnen. Elektroautos sind leise, sauber und emittieren keine klimaschädlichen Gase.

Stammt der Strom zum Laden der Akkus aus erneuerbaren Energien, können sie weitgehend klimaneutral betrieben werden. Darüber hinaus gehen sie mit der benötigten Energie sehr effizient um. Im sogenannten Well-to-Wheel-Vergleich, also vom Bohrloch beziehungsweise Windrad bis zum Rad, nutzen Elektroautos 64 Prozent der ursprünglichen Energie für den Antrieb. Brennstoffzellen-Autos kommen auf 27 Prozent, während Verbrenner nur 20 Prozent verwerten.

Produktion eines Elektroautos fordert viel Energie

Nicht wegzudiskutieren sind aber mehrere Nachteile. So erfordert die Produktion eines Elektroautos, vor allem der Batterie, mehr Energie als der Bau eines Verbrenners. Das ist in der Regel auch mit einer höheren CO2-Emission verbunden, die erst im Laufe der Nutzung zugunsten des Elektroautos ausgeglichen wird. Zudem kommen die meisten E-Autos mit einer Akkuladung nicht so weit wie ein Benziner oder Dieselfahrzeug.

Zwar macht die Schnellladeinfrastruktur an Autobahnen und in Städten große Fortschritte. Doch für Mieter und Wohnungseigentümer ist das Laden an der heimischen Wallbox meist noch nicht möglich. Zu guter Letzt ist der Anschaffungspreis weiterhin vergleichsweise hoch. Vor allem nach dem Wegfall der staatlichen Umweltprämie.

Vorübergehender Einbruch beim Verkauf von E-Autos

Allerdings hat die hohe Förderung in Deutschland dazu geführt, dass viele E-Autos nach kurzer Zeit ins Ausland verkauft wurden. Dieses Geschäftsmodell ist nun weggefallen. In den vergangenen Monaten ist der Anteil der Elektroautos an den Zulassungen nach dem starken Einbruch zu Beginn des Jahres wieder kontinuierlich gestiegen. Im Juni 2024 lag er bei 14,6 Prozent, nach 18,9 Prozent im Juni 2023 und 10,5 Prozent im Januar 2024.

Der Fortschritt bei Elektroautos, vor allem bei der Akkutechnik, verläuft rasant. Die Hersteller versprechen mehr Effizienz, mehr Reichweite, schnellere Ladezeiten und eine bessere Software. Wer sich heute einen vollelektrischen Neuwagen kauft, muss damit rechnen, in einigen Jahren für denselben Preis ein Fahrzeug mit viel besserer Technik zu erhalten.

Chinesische Hersteller drängen verstärkt auf den deutschen Markt

Weil dies den Wiederverkaufswert der Elektroautos reduziert, halten sich private Käufer oder gewerbliche Kunden wie Autovermietungen zurück. Die Bundesregierung will den Verkauf daher mit einer Sonderabschreibung ankurbeln. Die Auswahl an Modellen ist inzwischen groß. Was auch an den chinesischen Herstellern liegt, die auf den deutschen Markt drängen.

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Doch es ist nicht ausgemacht, dass das Elektroauto das Opfer seines eigenen Fortschritts wird. Denn immer mehr Hausbesitzer installieren Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern. Damit steigt der Anreiz, sich ein Elektroauto anzuschaffen und dieses mit dem selbst erzeugten Strom zu laden. Darüber hinaus können die Autos mit großen Akkus perspektivisch als Energiepuffer dienen, um das Stromnetz zu stabilisieren und in Zeiten eines hohen Angebots den Wind- oder Solarstrom zu nutzen.

Preisparität zwischen Elektroautos und Verbrennern absehbar

Entscheidender ist jedoch: Die Preisparität zwischen Elektroautos und Verbrennern dürfte bald erreicht sein. Das ist in China schon der Fall und liegt an günstigeren Akkus auf Basis von Lithium-Eisenphosphat (LFP) oder Natrium-Ionen-Batterien. Wegen der steigenden CO2-Steuer steigt der Spritpreis kontinuierlich an. Der starke Ausbau der Erneuerbaren und die Nutzung eigenen Solarstroms dürften den Strompreis hingegen sinken lassen. Die Zeit läuft daher für das Elektroauto.

Für einen jahrzehntelangen Hoffnungsträger läuft die Zeit hingegen ab. Das Wasserstoffauto mit Brennstoffzellenantrieb hat die Erwartungen bislang nicht erfüllen können. Aktuell halten nur Opel sowie BMW in einer Kooperation mit Toyota an der Technik fest. Wer sich den BMW-Prototypen, den iX5 Hydrogen, genauer anschaut, kann die Zurückhaltung der anderen Hersteller nachvollziehen.

Schlecht ausgebaute Infrastruktur für die Wasserstoff-Technik

Im Wagen steckt ein Aggregat, das sich in der Größe kaum von einem Verbrennermotor unterscheidet. In einer Brennstoffzelle wird aus Wasserstoff und Sauerstoff Strom erzeugt, der in einem Akku gespeichert wird oder direkt in den Elektroantrieb fließt. In zwei Drucktanks speichert BMW sechs Kilogramm Wasserstoff. Das soll über die gesamte Lebenszeit des Autos 500 km Reichweite garantieren.

Abgesehen davon, dass solche Reichweiten inzwischen schon bei elektrischen Mittelklassewagen zur Verfügung stehen, ist die Infrastruktur bei Wasserstoff schlecht ausgebaut. Die Zahl der Wasserstofftankstellen ist in Deutschland sogar von knapp 100 auf 90 gesunken. Da Wasserstoff ein sehr flüchtiges Gas ist, muss es in Autos unter einem Druck von 700 bar gespeichert werden. Das stellt hohe Anforderungen an die Ladeinfrastruktur. Da bundesweit nicht einmal 2.500 Brennstoffzellenautos zugelassen sind, lohnen sich die Investitionen kaum.

Startschuss für den Aufbau eines Lkw-Schnellladenetzes an Autobahnen

Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass für die Produktion des Gases viel Energie benötigt wird. Studien zufolge benötigen Brennstoffzellenautos 54 kWh pro 100 km. Das ist drei Mal so viel wie bei einem batteriebetriebenen Elektroauto. Zudem wird der Wasserstoff künftig vor allem in der Industrie gebraucht, um energiehungrige Prozesse in der Stahl- und Chemieindustrie zu dekarbonisieren.

Selbst Lkw-Hersteller setzen eher auf Batterieantrieb als auf die Brennstoffzelle. Inzwischen sind Ladeleistungen von 1.000 Kilowatt möglich. Die Bundesregierung gab Anfang Juli den Startschuss zum Aufbau eines Lkw-Schnellladenetzes an Autobahnen. Einer Studie des Fraunhofer-Instituts System- und Innovationsforschung (ISI) zufolge stellt der batterieelektrische Lkw die Technik mit den höchsten Erfolgsaussichten dar, um Diesel-Lkw zu ersetzen.

Kraftstoffe aus klimaneutral hergestellten E-Fuels

Das Problem hoher Preise betrifft auch die Herstellung synthetischer Kraftstoffe, E-Fuels genannt. Vor allem Deutschland setzte sich auf EU-Ebene dafür ein, dass Neuwagen nach dem Jahr 2035 noch zugelassen werden können, wenn sie nachweislich mit klimaneutral hergestellten E-Fuels betrieben werden. Damit will etwa die FDP sicherstellen, dass in zehn Jahren noch herkömmliche Verbrenner produziert und verkauft werden können. "Technologieoffenheit" heißt das Schlagwort.

Synthetische Kraftstoffe werden aus Wasser und Kohlendioxid sowie Strom aus erneuerbaren Quellen hergestellt. Wird dafür Kohlendioxid aus der Luft genommen, sind sie CO2-neutral. Stickoxide, Kohlenmonoxid und Feinstaub werden jedoch im Betrieb weiter freigesetzt.

Zudem ist die Herstellung von synthetischem Treibstoff energieintensiv. Um einen Liter zu erzeugen, werden 18 bis 27 Kilowattstunden Strom benötigt. Damit fährt ein sparsames Elektroauto 100 bis 150 km weit. Es wäre daher deutlich effizienter, mit dem Strom eine Batterie zu laden.

E-Fuels könnten noch 2050 deutlich teuer sein als herkömmliches Kerosin

Hinzu kommen hohe Herstellungskosten. Nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft Bain könnten E-Fuels noch im Jahr 2050 zwei bis vier Mal so teuer wie herkömmliches Kerosin sein. Dabei sollen vor allem Luft- und Schifffahrt synthetische Kraftstoffe nutzen, weil die Antriebe nicht ohne weiters auf Batteriespeicher umgestellt werden können. So forderte das Fraunhofer ISI, dass E-Fuels gerade nicht für Autos eingesetzt werden sollten.

Selbst der Verband der Automobilindustrie (VDA) sieht den Einsatz von E-Fuels vor allem als Möglichkeit, die Bestandsflotte klimaneutral zu betreiben, denn es ist absehbar, dass 2035 noch Millionen Verbrenner auf den Straßen unterwegs sein werden.

Kraftstoff aus Wasserstoff-behandelten Pflanzenölen und Fettresten

Um Klimaneutralität zu erreichen, können Kraftstoffe auch aus Biomasse gewonnen werden. Seit Mai 2024 darf in Deutschland der sogenannte HVO100-Diesel verkauft werden. Der Kraftstoff aus Wasserstoff-behandelten Pflanzenölen und Fettresten soll den CO2-Ausstoß von Dieselfahrzeugen um bis zu 90 Prozent senken (Well-to-Wheel).

In skandinavischen Ländern und den USA machen HVO-Beimischungen bereits einen großen Anteil am Diesel-Markt aus. Dabei unterscheidet sich HVO chemisch von Biodiesel, der ohne Wasserstoff gewonnen wird. Da der Wasserstoff für die HVO-Produktion noch nicht aus erneuerbaren Energien stammt, verschlechtert sich die Klimabilanz des Treibstoffs.

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Zudem besteht HVO-Kraftstoff oder Biodiesel nicht größtenteils aus altem Pflanzenöl. In Deutschland genutzter Biodiesel wird Experten zufolge zu 70 Prozent aus Rapsöl und zu 25 Prozent aus Abfall und Reststoffen gewonnen, HVO hingegen zu 100 Prozent aus Palmöl, das hauptsächlich aus Asien stammt.

Synthetische Kraftstoffe für Flugzeuge und Schiffe

Zwar fördert die Bundesregierung seit 2023 keine Biokraftstoffe aus Palmöl mehr, doch das macht die Nutzung heimischer Energiepflanzen nicht effizienter. Kritikern zufolge kann Photovoltaik im Vergleich zu Raps auf derselben Fläche mehr als 100-mal so viel Energie für Fahrzeuge liefern.

Es erscheint daher sinnvoll, auf effiziente E-Autos umzusteigen. Für Flugzeuge und Schiffe dürften jedoch synthetische Kraftstoffe wegen ihrer höheren Energiedichte unersetzlich sein. Auch die Bestandsflotte benötigt solche Kraftstoffe für eine bessere Klimabilanz. Doch deren Produktion kann den Bedarf noch nicht decken. Der Preis der E-Fuels könnte deutlich über den aktuellen Spritpreisen liegen.

Der Autor ist Redakteur bei Golem.de

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