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Gastkommentare : Sind Elektroautos die Zukunft? Ein Pro und Contra

Das E-Auto muss aus sich heraus wettbewerbsfähig werden, sagt Holger Appel. Marie Frank findet hingegen, es braucht radikalere Maßnahmen für eine Mobilitätswende.

17.07.2024
True 2024-07-26T14:39:25.7200Z
3 Min

Pro

Ja, aber nicht so!

Foto: Privat
Holger Appel
Holger Appel arbeitet bei der "Frankfurter Allgemeine Zeitung".
Foto: Privat

Der Gedanke, man könne ein Datum für das Ende der Zulassung neuer Personenwagen mit Verbrennungsmotor festlegen und de facto nur eine Technik für die Zukunft erzwingen, war von Anfang an naiv. Weiß doch schließlich alle Welt, dass von 2035 an nur Elektroautos in der EU zugelassen werden dürfen, werden Komponenten, Materialien, Zulieferungen, einfach alles rund um diese Technik teurer. Nicht irgendwann, sondern sofort. Die Versorgung mit Rohstoffen schwenkt um, die Gefahr ist offensichtlich. China kontrolliert 75 Prozent der Batterieherstellung und 90 Prozent der Gewinnung von Lithium.

Damit das Elektroauto nicht nur auf dem Papier, sondern tatsächlich CO2-neutral fährt, braucht es eine vollständig regenerative Stromproduktion, die aber liegt in weiter Ferne. Die Menschen erkennen das, und sie sind nicht bereit, für ein Auto, das ihnen im Alltag weniger Flexibilität bietet, mehr zu bezahlen. An die Stelle des Verbrennerverbots gehört eine Verringerung des Schadstoffausstoßes in berechenbarer Kontinuität. Das Wie gehört in die Hände der Ingenieure und Unternehmer, nicht auf den grünen Tisch der Politik.

Ein Hebel liegt zudem in der Bestandsflotte, die, mit E-Fuels betrieben, auf einen Schlag den Umweltschutz deutlich verbessern könnte. Es gibt immer auch eine wirtschaftliche Komponente. Das Elektroauto ist heute nur mit Subvention halbwegs marktfähig. Es muss aber aus sich heraus wettbewerbsfähig werden. Die industrielle Basis wackelt, wenn politischer Wunsch und des Bürgers Wirklichkeit nicht zusammenpassen. Es ist höchste Zeit für eine technologieoffene Revision. Wahrscheinlich sind E-Autos die Zukunft, aber lassen wir die entlang sinnvoller Leitplanken den Markt richten, er kann das besser als Brüssel.

Contra

Mit ihren unökologischen und menschenunwürdigen Produktionsbedingungen sind E-Autos keine Lösung

Foto: taz
Marie Frank
Marie Fank ist bei "Die Tageszeitung, taz" tätig.
Foto: taz

Alle wissen es: Die Welt steuert auf eine Klimakatastrophe zu. Wenn wir so weiterleben und produzieren wie bisher, wird es über kurz oder lang keinen lebenswerten Planeten mehr geben. Ebenso unumstritten ist: Die bisherigen Klimaschutzmaßnahmen reichen bei weitem nicht aus. Das liegt vor allem daran, dass Wirtschaftsinteressen vor ökologische und humanitäre Belange gestellt werden. Die mächtige Automobil- und Öl-Industrie torpediert erfolgreich jede Klimaschutzmaßnahme, die ihre Gewinne schmälern könnte.

Obwohl der Verkehr der einzige Bereich ist, in dem die Treibhausgasemissionen zugenommen haben und er ein Viertel des europäischen CO2-Ausstoßes verursacht, wird darüber diskutiert, das Aus für den Verbrennermotor ab dem Jahr 2035 zu kippen. Dabei ist die Maßnahme durch die Ausnahme für E-Fuels mit ihrer mehr als fragwürdigen Umweltbilanz bereits jetzt stark verwässert und kommt viel zu spät. Das ist schlicht verantwortungslos.

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Statt am Verbrenner-Aus zu rütteln, müsste die Politik sehr viel radikalere Maßnahmen ergreifen, um die Mobilitätswende einzuleiten: autofreie Innenstädte, ein Verbot von Inlandsflügen, massiver Ausbau des ÖPNV, Schluss mit sinnlosen Transporten, um billiger zu produzieren. Das ist nicht populär, aber notwendig. Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass nicht jede*r ein oder sogar mehrere Autos besitzen kann - egal ob mit oder ohne Benzin. E-Autos mit ihren unökologischen und menschenunwürdigen Produktionsbedingungen sind keine Lösung. Wenn wir wollen, dass Städte lebenswert sind und die Erde bewohnbar bleibt, muss der motorisierte Individualverkehr der Vergangenheit angehören.