Piwik Webtracking Image

Foto: picture alliance/dpa/Marijan Murat
Verkehrsexperten rechnen mit einem großen Ansturm auf das Neun-Euro-Ticket und deutlich volleren Nahverkehrszügen.

Verkehr : Teures Experiment für drei Monate

Bundestag und Bundesrat billigen das Neun-Euro-Ticket für den ÖPNV. Doch die Länder kritisieren, die vom Bund bereitgestellten 2,5 Milliarden Euro reichten nicht.

23.05.2022
True 2024-08-15T11:56:13.7200Z
2 Min

Ab dieser Woche beginnt bundesweit der Verkauf des Neun-Euro-Tickets. Von Juni bis August kann mit diesem Ticket der gesamte öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in Deutschland für neun Euro pro Monat genutzt werden. Ende vergangener Woche billigten sowohl der Bundestag als auch der Bundesrat das Vorhaben. Vor allem aus den Ländern war bis zuletzt Kritik am Neun-Euro-Ticket geübt worden. Die vom Bund bereitgestellten 2,5 Milliarden Euro reichten nicht aus, um die Einnahmeverluste auszugleichen, monierten sie. Das Ticket ist wie die befristete Senkung der Energiesteuer auf Benzin und Diesel Teil des Entlastungspakets, das die Bundesregierung angesichts stark steigender Energie- und Lebensmittelpreise aufgelegt hat.

Neun-Euro-Ticket verabschiedet

Nachdem der Bundestag am vergangenen Donnerstag den von den Regierungsfraktionen der SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP vorgelegten Gesetzentwurf gegen das Votum der Unions- und der AfD-Fraktion bei Zustimmung der Linksfraktion verabschiedet hatte, stimmte am Freitag schließlich auch der Bundesrat trotz vieler Bedenken zu.


„Wo jetzt kaum ein Bus fährt, fährt von Juni bis August kein einziger Bus zusätzlich“
Michael Donth (CDU)

Zugleich verabschiedete die Länderkammer allerdings einen von Bremen, Mecklenburg Vorpommern und dem Saarland eingebrachten Antrag, in dem die Länder darauf hinweisen, dass die vom Bund bereitgestellten 2,5 Milliarden Euro "möglicherweise" für die Finanzierung nicht ausreichen. "Der Bundesrat erwartet, dass der Bund das Prognoserisiko für die Ticketkosten nicht den Ländern und Verkehrsunternehmen überlässt, sondern (mit einer Nachschusspflicht) selbst übernimmt, wenn die erwarteten Einnahmeausfälle höher ausfallen als bisher prognostiziert." Rechtlich bindend ist dies für den Bund allerdings nicht.

Angebot für Umstieg auf ÖPNV

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) ergriff sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat das Wort, um nachdrücklich für das Neun-Euro-Ticket zu werben. Dieses diene nicht nur der finanziellen Entlastung der Bürger, sondern sei auch eine "Riesenchance" herauszufinden, ob und wie viele Autofahrer bei einem preisgünstigen Angebot auf den klimafreundlichen ÖPNV umsteigen. Doch genau dies bezweifeln die Kritiker des Neun-Euro-Ticket. Der Personennahverkehr brauche vor allem ein besseres Angebot, insbesondere dichtere Takte in den ländlichen Regionen, um die Menschen zu überzeugen, argumentierten Union und AfD übereinstimmend. "Wo jetzt kaum ein Bus fährt, fährt von Juni bis August kein einziger Bus zusätzlich, trotz der 2,5 Milliarden Euro Steuermehrausgaben", befand der CDU-Abgeordnete Michael Donth. Und Wolfgang Wiehle (AfD) warf der Koalition vor, mit dem Neun-Euro-Ticket "eigroße Party" zu entfachen. "auf die ein heftiger Kater folgen wird. Kopfschmerzen werden nicht nur die Berufspendler haben, die wegen überfüllter Züge zu spät zur Arbeit kommen." Auf touristisch attraktive Ziele käme ein "schwerverdaulichen Massenansturm" zu, prognostizierte Wiehle.

Mehr zum Thema

Mehr zum Thema Die Fahrscheine bitte
Debatte um das Neun-Euro-Ticket: Die Fahrscheine bitte

Abgeordnete von SPD, Grünen und FDP räumten dies Probleme auch ein. Doch die Ampel werde die Regionalisierungsmittel für den ÖPNV in den kommenden Jahren deutlich erhöhen, um die Verkehrswende voranzubringen. Mit der Gesetzesvorlage erhielten die Länder neben den 2,5 Milliarden Euro weitere 1,2 Milliarden Euro zusätzlich für pandemiebedingte Einnahmeausfälle in diesem Jahr.

Die Linke wiederum hätte das Neun-Euro-Ticket am liebsten gleich bis Jahresende ausgeweitet. Ihr Antrag wurde jedoch von allen anderen Fraktionen abgelehnt.