Digitale Infrastruktur : Wissing sieht Deutschland "auf der Überholspur"
Allen Sparzwängen zum Trotz wächst der Einzelplan 12 um 5,44 Milliarden Euro. Vorangehen soll es beim Ausbau der Schieneninfrastruktur und dem Breitbandausbau.
Trotz aller Sparzwänge ist der Etat für Verkehr und Digitales gewachsen. Statt den von der Bundesregierung in ihrem Haushaltsentwurf für 2024 geplanten 38,7 Milliarden Euro, stehen dem zuständigen Minister Volker Wissing (FDP) in diesem Jahr 44,15 Milliarden Euro zur Verfügung; ein Plus von 5,44 Milliarden Euro. Erheblich ist auch der Anstieg bei den Verpflichtungsermächtigungen: Statt 32,76 Milliarden Euro können 46,87 Milliarden Euro in den kommenden Jahren ausgegeben werden.
Schwerpunkt des Etats ist die Schiene: "Bis 2027 stehen für die Schiene im Einzelplan 12 rund 11,5 Milliarden Euro mehr bereit als bisher", freute sich der Verkehrsminister bei der abschließenden Beratung am Dienstag. Zusätzlich gehen bis 2029 im Rahmen einer Eigenkapitalerhöhung 20 Milliarden Euro in die Schieneninfrastruktur der Deutschen Bahn.
Schwerpunkt des Verkehrsetats ist die Schiene: Bis 2027 stehen 11,5 Milliarden Euro mehr bereit als geplant.
"Wir investieren ohne Ende", konstatierte der SPD-Haushälter Metin Hakverdi, und auch Florian Oßner (CSU) gelangte zu der Feststellung, dass wachsende Ausgaben im Verkehrsbereich im Grunde nicht schlecht klängen. Aber: Der Anstieg gehe vor allem auf die Erhöhung des Eigenkapitals der DB AG zurück, so Oßner. Wenn 4,4 Milliarden Euro ins Eigenkapital der Bahn gehen, ohne direkten Verwendungsnachweis, sei aber kein einziger Schienenkilometer gebaut. Besser wäre es aus seiner Sicht gewesen, das Geld direkt in die Ausbau- und Sanierungsprojekte zu geben.
Liberale wollen Öffentlich-Private-Partnerschaften voranbringen
18 Milliarden Euro würden für die Schiene bereitgestellt, was auch bitter nötig sei, wie Hakverdi befand. "Wenn wir die Unzuverlässigkeit der Bahn, den Service, die Kapazität in den nächsten Jahren in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir jetzt investieren." Dieses hohe Investitionsniveau müsse beibehalten werden. "Nichts darf uns davon abhalten, auch nicht die Schuldenbremse", sagte Hakverdi.
Die Schuldenbremse als Investitionshemmnis? Koalitionskollege Frank Schäffler (FDP) sah das ganz anders. Dieser Haushalt zeige, "die Schuldenbremse führt dazu, dass die Investitionen ansteigen". Es gelte die Schuldenbremse hart einzuhalten, "damit am Ende auch wirklich Prioritäten gesetzt werden". Eine Priorität sieht der FDP-Abgeordnete darin, privates Kapital zu aktivieren. Dafür müssten im Verkehrssektor ÖPP-Projekte (Öffentlich-Private-Partnerschaften) vorangebracht werden, sagte er - wissend, dass das bei den Koalitionspartnern ganz anders gesehen wird.
Florian Müller (CDU) griff diesen Widerspruch innerhalb der Koalition auf und erkundigte sich bei Hakverdi mittels einer Zwischenfrage, ob denn nun auch die Sozialdemokraten ÖPP-Projekte unterstützen, "um die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland weiterhin voranzutreiben". Ein klares Ja oder Nein gab es dazu vom SPD-Abgeordneten nicht zu hören. Immerhin aber seinen Hinweis, dass es sich dabei um "90er-Jahre-Experimente" handle.
Sind sich SPD, Grüne und FDP beim Thema Schuldenbremse und ÖPP auch nicht einig - wer für die desaströsen Zustände bei der Bahn und den Autobahnbrücken verantwortlich ist, glauben sie zu wissen: Der Investitionsstau habe sich unter unionsgeführten Bundesregierungen gebildet, sagte Paula Piechotta (Grüne). "Die fehlenden Investitionen, die bei Ihnen in den letzten Jahren ausgeblieben sind, verursachen die ganzen Verspätungen", machte FDP-Mann Schäffler in Richtung Union deutlich.
Grüne: Preisstabilität beim Deutschlandticket ist ein großer Erfolg
Über die Zukunft des Deutschlandtickets, "das den ÖPNV und den Verkehrssektor revolutioniert hat", sprach Nyke Slawik (Grüne). Es sei eine große Errungenschaft dieses Haushalts, "dass wir uns mit den Bundesländern auf Preisstabilität beim Deutschlandticket geeinigt haben". Das Ticket werde in diesem Jahr nicht teurer, kündigte sie an.
Bei Nadine Schön (CDU) hält sich die Begeisterung darüber in Grenzen. Für den ländlichen Raum sei der Mehrwert "mehr als bescheiden". Viele Menschen dort fragten sich, warum sie mit ihren Steuergeldern die Infrastruktur von Menschen, die vor allem im städtischen Raum leben, finanzieren sollen.
Eine Entschuldigung in Richtung Güterverkehrsbranche gab es von Isabel Cademartori (SPD). Es sei nicht gelungen, das Förderprogramm für alternative Antriebe bei Lkw und Bussen aufzustocken, bedauerte sie. Diese "schmerzhaften Einsparungen" seien Folge des Verfassungsgerichtsurteils aus dem November. Damit reichte die SPD-Abgeordnete die Verantwortung an die Union weiter, die das Urteil seinerzeit erstritten hatte.
Digitale Infrastruktur: Mehr Mittel für den flächendeckenden Breitbandausbau
Ein weiterer Schwerpunkt der Debatte war das Thema Digitalisierung. Ein dickes Plus brachten die Haushaltsberatungen für den Titel "Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus". 1,28 Milliarden Euro mehr als von der Regierung für 2024 geplant und 3,83 Milliarden Euro mehr als in den Verpflichtungsermächtigungen ursprünglich vorgesehen, stehen zur Verfügung. "Wir sind auf der Überholspur, was digitale Infrastruktur angeht", urteilte daher Digitalminister Wissing.
Die AfD hingegen sieht Deutschland nach wie vor in der "digitalen Wüste". Grund dafür ist laut Barbara Benkstein auch die "Geldverschwendung für kuriose Projekte mit Digitalbezug in anderen Ländern". Den laut Benkstein im Haushalt enthaltenen 58 Millionen Euro für innovative Anwendungen im Bereich KI, stünden beispielsweise die Bezuschussung des Gesundheitssektors Usbekistans mit gut 53,5 Millionen Euro und die digitale Transformation Westafrikas mit gut 16 Millionen Euro gegenüber. "Haben Sie Deutschland in der Digitalisierung schon so fit gemacht, dass Sie nun die digitale Infrastruktur anderer Länder mit aufbauen können?", fragte die AfD-Abgeordnete.