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Die schlaue Stadt : Was macht eine smarte City smart?

Es gibt viele Fördermittel für die Digitalisierung der Städte - aber auch viele offene Fragen.

24.04.2023
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5 Min
Foto: picture-alliance/dpa/BELGA/Benoit Doppagne

Im Maschinenraum der "Smart City": Die koreanische Stadt Songdo gilt als Musterbeispiel für urbane Digitalisierung.

Da ist zum Beispiel Kassel. Wenn ältere Menschen in der nordhessischen Großstadt Unterstützung im Alltag benötigen, sollen sie in Zukunft auch digitale Unterstützung erhalten. MobiBus heißt das entsprechende Projekt, das Senioren den Zugang zu intelligenten Assistenzsystemen und Smart-Home-Technologien ermöglichen soll.

Da ist aber auch, um ein anderes Beispiel zu nennen, der Kreis Coesfeld (Nordrhein-Westfalen): Seit 2022 testet er, wie wohnortnahe Coworking Spaces dazu beitragen können, den ländlichen Raum für Berufstätige attraktiver zu machen.

Die Stadt Kassel und der Kreis Coesfeld sind Teil der Smart-City-Initiative der Bundesregierung

Was die Stadt Kassel und den Kreis Coesfeld sowie ihre Projekte verbindet: Beide sind Teil der Smart-City-Initiative der Bundesregierung, über die der Bundestag vergangene Woche debattiert hat.

Während Kassel als eine von 73 Kommunen für das vom Bundesbauministerium getragene Bundesförderprogramm "Modellprojekte Smart Cities" ausgewählt wurde, beteiligt sich der Landkreis Coesfeld am Modellvorhaben "Smarte.Land.Regionen", das beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft angesiedelt ist und 20 Landkreise bei der Entwicklung und Umsetzung digitaler Lösungen im ländlichen Raum unterstützt. Ausgestattet sind die beiden Programme mit 820 beziehungsweise 25 Millionen Euro.

Was ist eine Smart City überhaupt?

Nur: Was ist eine Smart City (also wörtlich eine kluge Stadt) überhaupt? "Eine Smart City oder Smart Region ist eine Stadt beziehungsweise eine ländlich geprägte Region, die die Potenziale der Digitalisierung nutzt, um moderner und lebenswerter zu werden", lautet die Definition des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering (IESE).

Und für den Technologiekonzern Siemens "nutzen intelligente Städte die Digitalisierung, um zukunftsfähige, sich selbst optimierende und nachhaltige städtische Gemeinschaften zu schaffen, in denen Menschen gerne leben, arbeiten und lernen".

Prozesse und Dienstleistungen immer weiter verbessern

Schon diese beiden Begriffsklärungen lassen erahnen, dass Smart Cities und Smart Regions ein weites Feld sind. Noch deutlicher wird das bei den "Leitlinien für Smart Cities", die in der 2017 vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) herausgegebenen "Smart City Charta" festgelegt sind.

Demnach ist eine Smart City unter anderem "lebenswert und liebenswert", "partizipativ und inklusiv", "klimaneutral und ressourceneffizient", "aufgeschlossen und innovativ" sowie "responsiv und sensitiv". Letzteres bedeutet, dass eine Gemeinde Sensorik und Daten nutzt, um kommunale Prozesse und Dienstleistungen stetig zu verbessern.

Ganze Städte sind nach dem Konzept der Smart City entwickelt worden

Tatsächlich ist das internationale Konzept der Smart City seit der Jahrtausendwende maßgeblich von Technologiekonzernen wie IBM, Cisco und Siemens entwickelt worden. Die Idee dahinter: Die Erfassung und die Auswertung von Daten sollen es ermöglichen, beispielsweise den öffentlichen Personennahverkehr zu optimieren, die Kosten für die städtische Beleuchtung zu reduzieren und die Bürger vor Verbrechen zu schützen.

Selbst ganze Städte, die am Reißbrett geplant worden sind (oft genannt werden Songdo in Korea und Masdar City in Abu Dhabi), sind nach dem Konzept der Smart City entwickelt worden.


„Viele Kommunen machen sich auf den Weg, die digitalen Angebote zu nutzen, um ihre Verwaltung bürgernah zu machen, den ÖPNV auszubauen oder die regionale Wirtschaft zu stärken. “
Klara Geywitz (SPD), Bundesbauministerin

Allerdings geht es - die beiden eingangs erwähnten Beispiele aus Kassel und dem Kreis Coesfeld zeigen es - auch eine Nummer kleiner. "Viele Kommunen machen sich auf den Weg, die digitalen Angebote zu nutzen, um ihre Verwaltung bürgernah zu machen, den ÖPNV auszubauen oder die regionale Wirtschaft zu stärken", sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) im vergangenen Oktober auf der Smart Country Convention, einer Kongressmesse zur Digitalisierung des öffentlichen Sektors.

Die durch das Förderprogramm "Modellprojekte Smart Cities" angeregten Projekte hätten in den vergangenen Jahren bereits viele gute Ideen entwickelt, erklärte die Ministerin weiter. Wichtig sei jetzt, "dass die guten Ideen, die sich in der Praxis bewährt haben, auch von anderen Kommunen genutzt werden".

Bitkom sieht deutliche Verbesserungen

Folgt man dem Branchenverband Bitkom, der die Interessen der deutschen Digitalwirtschaft vertritt, so scheint das nicht schlecht zu klappen. Bitkom ermittelt jährlich den "Smart City Index", der die Großstädte in Bezug auf ihre Digitalisierungsfortschritte unter die Lupe nimmt. Dabei zeigten sich deutliche Verbesserungen, stellte Bitkom-Präsident Achim Berg bei der Präsentation des im September veröffentlichten "Smart City Index" 2022 fest. "Keine Stadt ist bei der Digitalisierung im Vergleich zum Vorjahr zurückgefallen", sagte Berg. "Smarteste" deutsche Stadt ist demnach Hamburg, gefolgt von München und Dresden. Bewertet wurden dabei die fünf Themenbereiche Verwaltung, IT und Kommunikation, Energie und Umwelt, Mobilität sowie Gesellschaft. Insgesamt umfassen diese Bereiche 133 Parameter, die von Online-Bürgerservices über Sharing-Angebote und Umweltsensorik bis zu Breitbandverfügbarkeit reichen.

Kritik: Smart City dient vor allem den Technologiekonzernen

Genau diese Vielfalt an Themen ist ein Punkt, der Kritiker am Smart-City-Konzept stört. "Was eine Smart City eigentlich genau ist, weiß niemand so richtig", konstatierte Anke Strüver, Professorin für Humangeographie an der Universität Graz, in einem Interview mit der "tageszeitung".

Schon 2013 hatte der US-Autor Adam Greenfield seine Streitschrift "Against The Smart City" ("Gegen die Smart City") veröffentlicht, in der er die These vertrat, die Smart City diene in erster Linie den Interessen großer Technologiekonzerne, die dort ihre Produkte und Dienste verkaufen wollten.

Entscheidend sind die Menschen

Entscheidend sei es, so die mahnenden Stimmen, die Menschen nicht zu vergessen. Oder, um noch einmal das Fraunhofer-Institut zu zitieren: Im Mittelpunkt einer Smart City oder einer Smart Region müssten das soziale Zusammenleben und die Partizipation der Bürger stehen. Auf einen anderen heiklen Punkt weist das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hin. Es sei wichtig, mögliche Risiken der zunehmenden Digitalisierung von Daten und Entscheidungsprozessen zu berücksichtigen, heißt es in der Studie "Resilienz in der Smart City", die das Difu im März dieses Jahres im Rahmen der Begleitforschung des Programms "Modellprojekte Smart Cities" vorgelegt hat.

Die Digitalisierung eröffne Kommunen vielfältige Möglichkeiten, um die urbane Resilienz zu stärken, halten die Autoren fest - etwa durch ein verbessertes Echtzeit-Monitoring von Umwelt- und Wetterdaten. Digitalisierung könne die Resilienz eines urbanen Systems jedoch auch gefährden, beispielsweise durch Cyberattacken auf städtische Infrastrukturen.

Konkrete Auswirkungen für die Bürger?

Für die Bürger hat die Smart City auch ganz praktische Auswirkungen. Einer konkreten Frage ist der Digitalverband Bitkom nachgegangen: Welche Behördengänge können digital abgewickelt werden? Die Ergebnisse sind ernüchternd: Zwar lassen 91 Prozent der untersuchten Großstädte eine digitale Kfz-Zulassung zu, und 95 Prozent ermöglichen eine Online-Terminvergabe beim Bürgeramt.

Auf der anderen Seite haben nur 17 Prozent der Großstädte die Voraussetzungen dafür geschaffen, um einen Umzug innerhalb der Stadt online anzumelden. Und sogar nur in zehn Prozent können Baugenehmigungsverfahren komplett digital durchgeführt werden.

Welche weiteren konkreten Möglichkeiten die Smart City bietet, verdeutlichte Bundesbauministerin Geywitz auf der Smart Country Convention anhand eines Beispiels aus Hamburg: Dort suchten Menschen mit schweren körperlichen Einschränkungen und ihre Betreuungskräfte den Stadtraum nach Hindernissen ab, die vielen Personen gar nicht auffallen würden. "Diese Hindernisse wurden dann in den Digitalen Zwilling der Stadt eingetragen", führte Geywitz aus. "Somit können diese Daten nun bei allen zukünftigen Planungen berücksichtigt werden, um den öffentlichen Raum barrierefreier zu gestalten."