Auswärtiger Etat 2024 : Baerbocks Hader mit der Bremse
Das Auswärtige Amt soll bei der humanitären Hilfe sparen. "Schmerzhaft" findet das die Ministerin. Die Opposition geht aus anderen Gründen mit ihr ins Gericht.
Kürzungen in Höhe von insgesamt 1,3 Milliarden Euro, Einschnitte bei humanitärer Hilfe und Krisenprävention: Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte am Mittwoch bei der ersten Beratung ihres Etats für das kommende Jahr keinen Hehl daraus, dass dies gerade mit Blick auf die "Lage, in der ein Krieg in Europa tobt" auch aus ihrer Sicht "schmerzhaft" sei. "Wir können uns die Schuldenbremse nicht wegwünschen. Trotz der Zeitenwende, so ehrlich müssen wir sein, gibt es schlichtweg hier im gesamten Deutschen Bundestag nicht die nötige parlamentarische Zwei-Drittel-Mehrheit, um das zu ändern." Es gelte nun, "pragmatisch und zielgerichtet" mit diesen Rahmenbedingungen zu arbeiten, sagte Baerbock und nannte als Schwerpunkte unter anderem die Fortsetzung der Unterstützung der Ukraine, Investitionen in globale Partnerschaften und ein trotz Kürzungen weiterhin schlagkräftiges Budget für die humanitäre Hilfe.
CDU kritisiert zu späte Waffenlieferungen an Ukraine
Hart ins Gericht ging Johann David Wadephul (CDU) mit der Koalition in Sachen Bundeswehr: Es sei völlig unklar, woher die geplanten 30 Milliarden Euro mehr für die Truppe in wenigen Jahren herkommen sollen. "Sie arbeiten mit ungedeckten Schecks und das ist unverantwortlich." Wadephul kritisierte die Bundesregierung zudem dafür, dass sie zu spät Waffen an die Ukraine geliefert habe. "Das hat es den Russen ermöglicht, sich einzugraben und alles zu verminen, und darunter leidet jetzt die Ukraine in ihrer Kriegsführung." Auch im Falle des Abzugs der Bundeswehr aus Mali habe die Koalition Warnungen in den Wind geschlagen und stehe nun vor dem "Trümmerhaufen" ihrer Sahel-Politik.
Wiebke Papenbrock (SPD) erinnerte an die schnelle Nothilfe Deutschlands nach dem schweren Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar: Das sei Teil deutscher Außenpolitik und zeige, "dass wir sehr schnell reagieren können und dass wir da sind, wenn es darauf ankommt." Auch wenn der Etat des Auswärtigen Amtes im kommenden Jahr voraussichtlich kleiner ausfalle, sei klar: "Deutschland war immer verlässlich und wird es auch bleiben." Als Schwerpunkte für die weiteren Haushaltsberatungen nannte Papenbrock unter anderem die Digitalisierung - etwa bei Krisenfrüherkennung und der Visavergabe - sowie die Förderung der deutschen Sprache im Rahmen der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik.
AfD warnt vor Schäden durch Russland-Sanktionen
Michael Espendiller (AfD) lenkte den Blick auf anhaltend hohe Energie- und Lebensmittelpreise hierzulande, die auch eine Folge der deutschen Außenpolitik seien. Die Sanktionen wegen des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine schadeten nicht Russland, "sondern uns selbst, unserem Land, unserem Industriestandort und unserem Wohlstand". Selbst die EU-Partner würden nun "mehr und mehr ihr eigenes Ding machen", sagte Espendiller. So seien Spanien und Belgien nach China die größten Importeure von russischem LNG - trotz Sanktionen. "Da geht sie hin, Ihre Solidarität in der EU." Ab jetzt heiße es offenbar: Rette sich wer kann.
Michael Georg Link (FDP) forderte deutlichere Anstrengungen, "damit die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt". Der Faktor Zeit sei hier entscheidend - ebenso wie zusätzliche Waffenlieferungen wie die des Marschflugkörpers Taurus. Mit Sorge blickte Link zudem auf die Erweiterung der BRICS-Staatengruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika), die zwar nicht homogen sei, sich aber in eine "echte Gegenorganisation gegen die G7, gegen den Westen" entwickeln könnte. Es müsse um eine noch kooperativere Außenpolitik gehen, um weniger Staaten der Einflussnahme aus China und Russland zu überlassen, sagte Link. Das werde aber nicht funktionieren, wenn "wir nur belehrend auftreten".
Gysi spricht von "Moralismus der Nato"
Gregor Gysi (Die Linke) unterstrich, dass es kein Zufall sei, dass BRICS Zulauf bekomme. Schon mit dieser ersten Erweiterung um sechs Staaten entstehe ein Bündnis mit mehr als der Hälfte der Weltbevölkerung. "Diese Länder wollen keine Vasallen der USA sein." Sie könnten auch dem Moralismus der Nato, der EU, Bundesregierung und vor allem der USA nicht nachvollziehen, denn dieser Moralismus galt auch nicht im Falle des völkerrechtswidrigen Kriegs der Nato gegen Serbien und der Abtrennung des Kosovo und auch nicht im Fall des völkerrechtswidrigen Kriegs der USA und anderer gegen den Irak, so Gysi.
Mehr als 1,3 Milliarden Euro weniger an Ausgaben geplant
Das Auswärtige Amt soll laut Entwurf der Bundesregierung für den Bundeshaushalt 2024 im kommenden Jahr mit Ausgaben in Höhe von 6,16 Milliarden Euro planen können, das sind rund 1,32 Milliarden Euro weniger als im laufenden Jahr (7,48 Milliarden Euro). Das umfangreichste Kapitel im Einzelplan 05 ist die "Sicherung von Frieden und Stabilität", hierfür soll Baerbocks Ressort drei Milliarden Euro ausgeben können (2023: 4,39 Milliarden Euro). Davon entfallen 707,09 Millionen Euro auf Leistungen an die Vereinten Nationen und im internationalen Bereich (2023: 923,74 Millionen Euro). Größere Kürzungen sind auch bei der humanitären Hilfe und der Krisenprävention geplant, der Ansatz soll von 3,33 Milliarden Euro auf 2,2 Milliarden Euro schrumpfen, die Mittel für humanitäre Hilfe allein um rund 978 Millionen Euro.
Eine Milliarde Euro sollen für die Pflege der kulturellen Beziehungen zum Ausland bereitgestellt werden (2023: 1,07 Milliarden Euro). Ein Plus von 112,8 Millionen Euro sieht der Entwurf im Kapitel "Bundesministerium" vor: Eingeplant sind 1,73 Milliarden Euro (2023: 1,62 Milliarden Euro), hier schlagen unter anderem geplante IT-Dienstleistungen zu Buche.