Krieg in der Ukraine : Hilfen gegen russischen Bombenhagel
Im Juni stehen zwei Gipfeltreffen zum Ukraine-Krieg auf der Agenda: In Berlin geht es um den Wiederaufbau, in der Schweiz um eine Friedenslösung.
Gleitbomben auf Kraftwerke, Drohnenangriffe auf Umspannanlagen: Seit Monaten versucht Russland in seinem Krieg gegen die Ukraine den Druck auf das Nachbarland weiter zu erhöhen. Es geht offenkundig darum, die Zivilbevölkerung zu zermürben, den politischen Willen der Ukrainerinnen und Ukrainer zu brechen, sich gegen den seit dem 24. Februar 2022 andauernden russischen Großangriff zur Wehr zu setzen, so sah das Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zuletzt bei einem Besuch in der Ukraine.
Bei der Inaugenscheinnahme eines schwer beschädigten Kraftwerks in der Region Kiew warf Baerbock dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gezielten Terror gegen die Infrastruktur und die Zivilbevölkerung in der Ukraine vor. "Dass nach diesem Winter dieser Terror auf die Infrastruktur weitergeht, zeigt, dass der russische Präsident das Land zerstören will, hier das Leben der Menschen zerstören will."
34 Milliarden Euro aus Deutschland
Auf mittlerweile 400 Milliarden Euro schätzt der internationale Währungsfonds (IWF) die Kosten des Wiederaufbaus in der Ukraine. Dem stehen knapp 90 Milliarden Euro für militärische, humanitäre und finanzielle Unterstützung durch EU und europäische Geber gegenüber sowie 67 Milliarden Euro durch die USA, wie das Kiel Institut für Weltwirtschaft mit dem Stand für Ende Februar 2024 anführt. Deutschland hat nach Auskunft der Bundesregierung der Ukraine Hilfen im Gesamtwert von rund 34 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt – als humanitäre Unterstützung, direkte Zahlungen oder in Form von Waffen.
Doch gilt es auch, die ukrainische Wirtschaft im Auge zu behalten, die Aufrechterhaltung und Funktionsfähigkeit des öffentlichen Lebens und der Verwaltung, auch in jenen Landesteilen, die nicht unmittelbar unter dem Drohnen- und Raketenhagel aus Russland zu leiden haben. Eine in diesem Jahr von der Bundesregierung in Berlin ausgerichtete Wiederaufbaukonferenz (Ukraine Recovery Conference, URC 2024) soll dabei helfen: Mit ihr sollen um Investitionen in der Ukraine geworben und zum Beispiel privates Kapital mit staatlichen Investitionsgarantien mobilisiert werden. Die Konferenz am 10. und 11. Juni schließt an Veranstaltungen in den Vorjahren in Lugano und in London an.
Vier Dimensionen des Wiederaufbaus Thema in Berlin
Standen dort vor allem wirtschaftliche Hilfen im Vordergrund, soll es in Berlin nun um „vier Dimensionen des Wiederaufbaus“ gehen. Neben der genannten Investitionsoffensive betrifft das die Frage, wie sich Fachkräfte in der Ukraine ausbilden und halten lassen, es betrifft die Stärkung von Kommunen sowie als überwölbendes Thema den EU-Beitrittsprozess.
Doch dürfte die Konferenz in Berlin überschattet sein von der Frage, wie die Ukraine in diesen Tagen ihre Städte und kritischen Infrastrukturen schützen kann. Mit jedem russischen Angriff steigen die Wiederaufbaukosten beträchtlich. Die beste Investition für das Land sind deshalb rasche Hilfen für den Schutz von Kraftwerken, Strom- und Fernwärmeleitungen - so sieht das die Bundesregierung. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Außenministerin Baerbock richteten Mitte April einen dringlichen Appell an die Nato-Partner, in ihren Arsenalen nochmals nach Flugabwehrsystemen Ausschau zu halten. Deutschland selbst kündigte an, der Ukraine kurzfristig ein weiteres Abwehrsystem vom Typ Patriot und eines vom Typ Iris T zur Verfügung zu stellen. Andere westliche Unterstützer zögern bisher.
Völkerrechtlich verbrieftes Recht auf Verteidigung
Mit einer weiteren Entscheidung revidierte die Bundesregierung am vergangenen Freitag ihre bisherige Haltung. Bisher war die Nutzung von aus Deutschland gelieferten Waffen für Angriffe auf Ziele in Russland für die Ukraine tabu, nun gibt es einen Kurswechsel. „In den letzten Wochen hat Russlands insbesondere im Raum Charkiw von Stellungen aus dem unmittelbar angrenzenden russischen Grenzgebiet heraus Angriffe vorbereitet, koordiniert und ausgeführt“, erklärte Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Freitag in Berlin. Gemeinsam sei man der Überzeugung, dass die Ukraine das völkerrechtlich verbriefte Recht habe, sich gegen diese Angriffe zu wehren – in „Übereinstimmungen mit ihren internationalen rechtlichen Verpflichtungen“ auch durch den Einsatz der von Deutschland gelieferten Waffen.
Damit ist allerdings nicht die Frage beantwortet, wie sich dieser Krieg beenden lässt. Zwar hatte Russlands Präsident Putin im Mai erneut seine Verhandlungsbereitschaft herausgestellt. Allerdings müsse man dabei von den „Realitäten am Boden“ ausgehen. Soll heißen: Die Ukraine soll wie die restliche Welt die rechtwidrige Annexion ukrainischen Territoriums durch Russland hinnehmen, bevor verhandelt wird.
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Auf einer Mitte Juni auf Wunsch der Ukraine in der Schweiz anstehenden Gipfelkonferenz mit Delegationen aus rund 80 Ländern soll Bewegung in die festgefahrene Lage kommen. Die Ukraine hofft hier, neutrale oder mit Russland befreundete Länder von der Richtigkeit der eigenen Position zu überzeugen. Dazu zählt vor allem China, das allerdings zuletzt durchblicken ließ, dass es die Voraussetzungen für eine Teilnahme nicht erfüllt sieht. Die wichtigste: Eine Akzeptanz der Konferenz durch Russland und die Ukraine. Russland wird indes am 15. und 16. Juni keine Delegation in die Schweiz entsenden. Der Gipfel sei ein „Ball der Satanisten“, hieß es im Ersten Kanal des russischen Fernsehens. Warum der Verbündete China, der zu diesem Zeitpunkt eine Teilnahme in der Schweiz noch offenhielt, auch ein „Satanist“ sein könnte, bleibt ein Geheimnis der Logik russischer Propaganda.