Vorschau auf die Sitzungswoche : Darum geht es diese Woche im Bundestag
Regierungserklärung zur Sicherheitslage, politischer Islam, Auslandseinsätze der Bundeswehr und Europapolitik - das sind einige der Themen, die der Bundestag berät.
Inhalt
Am Mittwoch stehen Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) und Kanzleramts-Chef Wolfgang Schmidt (SPD) im Rahmen der Regierungsbefragung den Abgeordneten Rede und Antwort. Am gleichen Tag befasst sich das Parlament mit zwei Bundeswehr-Auslandseinsätzen (Bosnien und Herzegowina sowie Kosovo). Die Mandatsverlängerung für den Einsatz der Bundeswehr im Libanon wird am Freitag beraten.
Neu auf die Tagesordnung gesetzt wurde eine Regierungserklärung des Bundeskanzlers „zur aktuellen Sicherheitslage“, die Donnerstagmorgen um 9 Uhr erwartet wird. Während der anschließenden Aussprache – erst recht aber beim dann folgenden Tagesordnungspunkt – wird sicherlich auch der tödliche Messerangriff von Mannheim thematisiert werden: Zur Abstimmung steht ein Antrag der Unionsfraktion.
Debatte zur aktuellen Europapolitik im Lichte der Europawahl am 9. Juni
Im Verlaufe des Donnerstags geht es auch um die Berufliche Bildung, das Medizinforschungsgesetz und die Cannabis-Grenzwerterhöhung im Straßenverkehr. In der Kernzeit werden auch zwei von der AfD-Fraktion angekündigte Anträge mit den Titeln „11 Punkte für unsere Heimat – Kommunen stärken“ und „Kommunale Selbstverwaltung stärken – Fremdbestimmung durch Migrations- und Klimaschutzpolitik der Bundesregierung beenden und Förderstruktur reformieren“ beraten und an die Ausschüsse überwiesen.
Die ursprünglich für den Donnerstag geplante vereinbarte Debatte zur aktuellen Europapolitik findet nun am Freitagmorgen – und damit zwei Tage vor der Europawahl am 9. Juni - statt. Beraten wird am Freitag auch ein Gesetzentwurf der Union „zur Stärkung der Handels - und Außenwirtschaftsbeziehungen der Europäischen Union“. Abgestimmt wird zudem der Gesetzentwurf der Koalition „zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen“ sowie ein Antrag der Union mit dem Ziel der Bekämpfung von Kinderehen. Die Tagesordnung umfasst derzeit 27 Punkte.
Regierungserklärung am Donnerstagmorgen zur "aktuellen Sicherheitslage"
Wenn der Bundestag über die „aktuelle Sicherheitslage“ debattiert, ist damit ein weites Feld abgesteckt. In seiner 20-minütigen Regierungserklärung wird Bundeskanzler Olaf Scholz sicherlich erläutern, wieso er nun doch die Erlaubnis gegeben hat, dass die Ukraine mit von Deutschland gelieferten Waffen militärische Ziele auf russischem Staatsgebiet angreifen kann. Lange hatten die SPD und insbesondere der Bundeskanzler dem skeptisch gegenübergestanden. Nachdem allerdings US-Präsident Joe Biden den Ukrainern eine entsprechende Erlaubnis gegeben hatte, zog Scholz nach.
Ob der Kanzler in seiner Regierungserklärung das Thema aufgreift oder nicht: die tödliche Messerattacke eines abgelehnten Asylbewerbers aus Afghanistan auf einen Polizisten in Mannheim dürfte ebenfalls im Parlament thematisiert werden. Schließlich haben Vertreter aller Fraktionen dies als eine Gefahr für die Sicherheit Deutschlands benannt.
Unions-Initiativen zur Bekämpfung des "politischen Islams"
Klar ist, dass dieses Thema bei der anschließenden Debatte zum Unionsantrag „Den politischen Islam als Gefahr für unsere freiheitliche Demokratie jetzt wirksam bekämpfen“ im Mittelpunkt stehen wird. Bei der ersten Beratung des Antrags in der vergangenen Sitzungswoche ging es zu allererst um die öffentlichen Aufrufe zur Errichtung eines Kalifats in Deutschland, die von allen Fraktionen verurteilt wurden.
Die konkreten Forderungen der Union gehen aber der Ampel zu weit. CDU und CSU wollen, dass im Falle der öffentlichen Forderung nach einem islamistischen Gottesstaat eine zwingende Regelausweisung eingeführt wird, die Erteilung eines Aufenthaltstitels zu versagen ist und Leistungsansprüche im Asylbewerberleistungsgesetz und im Sozialrecht erlöschen. Wer eine weitere Staatsangehörigkeit besitzt, soll in dem Fall die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.
Erste Beratung über Verlängerung von drei Bundeswehreinsätzen
Gleich drei Mandatsverlängerungen berät der Bundestag in dieser Woche. So soll sich die Bundeswehr nach den Vorstellungen der Bundesregierung auch weiterhin an der durch die Europäische Union geführten Operation Eufor Althea in Bosnien und Herzegowina beteiligen, bei der die Unterstützung und Koordination der Ausbildung der bosnischen Streitkräfte im Mittelpunkt steht. Auch bei der Nato-geführten internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo (KFOR) soll die Bundeswehr weiterhin dabei sein. Die dazu von der Bundesregierung vorgelegten Anträge werden am Mittwoch beraten und dann dem Auswärtigen Ausschuss überwiesen. Genauso wird am Freitag mit dem Antrag verfahren, in dem sich die Regierung für die Fortsetzung der Beteiligung bewaffneter deutscher Streitkräfte an der „United Nations Interim Force in Lebanon“ (UNIFIL) ausspricht.
Erreichen der Klimaziele: Tempo beim Bürokratieabbau im Immissionsschutz
Genehmigungsverfahren dauern zu lange in Deutschland. Das wird seit langem beklagt. Gerade im Verkehrsinfrastrukturbereich hat der Bundestag in der näheren Vergangenheit mehrere Neuregelungen initiiert, deren Wirksamkeit noch nicht recht zu bewerten ist. Geplant ist nun, Beschleunigungspotenziale mit Blickrichtung Klimaschutz zu heben. Ein am Donnerstag zur Abstimmung stehender Gesetzentwurf „zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ soll unter anderem Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutzrecht vereinfachen, damit zum Beispiel Windkraftanlagen schneller gebaut werden können.
Des Weiteren ist geplant, die Genehmigungsverfahren für Anlagen wie etwa Windenergieanlagen an Land und Elektrolyseuren für grünen Wasserstoff zu beschleunigen. So soll künftig unter anderem eine Verlängerung der Genehmigungsfristen durch die Behörde nicht mehr unbeschränkt möglich sein. Außerdem soll Anlagenbetreibern das Nachreichen von Unterlagen im Genehmigungsverfahren erleichtert werden. Ebenfalls vereinfacht werden sollen Genehmigungsverfahren für das sogenannte Repowering, das Ersetzen älterer Anlagen durch moderne.
Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr: Entscheidung am Donnerstagabend
Am Donnerstagabend entscheidet der Bundestag über die geplante Cannabis-Grenzwerterhöhung im Straßenverkehr. Wer künftig am Steuer sitzt, obwohl er 3,5 ng/ml oder mehr Tetrahydrocannabinol (THC) im Blutserum hat, macht sich strafbar. Das sieht der Gesetzentwurf der Ampelkoalitionen „zur Änderung des Straßenverkehrsgesetzes“ vor. Durch eine Änderung der Bußgeldkatalog-Verordnung soll bei einem ermittelten THC-Wert von über 3,5 ng/ml ein Bußgeld von 500 Euro verbunden mit einem einmonatigen Fahrverbot verhängt werden können.
Derzeit liegt der Grenzwert bei 1,0 ng/ml, was im Grunde einen Null-Wert darstellt, den Gewohnheitskonsumenten permanent überschreiten, auch wenn ihr letzter Konsum schon länger zurückliegt. Um ihnen nicht die Teilnahme am Straßenverkehr zu verweigern, plädieren SPD, Grüne und FDP für die Anhebung, die auch bei einer Expertenanhörung des Verkehrsausschusses am Montag überwiegend befürwortet wurde.
Weniger Zustimmung gab es bei der Expertenanhörung des Gesundheitsausschusses zur Nachjustierung des Konsumcannabisgesetzes, über das der Bundestag am Donnerstag ebenfalls abstimmt. Fachverbände sehen in der geplanten Änderung einige kontraproduktive Regelungen. Kritisiert werden vor allem die Anforderungen an die Anbauvereinigungen mit dem Ziel, eine Kommerzialisierung zu vermeiden.
Abstimmung über Neuregelung bei Auslandsehen mit Minderjährigen
Weil das Bundesverfassungsgericht die Regelung des Gesetzes zur Bekämpfung von Kinderehen aus dem Jahr 2017 für mit dem Grundgesetz unvereinbar verworfen hat, besteht Handlungsbedarf. Bis zum 30. Juni 2024 braucht es eine Neuregelung, hatte das Gericht im vergangenen Jahr gefordert. Dem sind die Koalitionsfraktionen nachgekommen und haben ihren Gesetzentwurf „zum Schutz Minderjähriger bei Auslandsehen“ vorgelegt, über den der Bundestag am Freitag abschließend berät. Nach wie vor soll danach eine Ehe unter Beteiligung einer Person, die bei der Eheschließung das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, nach deutschem Recht unwirksam sein.
Neu enthalten sind unter anderem Unterhaltsansprüche zum Schutz der minderjährigen Person und die Möglichkeit einer erneuten Eheschließung, „ohne ein Ehefähigkeitszeugnis beibringen zu müssen“, wie es im Gesetzentwurf heißt. Abgestimmt wird nach der Debatte auch über einen Antrag der Union, der von der Bundesregierung eine gesetzliche Regelung vor dem Stichtag fordert. Ob CDU und CSU mit dem Koalitionsentwurf einverstanden sind, wird sich am Mittwoch im Rechtsausschuss und in der Debatte zeigen.
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