Fraktionen : Im Maschinenraum des Parlaments
Mit der Bundestagswahl werden auch die Fraktionsfinanzen wieder kräftig durchgeschüttelt. Wie hoch die staatlichen Mittel ausfallen, wird jedes Jahr neu festgelegt.
Wenn sich nach einer Bundestagswahl die politischen Kräfteverhältnisse verschieben, hat das im Parlament auch konkrete finanzielle Auswirkungen. Die Fraktionen bekommen nämlich für ihre Aufgaben jedes Jahr staatliche Unterstützung in Millionenhöhe. Wer infolge einer Wahl weniger Abgeordnete in das Parlament entsendet, bekommt auch weniger Zuschüsse für die Parlamentsarbeit, Gewinner bekommen hingegen mehr Geld.
Finanzierung der Fraktionen ist im Abgeordnetengesetz geregelt
Voraussetzung für die Bildung einer Fraktion ist laut Geschäftsordnung des Bundestages ein Anteil von mindestens fünf Prozent der Abgeordneten. Bei der Bundestagswahl in diesem Jahr hat die Linke die notwendige Fraktionsstärke von 37 Abgeordneten mit 39 Parlamentariern knapp erreicht.
Geregelt ist die Finanzierung der Fraktionen im Abgeordnetengesetz (AbgG), wo es in Paragraf 50 heißt: "Die Fraktionen haben zur Erfüllung ihrer Aufgaben Anspruch auf Geld- und Sachleistungen aus dem Bundeshaushalt." Untergliedert ist die staatliche Zuwendung in einen Grundbetrag für jede Fraktion, einen Betrag für jedes Mitglied der Fraktion und in einen Oppositionszuschlag.
Staatliche Mittel für Fraktionen werden jährlich angepasst
Wie hoch genau die staatlichen Mittel ausfallen, wird jedes Jahr neu festgelegt. Dazu unterbreitet der Parlamentspräsident im Benehmen mit dem Ältestenrat dem Parlament jeweils bis Ende September einen Vorschlag zur Anpassung. Die Finanzierung der Fraktionen soll eine sachgemäße, effektive Arbeit ermöglichen.
Die Höhe der Geldleistungen wird nach dem jeweiligen Aufwand in einem Aufgabenbereich beurteilt. Dazu werden die geprüften Rechnungen der Fraktionen herangezogen. Bei der Festsetzung der Mittel werden auch die aktuellen Entwicklungen der Verbraucherpreise sowie die Löhne und Gehälter berücksichtigt.
Die Geldleistungen für die Fraktionen wurden für 2020 auf rund 119,4 Millionen Euro festgesetzt. Aus dem Vorschlag des Präsidenten für das Jahr 2021 ergeben sich ein monatlicher Grundbetrag in Höhe von 458.360 Euro pro Fraktion sowie ein monatlicher Betrag für jedes Fraktionsmitglied in Höhe von 9.568 Euro. Die Oppositionsfraktionen erhalten einen Zuschlag von 15 Prozent auf den Grundbetrag und von zehn Prozent auf den Betrag für jedes Mitglied.
Das weitaus meiste Geld investieren Fraktionen in ihr Personal. Wie aus den geprüften Rechnungen für das Jahr 2020 hervorgeht, erhielt die bisher größte Fraktion, die von CDU und CSU, staatliche Mittel in Höhe von rund 33,3 Millionen Euro. Davon gab die Fraktion allein rund 29,6 Millionen Euro für Mitarbeiter aus. Hinzu kamen Ausgaben etwa für Veranstaltungen, Kosten für Sachverständige oder Gerichtskosten sowie für die Öffentlichkeitsarbeit. Ähnlich sah es bei der SPD-Fraktion aus, die rund 22,7 Millionen Euro Staatsgeld erhielt und davon allein rund 18,6 Millionen Euro für Personal ausgab.
Gewinner und Verlier der staatlichen Zuwendungen
Nach der Bundestagswahl müssen sich die Fraktionen finanziell neu aufstellen. So kann die SPD-Fraktion mit ihren 53 hinzugewonnenen Mitgliedern mit höheren Zuwendungen kalkulieren, das gleiche gilt für die Grünen und die FDP. Hingegen müssen sich die Union mit 50 Abgeordneten weniger sowie Linke und AfD mit geringeren Mitteln begnügen.
Die an die Fraktionen des Bundestages ausgereichten Staatsgelder haben sich seit 2005 glatt verdoppelt. Damals lagen die Geldleistungen noch bei rund 61,2 Millionen Euro. Nach einem moderaten Anstieg der Beträge in den Folgejahren gab es nach der Wahl 2013 einen Rückgang durch das Ausscheiden der FDP-Fraktion sowie nach der Wahl 2017 einen deutlichen Anstieg durch die neue AfD-Fraktion und die hohe Zahl an Abgeordneten.
Bundesrechnungshof beklagt unklare Abgrenzung von Partei und Fraktion
Wofür die Fraktionen ihr Geld ausgeben, entscheiden sie in eigener Verantwortung. Verboten ist eine Verwendung der Gelder für Parteiaufgaben. Gerade der Punkt sorgt immer wieder für Diskussionen. Die Grenze zwischen Fraktion und Partei sei schwer zu ziehen, beklagte der Bundesrechnungshof unlängst wieder, zumal die Grenze von jeder Fraktion selbst gesetzt werde. Das sei "insbesondere dort kritisch, wo es um die Kommunikation mit den Bürgerinnen und Bürgern geht, die zugleich Wählerinnen und Wähler sind". Die dynamische Entwicklung neuer Formate der sozialen Medien verstärke das Problem.
Zudem gebe es keine gesetzliche Grundlage, um zweckwidrig verwendete Mittel zurückzufordern, beklagte der Rechnungshof und warnte: "Ohne Kontrolle und Sanktionen steht die Legitimation für das System der Fraktionsfinanzierung infrage."