Editorial : Das Kind im Brunnen
Neben Geld benötigt die Politik eine Menge guter Ideen, um Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe im Kampf gegen Naturkatastrophen entscheidend weiterzuentwickeln.
Warnungen gab es reichlich: 1997 an der Oder und 2002 an der Elbe. 2010 bereits schon wieder an der Oder. Und 2013 eigentlich an jedem Fluss in Ost- und Süddeutschland sowie Deutschlands Nachbarländern. Im vergangenen Jahr wütete schließlich im rheinland-pfälzischen Ahrtal und in Nordrhein-Westfalen nach sintflutartigen Regenfällen mit mehr als 180 Toten die verheerendste Naturkatastrophe in Deutschland seit der Hamburger Sturmflut von 1962. Von den Sachschäden in Milliardenhöhe ganz zu schweigen. Ganze Existenzen gingen im wahrsten Wortsinne den Bach herunter. Von Jahrhunderthochwassern war in all diesen Fällen zu hören und zu lesen.
Am zweiten Weihnachtsfeiertag 1999 wütete Orkantief "Lothar" über Mitteleuropa. Ein wahrer Jahrhundertsturm. Doch bereits 2007 folgten "Kyrill" und 2009 "Klaus". In diesem Jahr brannten die Wälder und Forste in Brandenburg und Sachsen. In Thüringen verdorrte die Ernte auf den Äckern, die Pegelstände am Rhein fielen auf historische Tiefstände. Ein Jahrhundertsommer? Eigentlich kaum möglich, waren die doch bereits in den Jahren 2003 und 2018 vermeldet worden.
Für Extremwetterlagen wappnen
Würden solche Begriffe ihrem Namen gerecht, so müsste Mitteleuropa für die kommenden Jahrhunderte von all den Jahrhunderthochwassern, Jahrhundertstürmen oder Jahrhundertsommern verschont bleiben. Doch das Gegenteil ist zu befürchten. Bis auf wenige Realitätsverweigerer bestreitet niemand mehr, dass der Klimawandel in Europa angekommen ist und dass auch in den kommenden Jahren Extremwetterlagen mit all ihren katastrophalen Auswirkungen drohen. Selbst wenn die Weltgemeinschaft all ihre Streitigkeiten dem Klimaschutz unterordnen würden, ließe sich dies nicht verhindern. Das Kind liegt im Brunnen.
Der Bevölkerungs- und Katastrophenschutz wird in den kommenden Jahren ein Riesenthema. Jetzt eingeleitete Maßnahmen sind erst der Anfang.
Sollte der Pflichtdienst in Deutschland zurückkommen? Anja Maier und Julia Haak beleuchten das Für und Wider und fragen: Pflichtjahr für wen eigentlich?
Ohne Freiwillige ginge beim Technischen Hilfswerk nichts. Nur zwei Prozent der Mitarbeiter sind hauptamtlich im Dienst, 98 Prozent arbeiten ehrenamtlich.
Um zumindest die schlimmsten Auswirkungen von weiteren Naturkatastrophen zu lindern, wird die Politik viel Geld und eine Menge guter Ideen benötigen, um den Bevölkerungsschutz und die Katastrophenhilfe massiv weiterzuentwickeln. Dies haben nicht zuletzt auch jene Männer und Frauen in den Rettungsdiensten, Feuerwehren, im Technischen Hilfswerk, in Polizei und Bundeswehr verdient, die im Katastrophenfall so manches Kind aus dem Brunnen retten. Und dies mehrheitlich ehrenamtlich oder als Freiwillige.