Friedliche Revolution in der DDR : Die Mauer fiel von Osten
35 Jahre nach dem Umbruch in der DDR erinnert der Bundestag an den zentralen Beitrag der ostdeutschen Oppositionellen von 1989 zu Freiheit und Einheit.
Mehr als 28 Jahre lang trennte die Berliner Mauer den Westen der Stadt hermetisch von ihrem Ostteil und Umland ab; an diesem Samstag jährt sich ihr Fall zum 35. Mal. Am Freitag gedachte der Bundestag des Mauerfalls vom 9. November 1989. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) verwies zu Beginn der Sitzung darauf, dass die Mauer nicht in sich zusammengefallen, sondern zu Einsturz gebracht worden sei, von "mutigen Ostdeutschen, die im Herbst 1989 Woche für Woche auf die Straßen gingen" und unter großem persönlichem Einsatz für Bürgerrechte, Freiheit und Demokratie demonstrierten.
"Ohne den Mauerfall wäre die Wiedervereinigung nicht möglich gewesen", fügte die Bundestagspräsidentin hinzu. Zugleich würdigte sie die Leistung der am 18. März 1990 frei gewählten Volkskammer der DDR, die in nur 180 Tagen den Weg zu Demokratie und Rechtsstaat geebnet und den Beitritt zur Bundesrepublik beschlossen habe. Für Deutschland sei die Wiedervereinigung ein Glücksfall gewesen, "auch wenn Deutsche in Ost und West ihre Folgen ganz unterschiedlich erlebten". Während für die meisten Westdeutschen der Alltag weitergegangen sei, sei der Umbruch für viele Ostdeutsche mit großen Härten verbunden gewesen: "Sie mussten sich ein neues Leben aufbauen. Das ist eine beeindruckende Leistung, die große Anerkennung verdient", betonte Bas.
Mehrheit für gemeinsamen Antrag der bisherigen Koalitionsfraktionen
Im Anschluss debattierte das Parlament über je einen Antrag der bisherigen Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP und der CDU/CSU zum 35. Jahrestag des Mauerfalls sowie über zwei AfD-Anträge zur “Erinnerung an die kommunistische Gewaltherrschaft in Deutschland” und zu "staatlich organisiertem Kindesraub" in der sowjetischen Besatzungszone und der DDR. Während die beiden AfD-Vorlagen an die Ausschüsse überwiesen wurden und der Unions-Antrag im Plenum keine Mehrheit fand, verabschiedete das Parlament den Drei-Fraktionen-Antrag zum "Epochenwechsel in Europa 1989/1990" mit der Mehrheit von SPD, Grünen und FDP gegen die Stimmen der CDU/CSU- und der AfD-Fraktion sowie der Gruppen Die Linke und BSW.
Danach soll der zentrale Anteil der ostdeutschen Bevölkerung am Fall der Mauer und der darauf folgenden Herstellung der Deutschen Einheit verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerufen werden. Es sei "von zentraler Bedeutung, dass die Menschen selbst in der DDR in der Friedlichen Revolution die Diktatur überwunden und sich eigenständig demokratisiert haben", heißt es in dem Beschluss. Man habe jedoch "im geeinten Deutschland noch keine gemeinsame Erzählung zu diesen für unser Land so wichtigen Ereignissen und Geschehnissen gefunden". Es bleibe aber festzuhalten, dass die damaligen DDR-Bürger im Prozess der Friedlichen Revolution und Deutschen Einheit "selbst Subjekt und Handelnde" gewesen seien.
Ein Trabbi wird in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1989 in Berlin an einem Grenzübergang begrüßt.
In der Debatte hob Katrin Budde (SPD) hervor, dass der Weg zur Einheit über die "Selbstdemokratisierung der Ostdeutschen" geführt habe. Sie verwahrte sich zugleich dagegen, dass die Hoffnungen und Arbeit der Demonstranten von 1989 heute von "rechtsnationalen Kräften" missbraucht würden.
Christiane Schenderlein (CDU) wandte sich gegen Vergleiche zwischen der Freiheitsbewegung von 1989/90 und "heutigen Protestbewegungen in unserem Land". Nicht umsonst wehrten sich DDR-Bürgerrechtler gegen eine Gleichsetzung der Friedlichen Revolution mit rechten Protestbewegungen.
FDP warnt vor Verharmlosung von Diktaturen durch “geschichtsvergessene Vergleiche”
Katrin Göring-Eckardt (Bündnis 90/Die Grünen) wies Versuche zurück, "die DDR-Diktatur im Rückblick in ein Erinnerungs-Bullerbü zu verwandeln". Wer etwa behaupte, die DDR sei "friedlicher" gewesen, verrate das Erbe der Friedlichen Revolution, betonte sie.
Linda Teuteberg (FDP) mahnte, nicht "geschichtsvergessene Vergleiche" zu ziehen. So würden echte Diktaturen mit Begriffen wie etwa "Corona-Diktatur" verharmlost. Götz Frömming (AfD) kritisierte demgegenüber, wenn heute gegenüber seiner Partei eine "Brandmauer" gezogen werde, sei dies respektlos gegenüber ihren ostdeutschen Wählern. Auch diese Mauer müsse fallen, fügte er hinzu.
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