Bundesrat : Die zweite Instanz des Gesetzgebers
Kein im Bundestag beschlossenes Gesetz tritt in Kraft, ohne dass der Bundesrat damit befasst war - doch ausdrücklich zustimmen muss er nicht immer.
"Durch den Bundesrat wirken die Länder bei der Gesetzgebung und der Verwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der Europäischen Union mit", heißt es im Grundgesetz-Artikel 50. Zwar werden die Bundesgesetze von Bundestag beschlossen, doch muss jeder Gesetzesbeschluss des Bundestages auch durch den Bundesrat - allein in dieser Legislaturperiode waren es bislang 275.
Einspruch oder Zustimmung - es gibt zwei Arten von Gesetzen
Davon bedurften - neben zwei Grundgesetzänderungen - indes nur 94 der expliziten Zustimmung des Bundesrates; bei den anderen hätte er lediglich den Vermittlungsausschuss anrufen und nach dem Vermittlungsverfahren gegebenenfalls Einspruch gegen das Gesetz einlegen können. Den aber kann der Bundestag mit der sogenannten Kanzlermehrheit zurückweisen (beziehungsweise mit Zweidrittelmehrheit, sofern der Bundesrat seinen Einspruch seinerseits mit Zweidrittelmehrheit beschließt). In der laufenden Wahlperiode des Bundestages hat die Länderkammer in sechs Fällen den Vermittlungsausschuss angerufen; Einspruch gegen ein Gesetz eingelegt hatte sie dagegen zuletzt in der Legislaturperiode von 2009 bis 2013.
Der Bundesrat, hier der Blick in den Plenarsaal, ist die Vertretung der 16 Bundesländer und tagt etwa elf Mal pro Jahr in Berlin.
Unterschieden wird daher zwischen "Einspruchsgesetzen" und "Zustimmungsgesetzen". Letztere bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung des Bundesrates, um zustande zu kommen. Verweigert er diese, können auch Bundestag und Bundesregierung den Vermittlungsausschuss anrufen, doch auch das Vermittlungsergebnis bedarf der Zustimmung des Bundesrates; bei dessen endgültigem Nein ist das Gesetzgebungsvorhaben gescheitert.
Dazu ist es in der aktuellen Legislaturperiode bislang nicht gekommen, auch eine "Versagung der Zustimmung nach Vermittlungsverfahren" gab es zuletzt in der Wahlperiode von 2009 bis 2013. Zum Vergleich: In der Wahlperiode von 2002 bis 2005 legte der Bundesrat in 22 Fällen Einspruch ein, den der Bundestag jedes Mal zurückwies, und verweigerte 21 Gesetzesbeschlüssen des Bundestages die Zustimmung; fünf Gesetze wurden damals nicht verkündet.
Eingriffen in ihre Finanzen oder Verwaltung müssen die Länder ausdrücklich zustimmen
Zustimmungsbedürftig sind neben Verfassungsänderungen im Wesentlichen Gesetze, die sich entweder auf die Länderfinanzen auswirken oder in deren Verwaltungs- und Organisationshoheit eingreifen. Über den Zeitraum von 1949 bis zum Beginn der laufenden Wahlperioden des Bundestages machten die Einspruchsgesetze insgesamt 51 Prozent und die Zustimmungsgesetze 49 Prozent aus - der Anteil letzterer hatte mit den Jahren immer mehr zugenommen, bis die Föderalismusreform I im Jahr 2006 die Kompetenzverteilung neu ordnete. Seitdem lag der Anteil der Einspruchsgesetze bis zum Beginn der jetzigen Legislaturperiode bei 62 Prozent und der der Zustimmungsgesetze bei 38 Prozent.
Wenn die Länderkammer die Initiative für Gesetze übernimmt
Die Bundesregierung muss auch ihre eigenen Gesetzentwürfe, die bei weitem das Gros ausmachen, zunächst dem Bundesrat zur Stellungnahme zuleiten, bevor sie sie in den Bundestag einbringt. An der Gesetzgebung des Bundes mitwirken kann der Bundesrat zudem durch eigene Gesetzesinitiativen, die die Bundesregierung dann dem Bundestag zur Beratung zuzuleiten hat.
Rund 1.200 Gesetzentwürfe des Bundesrates haben in den vergangenen 75 Jahren den Bundestag erreicht, aber nur rund 300 davon traten auch in Kraft. Insgesamt beriet der Bundesrat in den 75 Jahren seit Bestehen der Bundesrepublik über gut 9.000 vom Bundestag beschlossene Gesetze. Davon wurden letztendlich rund 8.800 Gesetze tatsächlich verkündet.
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