Datenschutz : Kontroverse um Kelber-Bericht
Mit ihrer Kritik am Bundesbeauftragten Ulrich Kelber steht die Union im Bundestag allein.
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Ulrich Kelber, stößt mit seinem Tätigkeitsbericht für das Jahr 2022 bei den Bundestagsfraktionen auf ein unterschiedliches Echo. Während aus der CDU/CSU in der Debatte über den als Unterrichtung vorliegenden Bericht deutliche Kritik an Kelber laut wurde, kamen von den anderen Fraktionen vergangene Woche positive Reaktionen auf die Vorlage.
Kelber empfiehlt, ein Beschäftigtendatenschutzgesetz zu erlassen
In seinem Bericht empfiehlt Kelber der Bundesregierung, ein Beschäftigtendatenschutzgesetz zu erlassen, in dem etwa der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) im Beschäftigungskontext klar geregelt wird.
Zugleich wendet er sich in der Vorlage gegen den Betrieb von Facebook-Fanpages durch Bundesbehörden, da bei dem Besuch solcher Fanpages umfassend personenbezogene Daten über das Surfverhalten der Nutzer gesammelt würden, um diese Informationen über Werbung zu monetarisieren. A
uch legt der BfDI der Bundesregierung unter anderem nahe, auf eine erhebliche Überarbeitung des Verordnungsentwurfs der EU-Kommission zur Chatkontrolle zu drängen, und macht sich "angesichts des festgestellten geringen Nutzwertes von Antiterrordatei und Rechtsextremismusdatei" weiterhin für deren Abschaffung stark.
Union kritisiert Innovationsfeindlichkeit
Marc Henrichmann (CDU) monierte eine innovationsfeindliche Umsetzung des Datenschutzes. Das Datenschutzverständnis von Kelber und teilweise auch der Koalition gefährde den Wohlstand und die wirtschaftliche Prosperität im Lande. Während die Koalition über den Umgang mit Hinweisen auf Kindesmissbrauch im Netz streite, lege Kelber mit der Streichung der Antiterror- und Rechtsextremismusdatei Vorschläge vor, die die Sicherheitsbehörden nicht stärkten.
Carmen Wegge (SPD) betonte dagegen, dass Datenschutz "kein verzichtbarer Schnickschnack" sei, sondern ein essentielles Grundrecht. Datenschutz sei "auch nichts, das etwas verhindert, sondern ein wichtiges Instrument, um Rechte zu schützen".
Kelbers Bericht sei ein "Pflichtenheft" für den Gesetzgeber, das der Bundestag abarbeiten sollte, da Datenschutz das notwendige Vertrauen der Bürger in digitale Anwendungen schaffe.
Grüne: Datenschützer sind keine Blockierer
Misbah Khan (Grüne) sagte, den "alles blockierenden Datenschützer" gebe es nicht. Wann immer von einem "vermurksten Digitalprojekt" die Rede sei, werde die Schuld den Datenschützern in die Schuhe geschoben.
Datenschützer seien aber keine Blockierer, sondern ermöglichten vielmehr eine vertrauensvolle und gelungene Digitalisierung und trügen viel zur erfolgreichen Umsetzung von IT-Projekten bei. Kelbers Bericht zeige die enorme Bedeutung seiner Arbeit und bestehende Missstände, die man als Gesetzgeber dringend angehen müsse und werde.
Datenschutz als Fundament der Demokratie
Manuel Höferlin (FDP) sah Datenschutz und Informationsfreiheit als Teil des "Fundaments einer wehrhaften Demokratie gerade in Zeiten der Digitalisierung". Entsprechend wichtig seien Kelbers Arbeit und sein Bericht. Die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit auch im Digitalen zu bewahren, sei in der zurückliegenden Regierungszeit der Union mit deren "Liebe zu vielfältigen Überwachungsmaßnahmen" nicht einfacher geworden. Dabei habe die Union 16 Jahre lang kein geeignetes Instrument zur Bekämpfung der Darstellung von Kindesmissbrauch gefunden.
Steffen Janich (AfD) bescheinigte Kelber, dass dieser seinen gesetzlichen Auftrag, über die Wahrung der datenschutz- und informationsrechtlichen Bestimmungen durch alle Bundesbehörden zu wachen, "durchaus ernst nimmt". Kelbers Bericht sei "in allen Bereichen vielsagend und stellt das Handeln der Bundesregierung in Frage". Auch kritisiere er mit Blick auf die Gesetzgebung durch die Europäische Union zum wiederholten Mal, "dass der Datenschutz zu oft zu spät mitbedacht wird".
Linke: Kontrolle mehr als notwendig
Martina Renner (Linke) wandte sich gegen Kritik, dass Datenschutz und Informationsfreiheit "hinderlich, störend und teuer" seien. Sie seien vielmehr wichtig und ihre unabhängige und effiziente Kontrolle "mehr als notwendig". Kelber verdiene daher Anerkennung für seine Beharrlichkeit und den Einsatz zum Schutz vor Grundrechten. Dabei stelle sein aktueller Bericht der Bundesregierung "kein brillantes Zeugnis aus". So habe die Regierungskoalition versprochen, "mit intransparenter und überbordender Datenverarbeitung in den Behörden aufzuräumen". Passiert sei bisher jedoch nichts.