Reform der Nachrichtendienste : Mehr Eigenschutz für die Dienste
Gegen die Stimmen der Opposition setzt die Koalition im Bundestag den "ersten Teil" der Nachrichtendienstrechtreform durch - und setzt Vorgaben aus Karlsruhe um.
Die Eigensicherung der drei Nachrichtendienste des Bundes soll nach dem Willen der Regierungskoalition gestärkt und das Nachrichtendienstrecht "auf der Grundlage jüngerer Verfassungsrechtsprechung" umfassend reformiert werden. Gegen die Stimmen der drei Oppositionsfraktionen verabschiedete der Bundestag dazu am Donnerstag den Gesetzentwurf der Bundesregierung "zum ersten Teil der Reform des Nachrichtendienstrechts" in modifizierter Fassung. In namentlicher Abstimmung votierten 378 Koalitionsabgeordnete von SPD, Grünen und FDP sowie ein Mitglied der CDU/CSU für die Vorlage bei 261 Nein-Stimmen und einer Enthaltung aus der Opposition.
Gestärkte Eigensicherung für das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln-Chorweiler: Dies soll speziell gegenüber Ausforschungsoperationen anderer Nachrichtendienste gestärkt werden.
Zweiter Teil der Reform steht in 2024 an
Damit sollen die Regelungen zur Übermittlung nachrichtendienstlich gewonnener Informationen an Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden. Da diese Regelungen nur noch bis Ende dieses Jahres anwendbar sind, sei diese Anpassung besonders dringlich, heißt es in der Regierungsvorlage. Angesichts jüngerer Innentäterfälle bei den deutschen Nachrichtendiensten gelte dies gleichermaßen für eine wirksame Eigensicherung, die ebenso einbezogen sei. In einem zweiten Teil der Reform solle dann im kommenden Jahr "das Nachrichtendienstrecht insgesamt zukunftsfest ausgestaltet werden".
Wie die Bundesregierung in der Begründung ausführt, setzt der Gesetzentwurf die Vorgaben um, die das Bundesverfassungsgericht zu den Übermittlungsbefugnissen des Bundesverfassungsschutzgesetzes in seinem Beschluss vom 28. September 2022 getroffen hat. "Vor dem Hintergrund der mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verschärften internationalen Lage ist im Übrigen besonders vordringlich, die Eigensicherung des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) speziell gegenüber Ausforschungsoperationen anderer Nachrichtendienste zu stärken, insbesondere gegenüber Innentätern", heißt es in der Begründung weiter.
Innenausschuss nahm noch einige Änderungen vor
Der Innenausschuss hatte in seinen Beratungen einen Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen angenommen, der unter anderem mehrere Paragraphen des Regierungsentwurfs etwa zur "Übermittlung an inländische öffentliche Stellen zur Gefahrenabwehr" oder zur "Übermittlung an Strafverfolgungsbehörden zur Strafverfolgung" durch "normenklarere Übermittlungsregelungen" ersetzt. Auch wurde der Minderjährigenschutz dem Änderungsantrag zufolge mit einer neuen Fassung der entsprechenden Regelung gestärkt.
Geändert hat der Bundestag auch das Gesetz über den Bundesnachrichtendienst (BND). Den dazu von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzentwurf verabschiedete das Parlament mit Koalitionsmehrheit ebenfalls in einer vom Ausschuss geänderten Fassung. Damit sollen auch die Übermittlungsvorschriften des BND-Gesetzes sowie des Artikel-10-Gesetzes an die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst werden.
Zusätzliche Vorschriften zum Schutz von Verschlusssachen
In ihrem Gesetzentwurf verweist die Bundesregierung darauf, dass nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Handlungsbedarf auch für den BND bestehe. Mit der Neuregelung sollen sämtliche Übermittlungsvorschriften im BND-Gesetz vom Bundesverfassungsschutzgesetz entkoppelt und "unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts grundlegend normenklar und transparent gefasst" werden. Als Maßnahme der Eigensicherung sollen zudem zusätzliche Vorschriften zum Schutz von Verschlusssachen durch Kontrollen präzise für den BND gesetzlich geregelt werden.
Die im Innenausschuss beschlossenen Änderungen zielen laut dessen Beschlussempfehlung auf eine Erhöhung der Transparenz des Gesetzes sowie auf eine Anpassung der Regelung zur Übermittlung an inländische Strafverfolgungsbehörden und der Regelung zur Berichtspflicht des Bundesnachrichtendienstes. Festgelegt wurden unter anderem die Voraussetzungen, unter denen an inländische Stellen Daten von Personen übermittelt werden dürfen, die mindestens 14 Jahre, aber noch nicht 18 Jahre alt sind.